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Weltjugendtag und Wallfahrt: Was der Jakobsweg mit Lissabon-Pilgern zu tun hat

Pilger auf dem Jakobsweg
Hier geht es lang: Wegzeichen für Wallfahrer auf der Peregrinatio Compostellana
Wallfahrer-Kunst
Heilig(end)e Straße: Nicht alle Wallfahrten führen nach Rom — oder Compostella.
Hier geht es lang: Ein Zeichen für Wallfahrer auf der Peregrinatio Compostellana

Die Freude des morgendlichen Aufbruchs, noch mit einem Lied auf den Lippen, weicht dem mühsamen Wanken in der Mittagshitze und der puren Erschöpfung am Abend — Kraft und Müdigkeit, Schmerz und Erleichterung liegen beim Pilgern nahe beieinander: ein Abbild des menschlichen Lebens im Zeitraffer, Höhen und Tiefen buchstäblich und unmittelbar erfahrbar. Am Ziel des Weges winkt die Ewigkeit, vorweggenommen durch die prächtige Kathedrale des Wallfahrtsortes, durch ein Gnadenbild, die Pilgermesse.

Heute ist ein solcher Pilgerweg meist mühelos zu bewältigen — mit Bus und Flugzeug sind die Wallfahrtsorte der Christenheit leicht erreichbar geworden. Damit ist aber auch der Symbolcharakter des Pilgerns verloren gegangen. Der Pilger kann sein Leben nicht mehr im Pilgerweg erkennen und erlebt das Ziel nicht mehr als Vorgeschmack auf die himmlische Herrlichkeit, die ihn nach dem Durchschreiten des „Tränentals“ erwartet.

Zeit, sich wieder auf den Weg zu machen, den Schatz des Pilgerns neu zu entdecken? Keine schlechte Idee, zumal in einer Zeit, in der viele Menschen einen erheblichen Teil ihres Lebens in virtuellen Welten verbringen, dadurch einerseits ständig überreizt sind, andererseits aber sinnliche Erfahrungen vermissen. Das scheint auch so manchem Weltjugendtagsfahrer klar zu sein, der sich demnächst auf den Weg nach Portugal machen wird oder schon auf dem Weg dorthin ist: Viele Pilger nutzen die Reise zum 37. Weltjugendtag, der vom 1. bis 6. August 2023 in Lissabon stattfinden wird, um zumindest einen Teil des Camino de Santiago zu Fuß zu erkunden. Damit knüpfen sie an eine alte Tradition der Kirche an und machen sich eine einst zentrale Frömmigkeitsform des Christentums zu eigen:

„Seit hunderten von Jahren wird auf diesem Weg gepilgert“, sagt Manuel Müller, Referent der Diözese Augsburg, die in Kooperation mit der katholischen Jugendorganisation Jugend2000 eine Gruppe Jugendlicher begleiten wird. Der Jakobsweg habe sich angeboten, um die Reise spirituell sinnvoll zu gestalten. Auch Radio Horeb hat sich mit einem Team von 13 Mitarbeitern der Reisegruppe angeschlossen: "Es ist eine wichtige Erfahrung für Jugendliche unserer Zeit, das Unterwegssein nicht nur theoretisch und virtuell zu verstehen, sondern auch die Erfahrung des gemeinsamen Pilgerns zu machen. Ganz im Sinne von Papst Franziskus, der die Jugendlichen in die Wirklichkeit schicken will, in der es darum geht, die christliche Botschaft konkret zu leben“, so Astrid Moskopf, Redakteurin des Senders.

Im Grunde also auch eine Konkretisierung des Leitwortes des diesjährigen Weltjugendtages: „Maria stand eilends auf und machte sich auf den Weg“ (Lk 1,39). (Lk 1,39). Die Jugendlichen, die sich dem Jakobsweg aussetzen, und sei es nur für eine kurze Strecke, können in Maria eine Identifikationsfigur sehen: Eine, die den Aufbruch wagt, die sich auf einen anstrengenden Weg macht, um Christus zu den Menschen zu bringen.

Diese missionarische Ausrichtung des Mottos ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Mit Blick auf die Veröffentlichung von Evangelii Gaudium vor zehn Jahren unterstreicht es ein Grundanliegen des Papstes. Und es wird noch verstärkt durch die 13 Patrone, die ein lokales Organisationskomitee ausgewählt hat. Fast alle der Heiligen und Seligen, die den diesjährigen Weltjugendtag in besonderer Weise begleiten und prägen sollen, zeichnen sich durch einen dezidiert missionarischen Impetus aus, wenn auch in sehr unterschiedlicher Weise. Zwei portugiesische Heilige stechen dabei besonders hervor: Es sind die Jesuiten João Fernandes und Johannes von Brito, die im 16. bzw. 17. Jahrhundert auf ihren Missionsreisen das Martyrium erlitten, der eine auf dem Weg nach Brasilien, der andere in Indien. Gerade die Mission dieser Jahrhunderte steht unter Generalverdacht und wird oft mit gewaltsamen Eroberungen identifiziert. Die undifferenzierten, von antikatholischen Reflexen genährten und oft die Fakten ignorierenden Narrative werden hier gleichsam „nebenbei“ hinterfragt. Die Jugendlichen werden eingeladen, sich ein eigenes Bild von der Geschichte zu machen und die Wirklichkeit und Notwendigkeit des Evangeliums auch in der Geschichte zu entdecken und wahrzunehmen. Diese positive Grundhaltung zur „klassischen“ Mission ist bemerkenswert. Ist sie nur dem portugiesischen Nationalgefühl geschuldet oder geht sie über das Selbstverständnis einer Seefahrernation hinaus und kann auch bei der Jugend ein neues Verständnis für den so oft geschmähten Missionsbegriff wecken?

Auf jeden Fall steht sie in einer gewissen Spannung zu den Äußerungen des Weihbischofs von Lissabon, Americo Aguiar, der gegenüber ACI Digital betont hatte, man wolle „die Jugendlichen nicht zu Christus oder zur katholischen Kirche bekehren“. Hier also ein provozierend selbstbewusstes Bekenntnis zum traditionellen Missionsbegriff, dort Zugeständnisse an negative Konnotationen. Wie wird sich diese Spannung auswirken, wird sie zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung mit dem Missionsbegriff anregen oder zur Polarisierung führen? Der Verlauf und die Nachwirkungen des Weltjugendtages werden es zeigen!

Und welche Rolle wird Fatima spielen? Das marianische Motto des Weltjugendtages verweist auch auf diesen Wallfahrtsort: Der Legende nach ist er nach einer zum Christentum bekehrten Maurin benannt — und nicht nur das, die hier bezeugte Marienerscheinung hat die Bekehrung einer ganzen Nation gefordert und in Aussicht gestellt.

Ob es dem neu ernannten Kardinal Aguiar also gefällt oder nicht: Die Frage nach Bekehrung und Mission stellt sich in vielfältiger Weise. Und sie stellt sich in jüngster Zeit auch angesichts der stark gesunkenen Teilnehmerzahlen: Nur etwa 7.000 Jugendliche und junge Erwachsene werden aus Deutschland erwartet, über 400.000 Teilnehmer haben sich offiziell angemeldet.

Sicherlich müsste man ernsthaft evaluieren, worauf die geringere Beteiligung zurückzuführen ist: Ist es das nachlassende Interesse, sind es immer noch die Nachwirkungen der Pandemie, die in vielen Gemeinden die Jugendarbeit pulverisiert hat, sind es tiefer sitzende Glaubenszweifel oder eine krisengeschüttelte Kirche, der man sich immer weniger verbunden fühlt?

Andererseits wissen Christen aus zweitausendjähriger Erfahrung, dass zwölf Menschen genügen, um den Lauf der Welt nachhaltig zu verändern: Der Weltjugendtag wird zeigen, ob das von Papst Franziskus so treffend gewählte Leitwort die ihm innewohnende Dynamik entfalten wird; ob es für die Teilnehmer und für die ganze Kirche fruchtbar werden kann; ob hier über ein Glaubensereignis hinaus ein Pilgerweg beginnt, der in die Zukunft einer kraftvoll das Evangelium verkündenden Kirche weist.

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