Zürich, 07 Juli, 2023 / 2:15 PM
Der Religionssoziologe Detlef Pollack, ein in Münster lehrender Protestant, hat vor einer Verwischung dessen gewarnt, „was die katholische Kirche im Kern ausmacht“.
„Dem geweihten Klerus kommt im Verständnis der Kirche eine Sonderrolle zu“, erläuterte Pollack im Gespräch mit kath.ch. „Wenn jetzt im Kontext des synodalen Prozesses gefordert wird, die Differenz zwischen Geweihten und Nicht-Geweihten aufzuheben, wenn man sagt, das Priestertum ist allenfalls das Priestertum aller Gläubigen oder aller Getauften, dann verwischt man das, was die katholische Kirche im Kern ausmacht.“
„Die Lehre von der Kirche und den Sakramenten ist auch dasjenige Charakteristikum, das sie von den evangelischen Kirchen unterscheidet“, betonte er. „Gegen den hierokratischen Machtanspruch Roms führt Luther die Idee der Priesterschaft aller Getauften ein. Eine entsprechende Öffnung von Seiten der katholischen Kirche würde diese Differenz nivellieren.“
Pollack verlieh auch seiner Ansicht Ausdruck, es sei „nicht wichtig“, ob der Klerus männlich oder weiblich sei. „Bedeutsam aber ist der Zölibat, denn mit diesem vollzieht der Klerus, ob männlich oder weiblich, eine Absonderung von der Welt, ohne die es ein Heiliges nicht geben kann.“
Der Position, die kirchliche Hierarchie habe sich in ihrer heutigen Form erst im 19. Jahrhundert entwickelt, erteilte der Religionssoziologe eine Absage: „Da muss ich widersprechen! Ich glaube, dass dies eine bequeme Ideologie zur Legitimation kirchlicher Reformen ist. Man schiebt die Schuld für die hierarchische Struktur der Kirche auf das böse 19. Jahrhundert. Aber die Kirche des 19. Jahrhundert ist das Ergebnis von jahrhundertelangen Anstrengungen zum Aufbau einer auf Unter- und Überordnung beruhenden Institution.“
„Die Reformvorstellung vieler Katholikinnen und Katholiken, einschliesslich derer, die sich beim Synodalen Weg engagieren, führt zu einer im Kern radikal andere Kirche, als die, welche sie historisch haben“, warnte Pollack und ergänzte: „Ich würde sagen, dass die überwiegende Mehrheit der Katholiken und Katholikinnen in Deutschland tatsächlich protestantisch denkt.“
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