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Der konzilswidrige deutsch-synodale Weg

Synodaler Weg

Vom 9. bis 11. März tagt die Fünfte Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt am Main. Die ersten Texte, die dort zur Diskussion und Abstimmung stehen, sind online bereits verfügbar – und niemand, der diese mehrjährige Diskursveranstaltung verfolgt hat, wird von dem überrascht sein, was dort publiziert wurde. Die „Präambel“ ist vom Synodalpräsidium erarbeitet worden – das sind die Bischöfe Georg Bätzing und Franz-Josef Bode sowie die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp und der Vizepräsident Thomas Söding.

Das Synodalpräsidium beruft sich gern auf Papst Franziskus und dessen Impulse, auch wenn sich manche von uns sicher an die harsche Papst-Kritik von Bischof Bätzing erinnern, über die am 27. Januar berichtet wurde, als der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz über Franziskus’ Vorbehalte gegenüber manchen deutsch-synodalen Diskursen über den Zölibat etwa sagte: „Das jetzt als ideologische Debatte zu bezeichnen, wo der Heilige Geist sozusagen fluchtartig den Raum verlässt – was soll das?“ Ob der Empörungsrausch nun verflogen ist?

Jeder ist also eingeladen, die überarbeitete „Präambel“ aufmerksam und kritisch zu lesen. Das Synodalpräsidium behauptet, der Synodale Weg stehe „im Dienst der Evangelisierung“. Die Instrumentalisierung des Missbrauchs setzt sich fort. Bischof Rudolf Voderholzer sagte am 23. Januar 2022 in der Vesper zu seinem neunten Weihejubiläum bereits sehr treffend: „Die Empörung über den Missbrauch ist das Feuer, auf dem die Suppe des synodalen Weges gekocht wird.“

Nun bekennt sich das Synodalpräsidium erneut zu einem „Weg der Umkehr und Erneuerung“ und erklärt: „Es ist unverzichtbar, Schuld offen zu bekennen und auch die strukturellen Ursachen dieser Schuld aufzuarbeiten. Der Missbrauch darf in der Kirche nicht systemisch begünstigt werden. Die Kirche muss ein Raum der Gewaltfreiheit sein.“ Die Rede von systemischer Begünstigung und „strukturellen Ursachen“ bleibt nebulös. Welche Straftat geschieht aufgrund von „strukturellen Ursachen“? Verbrecher sind Täter. Durch diese Formulierungen entsteht der Verdacht, dass Schuldige zumindest teilweise exkulpiert werden sollen – mit dem Verweis auf „strukturelle Ursachen“ und „systemische“ Phantasmagorien. Vollmundig erklärt das Synodalpräsidium: „Wir suchen nach einem Weg für die Kirche in diesem Land und in dieser Zeit.“ Orientierung böte das Evangelium Jesu Christi, die Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte, das Kirchenrecht und der Katechismus. Doch davon ist nicht die Rede.

Niemand in der römisch-katholischen Kirche, der klaren Sinnes ist, bestreitet den Skandal des sexuellen Missbrauchs und die Mechanismen der Vertuschung. Fast niemand fordert eine Strafrechtsreform – etwa die Aufhebung der Verjährungsfrist für Missbrauchstaten. Warum eigentlich? Das Synodalpräsidium argumentiert unklar theologisch und identifiziert die „Stimme der Betroffenen“ mit der „mahnenden Stimme Gottes auf dem Weg unserer eigenen Evangelisierung“. Es ist elementar wichtig für die Kirche und für die Gesellschaft, den Stimmen der von Missbrauch Betroffenen Raum zu geben und Gehör zu schenken, gar keine Frage – aber kann deswegen die „Stimme der Betroffenen“ mit der „mahnenden Stimme Gottes“ in eins gesetzt werden?

Das Synodalpräsidium führt weiter aus: „Weil die Kirche nicht nur heilige, sondern auch sündige Kirche ist, darf sie ihre Aufgaben nie in einer Haltung der Überlegenheit, sondern muss sie immer in Demut ausüben.“ Die Rede von der „sündigen Kirche“ hat sich quasi eingebürgert, ist aber dezidiert konzilswidrig. In „Lumen gentium“ heißt es in Abschnitt 32: „Die heilige Kirche ist kraft göttlicher Einrichtung in wunderbarer Mannigfaltigkeit geordnet und geleitet.“ Lesen wir dazu auch Abschnitt 8: „Während aber Christus heilig, schuldlos, unbefleckt war (Hebr 7,26) und Sünde nicht kannte (2 Kor 5,21), sondern allein die Sünden des Volkes zu sühnen gekommen ist (vgl. Hebr 2,17), umfaßt die Kirche Sünder in ihrem eigenen Schoße. Sie ist zugleich heilig und stets der Reinigung bedürftig, sie geht immerfort den Weg der Buße und Erneuerung.“ Die Kirche beherbergt Sünder, aber sie ist – als Stiftung Jesu Christi – selbst heilig. Dazu bekennen wir uns auch im Credo der Kirche. Auch das Synodalpräsidium wird vermutlich nicht feierlich erklären: „Ich glaube an die heilige und sündige Kirche …“

Darüber hinaus will das Synodalpräsidium die Morallehre der Kirche revidieren und stellt fest, es gebe „lebensfeindliche Verengungen der kirchlichen Sexualmoral“ – die Morallehre der Kirche fußt wohlgemerkt auch auf der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“. Ist damit die verbindlich gültige Sexuallehre der Kirche etwa „lebensfeindlich“?

Der deutsche Synodale Weg, so die Autoren, stehe in der „Tradition der synodalen Prozesse, die auch heute in der katholischen Kirche weltweit an vielen Stellen stattfinden, um die Kirche zu einem Ort des Glaubens und der Freiheit für die Menschen werden zu lassen“. Doch wenn die Kirche heute das nicht ist und erst noch werden muss – ein Ort des Glaubens und der Freiheit der Kinder Gottes –, was ist sie dann? Es spricht das „Wir“ des Synodalpräsidiums: „Wir wollen die Botschaft des Evangeliums so verkünden können, dass wir den Menschen in ihrer jeweiligen Lebenswelt gerecht werden.“ Es geht also nicht um Gott, sondern um die Apologie des Bestehenden, anders gesagt: Bekehrung zu und Hingabe an Christus war gestern, lebensweltliche Geschmeidigkeit gilt heute.

„Uns ist die Überzeugung gemeinsam, dass der katholische Glaube die Kraft hat, die Zeichen der Zeit zu erkennen, im Licht des Evangeliums zu deuten und entsprechend zu handeln.“ Die römisch-katholische Kirche soll die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums deuten (vgl. „Gaudium et spes“ 4), doch hier wird der unspezifische „katholische Glaube“ genannt. Das deutsche Sendungsbewusstsein tritt sodann zutage: „Aufgrund der weltweiten Situation des Missbrauchs durch Kleriker braucht es auch weltweite systemische Veränderungen. Dazu möchten wir mit dem Synodalen Weg in Deutschland einen Beitrag leisten. Hier braucht es klare Voten, damit die Weltkirche unsere Stimme, die Stimme der katholischen Kirche aus Deutschland, hören kann, so wie wir in der Synodalversammlung auf die Stimmen aus der Weltkirche hören.“ Statt für Mehrheiten zu werben oder auch auf der Synodalversammlung die Vielfalt der Meinungen wertzuschätzen, werden also schneidig „klare Voten“ gefordert – mit Blick auf „Weichenstellungen für die Zukunft“: „In einer synodalen Kirche verstehen sich alle Gläubigen gemeinsam als Menschen, die auf Gott, auf sein Wort und auf die anderen Menschen hören. In einer synodalen Kirche werden die Zeichen der Zeit gemeinsam gedeutet.“

Deutet künftig vielleicht die neue deutsche Synodale Räterepublik letztverbindlich die „Zeichen der Zeit“ im Lichte der von Michel Foucault inspirierten „Humanwissenschaften“? Dann wäre in der synodalgesinnten Kirchenprovinz Deutschland von Gott nicht mehr die Rede.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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