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Öffentlicher Sünder und Geschenk Gottes: Kardinal Koch predigt über den heiligen Matthäus

Kardinal Kurt Koch vor dem Marienbildnis Maria Advocata

CNA Deutsch dokumentiert im Wortlaut die Predigt, die Kurienkardinal Kurt Koch am Freitag in der Kirche S. Rosario sul Monte Mario in Rom hielt, wo sich das Marienbildnis Maria Advocata befindet. Das Bildnis gilt als eine der ältesten Marienikonen überhaupt und wurde nach Ansicht mancher vom Evangelisten Lukas persönlich gemalt.

Matthäus ist der Name, den das erste Evangelium im Neuen Testament trägt. Es stellt ihn als einen Mann vor, der am Zoll sitzt. Matthäus ist ein Steuereintreiber gewesen und damit ein Mensch, der gemäss der gängigen Auffassung im damaligen Israel als ein öffentlicher Sünder betrachtet worden ist. Ein Zöllner galt als Kollaborateur mit der verhassten Fremdherrschaft in Israel, die Steuerabgaben auch willkürlich festlegen konnte. In den Evangelien werden deshalb «Zöllner und Sünder» immer wieder zusammen genannt, wie auch im heutigen Evangelium.

Auf der anderen Seite trägt Matthäus einen sehr schönen Namen. Denn in der hebräischen Sprache heisst er «Geschenk Gottes». Und in den Evangelien ist Matthäus immer auf den Listen der Zwölf Apostel verzeichnet, die Jesus auserwählt hat, um mit ihm zu sein und das Evangelium zu den Menschen zu tragen.

Matthäus ist dem Namen nach ein «Geschenk Gottes» und seiner Lebensführung nach ein schwerer öffentlicher Sünder. Wie geht beides zusammen, wie soll man diesen Widerspruch verstehen, und was will Jesus damit auch uns heute sagen? Die beste Antwort auf diese – menschlich gesehen – verständliche Frage gibt Jesus selbst im heutigen Evangelium mit seiner Erklärung, dass nicht die Gesunden den Arzt brauchen, sondern die Kranken, und dass er deshalb gekommen ist, die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. Dass Jesus gerade Matthäus berufen hat, bringt es an den Tag, dass sein Angebot an jeden Sünder ergeht und dass Jesus niemanden von seiner Freundschaft ausschliessen will.

Diese schöne Botschaft hat der englische Schriftsteller Gilbert Chesterton dahingehend zum Ausdruck gebracht, einen Heiligen erkenne man unfehlbar daran, dass er wisse, dass er ein Sünder sei. Dieses bekannte Wort ist nur auf den ersten Blick paradox. Denn dort, wo Gott wirklich erfahren wird, erkennt der Mensch seine Sündigkeit; und erst dort, wo er dies wirklich erkennt und anerkennt, erkennt er auch sich selbst, nämlich als Sünder.

Matthäus hat gewusst, dass er ein Sünder ist, und gerade so ist er ein Heiliger geworden. Denn ein Heiliger ist ein Mensch, der in seinem Leben den Willen Gottes sucht und gewillt ist, in ihn einzuwilligen. Dass Jesus Matthäus berufen hat, enthält für uns alle einen grossen Trost, dass das Angebot der Gnade an jeden Sünder ergeht. So will es das Herz Jesu, das ein Herz der Liebe ist und das wir am heutigen Freitag in besonderer Weise feiern. Denn es verkündet die schöne Botschaft, dass es bei Jesus keine hoffnungslosen Fälle gibt. Mag ein Mensch noch so tief gefallen sein – er kann letztlich nicht tiefer fallen als in die offenen Hände des Herrn.

Damit ist eine zweite Botschaft verbunden, die das heutige Evangelium uns vor Augen führt. Auf den Zuruf Jesu – «Folge mir nach!» - zeigt sich die sofortige Bereitschaft, auf den Ruf Jesu zu antworten: «Da stand Matthäus auf und folgte ihm» (Mt 9, 9). Die beinahe nicht mehr zu überbietende Kürze der beiden Sätze zeigt, dass die Vertrautheit Jesu mit Matthäus für ihn bedeutet hat, alles zu verlassen und vor allem das aufzugeben, was für ihn eine sichere Einnahmequelle gewesen ist, nämlich die Arbeit am Zoll. Denn von nun an nimmt Matthäus den Menschen nicht mehr die Steuer für das Römische Reich ab, sondern er schenkt den Menschen den Denar des Gottesreiches. Er gibt der Menschheit das goldene Talent des Evangeliums.

Was bei Matthäus sichtbar wird, will sich auch bei uns immer wieder bewähren: Wenn wir die Gegenwart Jesu Christi in der Feier der Eucharistie und ihrer Anbetung erfahren, dürfen wir der Liebe des Herzens Jesu begegnen, die uns so annimmt wie wir sind, und die auch uns immer wieder in die Nachfolge ruft: «Folge mir nach!» - dieser Ruf ergeht jeden Tag immer wieder neu auch an uns.

Bitten wir den lebendigen Gott auf die Fürbitte der Heiligen Advocata, dass wir bei der Meditation der Gestalt des Apostels Matthäus heute dem in Liebe geöffneten Herzen Jesu begegnen, der auch unsere Sündigkeit sieht, aber auch uns immer wieder beim Namen ruft, und der auch uns immer wieder neu zumutet, in seine Nachfolge der Liebe zu treten und das goldene Talent seines Evangeliums zu leben und den Mitmenschen zu verkünden.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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