Über die Sprache der Liebe denkt Papst Johannes Paul II. in der Katechese vom 30. Juni 1980 nach (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 80/32–33), immer noch dem nachspürend, was für das Begehren des Menschen, insbesondere des Mannes nach der Frau, charakteristisch ist. Er kehrt zu Reflexionen über die Hingabe zurück.

Wenn das „Verhältnis gegenseitiger Aneignung“ sichtbar wird, so ist dies dem Einfluss der Ursünde zuzuschreiben: „Wenn der Mann die Frau nur noch als Gegenstand der Aneignung betrachtet und nicht als Geschenk, verurteilt er sich gleichzeitig dazu, selber nur noch Gegenstand der Aneignung und nicht mehr Geschenk an die Frau zu sein.“ Bei der Aneignung verschwinde die „Struktur der Gemeinschaft unter Personen“, und das „innere Maß des Herzens“ werde wechselseitig verfehlt.

Der Papst legt dar: „Wenn auch die Wahrung des Gleichgewichts in der Hingabe immer beiden anvertraut ist, kommt dennoch dem Mann eine besondere Verantwortung zu, weil es zur Hauptsache von ihm abhängt, dass das Gleichgewicht ungebrochen bleibt oder – wenn es gebrochen wurde – schließlich wiederhergestellt wird. Gewiß, die Rollenverteilung in den biblischen Aussagen, auf die wir uns als Schlüsselstellen berufen, war auch von der Randstellung der Frau in der damaligen Gesellschaft bedingt (wofür das Alte und das Neue Testament genug Beispiele bieten), nichtsdestoweniger schließt sie eine Wahrheit ein, deren Gewicht unabhängig von den spezifischen Bräuchen dieser bestimmten geschichtlichen Situation ist.“

Aus der Begehrlichkeit folge, dass der Leib also ein Bereich der „Aneignung durch eine andere Person“ werde. Damit gehe die „bräutliche Bedeutung des Leibes“ verloren: „Und damit bekommt auch die gegenseitige Zugehörigkeit der Personen, die sich vereinigen, um ‚ein Fleisch‘ zu werden (Gen 2,24), eine andere Bedeutung. Sie sollten dadurch einander zugehören. Die besondere Dimension der personalen Gemeinschaft von Mann und Frau durch die Liebe drückt sich in den Worten ‚mein, meine‘ aus.“

Für Johannes Paul II. kommt durch diese Fürwörter, die zur „Sprache der menschlichen Liebe“ gehören, die „wechselseitige Zugehörigkeit von Mann und Frau“ zum Ausdruck, die aber kein materielles Besitzverhältnis darstellt: „Die wechselseitige Zugehörigkeit von Mann und Frau, vor allem wenn sie sich als Eheleute in der Einheit des Leibes gehören, bildet sich nach dieser personalen Analogie. Die Analogie zeigt bekanntlich gleichzeitig die Ähnlichkeit und das Fehlen der Identität an (also eine wesentliche Ungleichheit). Wir können von wechselseitiger Zugehörigkeit der Personen nur sprechen, wenn wir eine solche Analogie berücksichtigen. In ihrer ursprünglichen Bedeutung setzt die Zugehörigkeit nämlich die Beziehung eines Subjekts zu einem Objekt voraus: ein Besitz-und Eigentumsverhältnis. Es ist kein rein gegenständliches Verhältnis, sondern vor allem ein ‚stoffliches‘: die Zugehörigkeit einer Sache, also eines Objekts zu einer Person.“

In der „ewigen Sprache der Liebe“ drücken die Fürwörter „mein, meine“ vielmehr die „Wechselseitigkeit der Hingabe“ und die „Gleichwertigkeit des Geschenks“ aus: „Und wenn diese durch das Geschenk, die wechselseitige Hingabe von Mann und Frau entsteht, wahrt sie in sich auch die bräutliche Bedeutung des Leibes. Die Worte ‚mein, meine‘ in der Sprache der Liebe scheinen in Wahrheit eine radikale Verneinung der Zugehörigkeit in dem Sinn zu sein, dass ein stoffliches Objekt, eine Sache, einem persönlichen Subjekt gehört. Die Analogie bewahrt ihre Funktion, solange sie ihren Sinn behält. Die dreifache Begehrlichkeit, und vor allem die Begehrlichkeit des Fleisches, nimmt der wechselseitigen Zugehörigkeit von Mann und Frau die Dimension, die der personalen Analogie eigen ist, in der die Begriffe ‚mein, meine‘ ihre wesentliche Bedeutung behalten. Diese wesentliche Bedeutung hat nichts mit dem ‚Gesetz des Eigentums‘, mit dem ‚Besitzobjekt‘ zu tun, auf das die Begehrlichkeit hinzielt.“

Wer sich die Theologie des Leibes vergegenwärtigt, dem wird bewusst, dass Johannes Paul II. hier ausdrücklich von den Dimensionen der liebenden Hingabe spricht, ohne die eine eheliche Zweisamkeit nicht vorstellbar ist. Wer die Hingabe negiert und ein Besitzdenken befördert, der verkennt die biblische Botschaft und denkt nach den Mustern und Gewohnheiten dieser Welt.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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