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Maria 1.0 zum Synodalen Weg: „In dieser Zeit kann keiner von uns mittelmäßig sein!“

Clara Steinbrecher

Seit mehreren Jahren setzt sich die Initiative Maria 1.0 für die Einheit der Weltkirche und die Treue zum päpstlichen Lehramt ein – gerade mit Blick auf den Synodalen Weg eine herausfordernde Aufgabe. Die Leitung von Maria 1.0 obliegt Clara Steinbrecher (Jahrgang 1997). Im Interview mit CNA Deutsch stand sie Rede und Antwort.

Am Abend des 8. September waren es 21 Bischöfe, die gegen eine Kehrtwende in der Sexualmoral stimmten – eine knappe Sperrminorität. 24 Stunden später waren es bei der konkreten Forderung nach einer neuen Lehre zur Homosexualität nur noch acht Bischöfe. Was ist Ihrer Einschätzung nach der Grund dafür? Und sind die niedrigen Zahlen bei den „Nein“-Stimmen überraschend?

Wer die Wochen und Tage vor der Synodalversammlung die kirchlichen Leitmedien und die Social-Media-Kanäle der deutschen Bistümer verfolgte, der konnte zu keinem anderen Ergebnis kommen, als stünden die Deutschsynodalen kurz vor der Durchsetzung eines ihrer innig gehegten Ziele: der lehramtlichen Neubewertung von Homosexualität. Nicht zuletzt gelang es Gruppen wie „Out in Church“ mit ihrem medialen Auftritt, die Debatte derart zu emotionalisieren, dass an eine argumentativ geführte Diskussion nicht zu denken sein konnte. Bischof Dieser war es aber schließlich, der mit seinem Beitrag in „Christ & Welt“ den anstehenden Beratungen die letzte öffentlichkeitswirksame Prägung geben sollte. Der Aachener Bischof bewertete qua seiner eigenen Autorität Homosexualität als gottgewollt und schärfte noch einmal die so oft bemühte Parole „Liebe kann keine Sünde sein“ ein.

Unter diesen Voraussetzungen startete am 8. September die vierte Synodalversammlung in Frankfurt, und ihr Weg schien vorgezeichnet. Im eigenen synodalen Saft schmorend, angepeitscht durch die Öffentlichkeit und voller überheblicher Siegesgewissheit rechnete kaum einer der über 200 Synodalen ernsthaft mit dem, was dann eintreten sollte: Es fanden sich 21 Bischöfe, die bei der finalen anonymen Abstimmung mit Nein und damit gegen den Grundtext „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ votierten.

Das Entsetzen über den Ausgang dieser Abstimmung war groß und die Synodalversammlung stand kurz vor dem Aus. Einzig das Einschreiten der Präsidenten des Synodalen Weges ermöglichte eine Fortführung der vierten Synodalversammlung, da aufgrund der immensen Enttäuschung über das Scheitern des Grundtextes in zweiter Lesung einige Synodale ihre Weiterarbeit beenden wollten. Das Präsidium entschied sich an diesem ersten Sitzungstag, keine weiteren Tagesordnungspunkte mehr zu behandeln und gab bekannt, dass sich die Bischöfe und Laien getrennt und geheim treffen würden, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Der nächste Tag war dann geprägt von einer Atmosphäre des emotionalen Drucks und des gegenseitigen Misstrauens. Die Synodalversammlung klagte in heftiger Weise diejenigen Bischöfe an, die etwas überraschend gegen den Grundtext votierten. Als man dann im Verlauf des Freitags zu den weiteren Abstimmungen kam, versammelte Bischof Bätzing seine Amtskollegen abermals in einem separaten Raum für geheime Beratungen. Und siehe da, es fanden sich plötzlich nur noch acht Bischöfe, die sich bei einer nun namentlichen Abstimmung trauten, gegen einen der Handlungstexte zum Grundtext von Forum IV zu stimmen. Ich stelle mir noch immer die Frage, wie es überhaupt möglich sein konnte, einen Handlungstext abzustimmen, obwohl der dazugehörende Grundtext bereits durchgefallen war. Auf diese Weise wurden beide Handlungstexte zum Forum IV verabschiedet.

Wenn ich also auf Ihre Frage antworte, so war ich einerseits überrascht über das Durchfallen des Grundtextes am Donnerstag und vom Stimmenschwund im Lager der Bischöfe am Freitag – nicht überrascht war ich jedoch davon, dass man trotz alledem das Kunststück fertig gebracht hat, darüber den Synodalen Weg nicht scheitern zu lassen und jetzt in stoischer Gelassenheit die Tatsache ignoriert, dass der Grundtext IV durchgefallen ist.

Wie geht man als normaler Katholik damit um, wenn man einen Diözesanbischof hat, der objektiv nicht mehr denselben Glauben hat wie man selbst?

In dieser Zeit kann keiner von uns mittelmäßig sein! Jeder Katholik ist zur Nachfolge Jesu Christi und damit zur Heiligkeit berufen. Diese Perspektive müssen wir uns immer wieder vor Augen halten. Es geht eben nicht darum, unsere Handlungen vor Gott rechtfertigen zu wollen oder sogar über den Synodalen Weg oder sonst eine Organisation oder ein Outing als legitim zu erklären, sondern es geht darum, den Willen Gottes für unser Leben immer tiefer zu ergründen und diesem Willen zu folgen.

Der Herr hat uns den Fortbestand der Kirche zugesagt, und das ist äußerst tröstlich, doch hat er uns auch vorbereitet auf all die Anfeindungen und Herausforderungen, denen wir in der Kirchengeschichte gerade ausgesetzt sind, und die wir auch in Zukunft noch zu ertragen haben werden. Niemand hat gesagt, dass Kreuzesnachfolge einfach ist oder gar das eigene Ansehen mehrt, und doch ist es eben dieser Blick auf den leidenden Herrn, der mich mutig und freudig vorangehen lässt. Wenn ein Hirte der Kirche verwirrt ist, so braucht er brüderliche Ermahnung und viel Gebet; eben das will ich persönlich, aber auch mit Maria 1.0 leisten. Haben Sie Mut und freuen Sie sich – kämpfen wir gemeinsam den guten Kampf!

Beim Synodalen Weg wurden Begriffe wie „Einheit“ und „Synodalität“ immer wieder in den Mund genommen. Aber „Einheit“ mit Blick worauf? Und was bedeutet überhaupt „Synodalität“? Inhaltlich war da wenig zu hören. Wie bewerten Sie das?

Der Begriff „Synodalität“, wie ihn der Heilige Vater verwendet, ist recht neu, und eine Standarddefinition gibt es bisher nicht. Was darunter zu verstehen ist, müssen wir wohl erst noch lernen. Papst Franziskus hat im Laufe seines bisherigen Pontifikats eine Reihe von Synoden einberufen – synodales Beraten scheint ihm also durchaus wichtig zu sein. Allerdings versteht er „Synode“ wohl nicht rein formell als eine Versammlung von Bischöfen, die versuchen, eine Mehrheit für dieses oder jenes zu finden, sondern es geht ihm in besonderer Weise um den Aspekt des „Gemeinsamen“. „Synode“ bedeutet übersetzt „gemeinsamer Weg“, und gerade das ist für Franziskus die Sinnspitze von Synodalität.

Offensichtlich stellt Papst Franziskus sich diese so vor, dass man nicht erst zusammentrifft, nachdem Kleingruppen Texte ausgearbeitet haben, um diese dann abzunicken. Vielmehr solle man tatsächlich die vorliegenden Fragen gemeinsam angehen – und sich dabei nicht nur die „Köpfe einschlagen“, in der Hoffnung, die eigene Agenda durchzubringen, sondern erst einmal einander zuhören. Beim gemeinsamen Ringen darf es aber niemals darum gehen, den Glauben gänzlich neu zu erfinden. Vielmehr muss das Fundament des katholischen Glaubens, das wir haben, die Grundlage und der Raum sein, indem Synodalität überhaupt funktionieren kann.

Was den „Synodalen Weg“ betrifft, so muss unumwunden festgestellt werden, dass die gerade beschriebenen Grundlagen keineswegs eingehalten werden. Falls es ein gemeinsames Glaubensfundament aller Synodalen geben sollte, dann muss es sich wohl darauf beschränken, dass Sitzordnungen eingehalten werden müssen (bei Redezeiten bin ich mir schon nicht mehr sicher). Vielleicht, so möchte ich in überspitzter Weise behaupten, glauben noch alle Anwesenden, dass es einen Schöpfer gibt und dass Jesus eine tatsächliche historische Person ist, aber damit hat es sich dann auch in Bezug auf ein gemeinsames Glaubensfundament – das gesamte katholische Glaubensgut ist aber bekanntlich ein wenig größer. Man kann auch kaum davon sprechen, dass hier keine fertigen Texte zum Abnicken vorgelegt wurden. Der Begriff „Abnicken“ wurde hier ganz bewusst gewählt, wie die Reaktionen nach dem Scheitern des Grundtexts von Forum IV zeigten. Ganz offensichtlich hatte man weder mit der Möglichkeit gerechnet, dass der Text nicht durchkommen würde, noch war man bereit dazu, so etwas hinzunehmen, frei nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

So wurde der Text dann im Folgenden auch als quasi angenommen behandelt: Die Handlungstexte wurden zur Abstimmung gebracht, man will den Text trotzdem nach Rom schicken, und man kann sich über die falsch abstimmenden Bischöfe beklagen, die hier allen in den Rücken gefallen sind, ohne vorher etwas zu sagen. Warum sie nichts sagten, demonstrieren vielleicht am besten die Reaktionen, die auf einen von Dorothea Schmidts Redebeiträgen folgten: „Wissenschaftlicher Blödsinn“, „respektlos gegenüber Missbrauchsopfern“, „DDR-Vergleiche“. Dabei hatte sie hauptsächlich das verteidigt, was eigentlich gemeinsames Fundament sein sollte. Was auch immer Synodalität ist, beim „Synodalen Weg“ sucht man sie vergeblich. Das dürfte erklären, warum der Begriff dort nicht mit Inhalt gefüllt wurde.

Was man beim „Synodalen Weg“ unter „Einheit“ versteht, wird wohl kaum die „Einheit in der Wahrheit“ sein, die dem tatsächlich katholischen Leser an dieser Stelle in den Sinn kommt. Habe ich gerade einem großen Teil der Synodalen das Katholisch-Sein abgesprochen? Ja. Ist das nicht gegen die Einheit? Nein. Wenn jemand Mitgliedsbeiträge an den Schützenverein zahlt, macht ihn das nicht zu einem Schützen, und wenn er zu Feierlichkeiten des Vereins erscheint, macht ihn das immer noch nicht zu einem Schützen. Dafür muss er schon mal ein Gewehr in die Hand nehmen. Darauf hinzuweisen, schadet nicht der Einheit, sondern dient dazu, dass der Schützenverein ein Schützenverein bleibt.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Die Synodalen beteuern zwar immer, katholisch und in Einheit mit Rom zu sein, aber dafür mussten sie beide Begriffe erst gehörig umdefinieren. „Einheit“ ist plötzlich nicht mehr Einheit in der Lehre und im Glaubensgehorsam, sondern die Tatsache, dass man sich noch nicht offiziell losgesagt hat. Außerdem gilt: „Ich bin getauft und gefirmt und daher katholisch.“ Dummerweise ist das nicht die vollständige Definition von „katholisch“. Den von der Kirche verstandenen, sich aus der Offenbarung speisenden und durch die Zeit hin konkreter werdenden katholischen Glauben zu teilen und zu bekennen, gehört ebenso zur Definition wie eine gewisse Glaubenspraxis, die sich nicht in „Autonomiegerede“ oder in Gebetsformen erfüllt, in denen das eigene Handeln als von Gott grundsätzlich positiv betrachtet wird.

Im Blick auf die Ökumene kann „Einheit“ übrigens auch nicht konstruiert oder bloß gemacht werden. Ob es bis zur Wiederkunft des Herrn überhaupt zu einer kirchlichen Einheit kommen wird, ist nach menschlichem Ermessen überhaupt nicht einschätzbar. Beten wir für Einheit im Glauben und in der Wahrheit, dass alle eins sein mögen.

Wenn es den Synodalen um wirkliche Einheit mit der Weltkirche ginge, dann würde man die Warnschüsse aus Rom nicht ignorieren, längst beantwortete Fragen nicht behandeln, als seien sie vollkommen offen und vor allem: keine offen lehramtsfeindlichen Aussagen tätigen. Tut mir leid, Synodale, aber „katholisch“ und „römisch“ kann man eben nicht trennen.

Papst Franziskus bzw. der Heilige Stuhl haben mehrfach kritische Anmerkungen zum Synodalen Weg vorgebracht. Eine explizite Verurteilung der angestrebten (und nun teilweise bereits beschlossenen) Änderungen steht indes aus und sorgt für Verunsicherung. Was muss jetzt aus Rom kommen?

Platt gesagt: Wer nicht hören will, muss fühlen. Die Lehre der Kirche ist hinreichend bekannt. Der Heilige Vater hat 2019 mit eigener Hand einen Brief nach Deutschland geschrieben, in dem er darlegte, wie er sich den „Synodalen Weg“ vorstelle. Abgesehen von einer gelegentlichen Erwähnung des Wortes „Evangelisierung“ wurde dieser nicht rezipiert. Die Note aus dem Staatssekretariat in diesem Jahr erklärte man zu einer römischen Verirrung und stellte fest, dass die Präambel des „Synodalen Wegs“ völlig deutlich zeige, dass keine neue Lehre angestrebt wird, noch angestrebt werden kann. Die Diskussionen und Redebeiträge zeichnen jedoch ein völlig anderes Bild, in Bezug auf das gerade ausgeführte.

Was würden wir uns von Papst Franziskus wünschen?

Erstens: Alles, was jetzt geschieht, muss vom Heiligen Vater selbst in Angriff genommen werden. Das heißt: Unter jedem Dokument muss seine eigene Unterschrift stehen, sonst wird irgendjemand sagen, es sei ja doch nur „irgendeine Behörde“.

Zweitens: Vielleicht lässt sich der ein oder andere Bischof argumentativ wieder auf Kurs bringen. Warum also nichts in dieser Hinsicht unternehmen? Auch ein Bistum kann visitiert werden. Ob es für die eine oder andere Exzellenz einen heilsamen Schock darstellt, eine persönlich adressierte Mahnung direkt aus Santa Marta zu erhalten? Es käme auf einen Versuch an.

Drittens: Wenn das alles nicht hilft: Bistum neu besetzen! Wenn der Hirte die Herde nicht nur im Stich lässt, sondern sogar in die Irre leitet, dann verhält er sich wie ein Mietling – und er gehört ersetzt.

Darüber hinaus: Der „Synodale Weg“ liefert in Farbe, Bild, Ton und Texten immer wieder problematische Aussagen, die vom depositum fidei abweichen. Schon immer war es die Aufgabe des Papstes, nicht nur falsche Lehrer zu ermahnen, sondern auch falsche Lehren richtigzustellen und so das pilgernde Volk Gottes auf seinem Weg durch die Zeit zu bewahren.

Blicken wir abschließend noch auf die Einführung eines „Synodalen Rats“, womit der Synodale Weg seine eigene Verstetigung beschlossen hat. Was steht der Kirche in Deutschland hier bevor? Letztlich ein Synodaler Weg mit weniger Teilnehmern, also weniger Widerstand, dafür aber größerer Macht?

Was den „Synodalen Rat“ betrifft, so soll seine Einführung durch einen „Synodalen Ausschuss“ vorbereitet werden. In dieser Zeit werden die verschiedenen Gremien und Organisationen in der deutschen Kirche um die Plätze buhlen, da viele Angst haben, nicht ausreichend repräsentiert zu sein. Selbst das ZdK und einige Bischöfe haben offen Angst zum Ausdruck gebracht, dass sie im Vergleich zu ihrem jetzigen Tun durch den „Synodalen Rat“ an Einfluss verlieren könnten.

Eines ist klar: Der „Synodale Rat“ bedeutet einen „Synodalen Weg“ in aeternum, letztlich ein verstetigtes überdiözesanes Gremium, welches den Glauben und die Moral pseudodemokratisch beschließen möchte. Außer sozialem Druck ist wohl kaum etwas vom „Synodalen Rat“ zu erwarten, der, um es noch einmal deutlich zu sagen, keinerlei kirchenrechtlichen Status besitzt. Wenn nicht zwischendurch die römische Notbremse gezogen werden sollte, steuern wir auf ein cuius episcopus, eius religio zu: Je nachdem, wer mein Ortsbischof ist, gestaltet sich Glaube, Sitte und Hierarchie gänzlich verschieden.

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