27. Dezember 2025
In der Generalaudienz vom 30. Juni 1982 (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 82/28) nimmt Johannes Paul II. seine Überlegungen zum Apostel Paulus wieder auf. Wer die Ehe wähle, wähle gut, wer aber die Ehelosigkeit wähle, der handle besser – entstehen nicht bei Aussagen wie diesen Unverständnis und Widerspruch?
Paulus verweist auf das Himmelreich und stellt auch persönliche Überlegungen an, etwa wenn er von den „Drangsalen des Fleisches“ spricht. Johannes Paul II. legt dar: „Sollte das der Ausdruck einer persönlichen Abneigung des Apostels gegen die Ehe sein? In dieser realistischen Bemerkung muss man eine berechtigte Warnung an alle jene sehen, die – wie manchmal junge Menschen – meinen, die Vereinigung und das eheliche Zusammenleben würden ihnen ausschließlich Glück und Freude bringen. Die Erfahrung des Lebens zeigt, dass die Eheleute nicht selten in dem, was sie sich vor allem erwarten, enttäuscht werden.“
Die „Freude der ehelichen Verbindung“ sei auch mit „Drangsalen sittlicher Natur“ verbunden. Die „wahre eheliche Liebe“ sei eine „schwierige Liebe“ – und mit diesen Worten stehe er auf dem „Boden der Wahrheit des Evangeliums“. Paulus betont „schmerzliche Aspekte der Entscheidung zur Ehelosigkeit“ und zeigt damit auch die Größe sowie den „außerordentlichen Charakter einer solchen Entscheidung“. Wer sich heute, umgeben von postmoderner Weltlichkeit, dies deutlich macht, erkennt vielleicht eine gedankliche Nähe. Diese Entscheidung verstört, könnte Ärgernis sein, ein Zeichen des Widerspruchs oder sogar verhöhnt werden. Es ist aber, und das machen die Worte des Apostels deutlich, „die Bedeutung einer reifen Antwort auf eine besondere Gabe des Geistes“.
Johannes Paul II. führt aus: „Während Christus die Größe des Verzichts betont, der von einer solchen Entscheidung nicht zu trennen ist, zeigt Paulus vor allem, wie man das Gottesreich im Leben des Menschen verstehen muss, der im Hinblick darauf auf die Ehe verzichtet hat. Und während der dreiteilige Parallelismus der Aussage Christi seinen Höhepunkt in dem Wort erreicht, das die Größe des freiwillig auf sich genommenen Verzichts ausdrückt (‚und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des Himmelreiches willen‘: Mt 19,12), bestimmt Paulus die Situation mit einem einzigen Wort: ‚der Unverheiratete‘ (agamos); ein wenig später hingegen gibt er den ganzen Inhalt des Ausdrucks Gottesreich in einer glänzenden Synthese wieder. Er sagt nämlich: ‚Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn; er will dem Herrn gefallen‘ (1 Kor 7,32).“
Der ehelose Mensch sorgt sich also zunächst um das Reich Gottes, um die „Sache des Herrn“: „Gegenstand der Sorge des Christen ist die ganze Welt! Aber Paulus bezeichnet mit dem Namen ‚Herr‘ vor allem Jesus Christus (vgl. z. B. Phil 2,11), und darum bedeutet ‚die Sache des Herrn‘ in erster Linie ‚das Reich Christi‘, seinen Leib, der die Kirche ist (vgl. Kol 1,18), und alles, was zu ihrem Wachstum beiträgt. Um all das sorgt sich der Unverheiratete, und deshalb schreibt Paulus, der im wahrsten Sinne des Wortes ‚Apostel Jesu Christi‘ (1 Kor 1,1) und Diener des Evangeliums (vgl. Kol 1,23) ist, an die Korinther: ‚Ich wünschte, alle Menschen wären (unverheiratet) wie ich‘ (1 Kor 7,7).“
Johannes Paul II. sieht hierin vor allem auch den „apostolischen Eifer“, der besonders auf die persönliche Beziehung des Menschen zu Gott ausgerichtet sei, man könnte sagen: die unbedingte Leidenschaft für Gott. Das Charisma des heiligen Paulus wird hier besonders sichtbar, „denn sich sorgen um das, was ‚des Herrn ist‘, um ‚die Dinge des Herrn‘, muss ja ‚dem Herrn gefallen‘“.
Zugleich betont der Papst: „Anderseits kann der, der Gott gefällt, sich nicht abkapseln, sondern er wird sich der Welt, d. h. allem öffnen, was zu Christus zurückgeführt werden soll. Das sind freilich nur zwei Aspekte derselben Wirklichkeit Gottes und seines Reiches. Paulus musste sie jedoch unterscheiden, um mit aller Klarheit das Wesen und die Möglichkeit der Ehelosigkeit ‚um des Himmelreiches willen‘ aufzuzeigen.“
Hierfür tritt der Apostel Paulus kraftvoll ein. Und zugleich mögen wir alle daran erinnert sein, dass „wahre eheliche Liebe“ immer eine „schwierige Liebe“ ist und bleiben wird. Es tut gut, dies aus dem Mund des heiligen Johannes Pauls II. zu hören. Wir wollen das, als seine Hörerschaft heute, nicht vergessen, und für Eheleute und ihre Familien sowie für alle, die zur Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen berufen sind, inständig beten, in den letzten Tagen dieses Jahres und auch im Jahr 2026.
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