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Papst Franziskus warnt vor einem „Übergang vom Kommunismus zum Konsumismus“

Papst Franziskus, 30. April 2023

Der letzte große Programmpunkt der Ungarn-Reise von Papst Franziskus war am späten Sonntagnachmittag eine Begegnung mit der Welt der Wissenschaft und Kultur an der Fakultät für Informatik und Bionik der katholischen Peter-Pazmany-Universität. Dabei warnte er vor einem „Übergang vom Kommunismus zum Konsumismus“.

Ausführlich zitierte der Papst in seiner Ansprache den großen Priester und Intellektuellen Romano Guardini, der sagte: „Dieser Tage ist mir so deutlich zu Bewusstsein gekommen, dass es zwei Arten des Erkennens gibt. Eine führt zur Versenkung in das Ding und den Zusammenhang. Der Erkennende sucht einzudringen, inne zu werden, mitzuleben. Die andere Weise aber packt, zergliedert, ordnet in Fächer, nimmt in Besitz, herrscht.“

Guardini unterscheide also „zwischen einem bescheidenen und beziehungsorientierten Erkennen, das ist wie ‚ein Herrschen durch Dienst; ein Schaffen aus natürlich-gewiesenen Möglichkeiten heraus, das […] gesetzte Grenzen nicht überschritt‘, und einer anderen Art des Wissens, von dem gilt: es ‚schaut nicht, sondern analysiert. Es versenkt sich nicht, sondern packt zu.‘“

„Guardini verteufelt die Technik nicht, die es erlaubt, ein besseres Leben zu führen, zu kommunizieren und viele Vorteile zu haben, aber er spürt die Gefahr, dass sie regulierend oder gar dominierend auf das Leben wirkt“, betonte der Pontifex.

Mit Blick auf diese „Gefahr“ dachte Franziskus „an die ökologische Krise, in der die Natur einfach auf die zweckdienliche Benutzung reagiert, die wir ihr haben zukommen lassen. Man denke an das Fehlen von Grenzen, an die Logik des ‚es ist machbar, also ist es erlaubt‘. Denken wir auch an den Willen, nicht den Menschen und seine Beziehungen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern das Individuum, das auf seine eigenen Bedürfnisse zentriert ist, gierig nach Gewinn und unersättlich, die Wirklichkeit zu erfassen. Und denken wir folglich an die Zersetzung gemeinschaftlicher Bindungen, wodurch Einsamkeit und Angst sich von existenziellen Zuständen zu sozialen Zuständen zu verwandeln scheinen.“

Der Papst verwies neben Guardini auch auf den Roman „Der Herr der Welt“ von Robert Hugh Benson, der „vor mehr als einem Jahrhundert verfasst wurde“ und eine Zukunft beschreibt, „die von der Technik beherrscht wird und in der im Namen des Fortschritts alles vereinheitlicht wird: Überall wird ein neuer ‚Humanitarismus‘ gepredigt, der die Unterschiede aufhebt, das Leben der Völker zunichtemacht und die Religionen beseitigt. Gegensätzliche Ideologien kommen in einer Vereinheitlichung überein, die ideologisch kolonisiert; der Mensch wird im Kontakt mit Maschinen immer flacher, während das gemeinschaftliche Leben traurig und dünn wird.“

„Ich habe mich auf diese düstere Untersuchung eingelassen, weil gerade in diesem Kontext die Rollen der Kultur und der Universität am besten zum Vorschein kommen“, erklärte das Kirchenoberhaupt sodann. „Die Universität ist nämlich, wie ihr Name schon sagt, der Ort, an dem das Denken geboren wird, wächst und reift, in Offenheit und im Zusammenklang. Sie ist der ‚Tempel‘, in dem die Erkenntnis aufgerufen ist, sich aus den engen Grenzen des Habens und Besitzens zu befreien, um zur Kultur zu werden, d. h. zur ‚Kultivierung‘ des Menschen und seiner grundlegenden Beziehungen: mit dem Transzendenten, mit der Gesellschaft, mit der Geschichte, mit der Schöpfung.“

„Wer die Kultur liebt, hat nie das Gefühl am Ziel angekommen zu sein und ist nie einfach zufrieden, sondern trägt eine gesunde Unruhe in sich“, sagte Papst Franziskus. „Er forscht, hinterfragt, riskiert und erkundet; er weiß, wie er aus seinen eigenen Gewissheiten heraustreten kann, um sich demütig in das Geheimnis des Lebens zu wagen, das sich mit der Unruhe und nicht mit der Gewohnheit gut verbindet; das sich anderen Kulturen gegenüber öffnet und das Bedürfnis verspürt, das Wissen zu teilen.“

Ausdrücklich betonte er: „Die Kultur begleitet uns dabei, uns selbst zu erkennen.“

Dies bedeute, „die eigenen Grenzen zu erkennen und damit die eigene Anmaßung der Selbstgenügsamkeit zu zügeln. Das tut uns gut, denn vor allem, wenn wir uns selbst als Geschöpfe erkennen, werden wir kreativ und tauchen dabei in die Welt ein, statt sie zu beherrschen. Und während das technokratische Denken nach einem Fortschritt strebt, der keine Grenzen zulässt, hat der reale Mensch auch Schwachstellen, und oft begreift er gerade dadurch, dass er von Gott abhängig und mit den anderen und der Schöpfung verbunden ist.“

„Sich selbst zu erkennen, bedeutet mit anderen Worten, die Schwäche und die Größe des Menschen in einer virtuosen Dialektik zusammenzuhalten“, fasste der Papst zusammen.

Zum Abschluss seiner Rede warnte Franziskus noch vor einem „Übergang vom Kommunismus zum Konsumismus“: „Was beide ‚Ismen‘ gemeinsam haben, ist eine falsche Vorstellung von Freiheit; jene des Kommunismus war eine gezwungene ‚Freiheit‘, die von außen eingeschränkt, begrenzt und von jemand anderem bestimmt wurde; jene des Konsumismus ist eine zügellose, hedonistische, flache ‚Freiheit‘, die uns zu Sklaven des Konsums und der Dinge macht.“

„Jesus jedoch bietet einen Ausweg an, indem er sagt, dass das wahr ist, was den Menschen von seinen Abhängigkeiten und den verschiedenen Formen der Verschlossenheit befreit“, erläuterte Papst Franziskus. „Der Schlüssel zu dieser Wahrheit ist ein Erkennen, das nie von der Liebe losgelöst ist, beziehungsorientiert, demütig und offen, konkret und gemeinschaftlich, mutig und konstruktiv. Das ist es, was die Universitäten pflegen sollen und was der Glaube nähren soll.“

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