Freitag, Dezember 06, 2024 Spenden
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Rache üben oder vergeben in einer Welt voller Gewalt?

Versöhnung kann schwer fallen, manchmal schier unmöglich.

“Gewalt erzeugt Gewalt, Rache erzeugt Rache. Und wenn jemand denken sollte, Vergebung wäre eine Tugend der Schwachen, dann lade ich ihn ein, selbst auszuprobieren, was schwieriger ist: sich zu rächen oder zu verzeihen.” Das ist die Herausforderung, vor die der Erzbischof und Primas von Mexiko, Kardinal Norberto Rivera Carrera, Gläubige stellt.

In seiner Predigt in der Heiligen Messe, die er jetzt im Priesterseminar der Erzdiözese Mexiko zum Abschluss der XXI. Diözesanversammlung vorstand, stellte der Kardinal Betrachtungen über die Dringlichkeit der Verzeihens an und nahm auch Bezug auf die Attentate von Paris, in denen der Islamische Staat mehr als 120 Menschen getötet hat.

“Ich muss Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, dass dieses Thema (der Vergebung) nicht attraktiv oder modern ist, denn Verzeihung und Barmherzigkeit können in einer Welt der Rache und Gewalt nicht modern sein.”

“Wir leben in einer so hartherzigen Gesellschaft, dass mancher bisweilen denken könnte, es wäre schon sehr viel, das alte Gesetz ´Auge um Auge, Zahn um Zahn´ zu erfüllen, das verbietet, größere Rache als das erlittene Unrecht zu verüben” fuhr er fort.

Kardinal Rivera erinnerte daran, dass “das vergangene Jahrhundert nicht nur zwei Weltkriege, sondern auch unzählige Bürgerkriege und regionale Konflikte gesehen hat, in denen die Grausamkeit und Barbarei scheinbar keine Grenze zu kennen schien. Aber vielleicht gerade deshalb ist diese Botschaft von atemberaubender Aktualität und Notwendigkeit, auch wenn sie weder attraktiv noch modern ist. Gerade jetzt, da wir Zeugen von Tod und blutiger Bedrohung durch einige radikale Sekten des Islam sind, ist sie es noch mehr.”

Jesus selbst verkündet ganz radikal eine Vergebung, die immer greift, “selbst für denjenigen, der weiterhin das Gute mit Bösem vergilt. Das ist eine schwierige Lektion, aber sie ist absolut notwendig, da mit dieser Fähigkeit zur Vergebung unser Christsein auf dem Spiel steht - mehr noch: unser ewiges Los”, heißt es weiter.

Der Erzbischof und Primas von Mexiko hob hervor, dass Vergebung “auch im familiären und sozialen Zusammenleben eine unerlässliche Tugend ist, denn die Gerechtigkeit allein - so wichtig sie auch sein mag - reicht nicht, um das Gleichgewicht wiederherzustellen, das so oft durch Fehlverhalten im ehelichen, familiären und beruflichen Leben oder auch in freundschaftlichen und verschiedenen sozialen Beziehungen zerstört wird.”

“Anderen zu vergeben, so wie Gott uns vergibt, kann ein guter Anreiz sein - aber es ist nicht der einzige. Jesus gibt uns eine andere, weit stärkere Motivation: ´Seid barmherzig, wie auch euer himmlischer Vater barmherzig ist.´ Die Barmherzigkeit hilft uns, eine legalistische, nur auf Recht und Gesetz achtende Sichtweise zu überwinden. Sie ist ein sehr zarter Ausdruck der Liebe; sie ist die Einzige, die es ermöglicht, die Spirale von Gewalt und Rache zu durchbrechen.”

Was bedeutet verzeihen?

Der mexikanische Kardinal erklärte, dass “verzeihen etwas Schwieriges, etwas wahrhaft Großes ist, das dem Menschen Würde verleiht. Es ist unabdingbar, um in einer Gesellschaft zusammenzuleben, die aus schwachen, fehlerhaften Männern und Frauen besteht, so wie wir alle es sind.”

“Verzeihen heißt nicht, das Böse zu akzeptieren und erst recht nicht, den Kampf gegen die Ungerechtigkeit aufzugeben oder Straffreiheit zu propagieren. Jesus ist ein klares Beispiel dafür: er hat gegen das Böse und gegen jede Ungerechtigkeit gekämpft und trotzdem hat er gelehrt, zu vergeben und selbst seinen Feinden verziehen.”

Verzeihen “ist wichtig und schwierig, aber manchmal ist es noch schwerer, um Vergebung zu bitten, um in uns kein falsches Gefühl der Überlegenheit oder Gönnerhaftigkeit zu nähren, das uns denken lässt, die anderen würden unsere Vergebung brauchen, wir selbst aber hätten sie nicht nötig” so weiter Kardinal Rivera.

Abschließend betonte der Erzbischof, dass “die Verzeihung auch von äußeren Zeichen lebt. Es reicht nicht, zu sagen, dass wir von tiefstem Herzen verzeihen, sondern es ist auch notwendig, die zerrissenen Bande wieder neu zu knüpfen: Versöhnung ist die Krönung der Vergebung: ´Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe´.”

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