Abu Dhabi, 30 Oktober, 2018 / 11:50 AM
Bischof Paul Hinder, Apostolischer Vikar für das Südliche Arabien, hat Forderungen nach einem Waffenstillstand im Jemenkrieg bekräftigt und davor gewarnt, den katastrophalen Konflikt zu ignorieren.
"Der Krieg im Jemen trifft die gesamte Bevölkerung des Landes. Seine Gründe sind so kompliziert, dass wohl niemand ganz genau weiß, was vor sich geht", sagte Bischof Hinder aus Abu Dhabi gegenüber CNA am 19. Oktober.
Der aus der Schweiz stammende Kapuzinerpater leitet von Abu Dhabi aus das Vikariat für Südliches Arabien – ein Bistum mit über 900.000 Quadratkilometern Fläche, zu dem die Länder Jemen, Oman, und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören.
Obwohl eine Lösung des Konflikts schwierig sei und die Kriegsparteien tiefes Misstrauen überwinden müssen: Sowohl Christen als auch Muslime beten für Frieden und Gerechtigkeit in der Region.
"Die Hoffnung, dass die Intervention im Jahr 2015 nur wenige Wochen dauern und zur Normalität zurückführen würde, war eine Illusion", so Bischof Hinder.
"Tatsächlich haben wir jetzt einen Krieg, der bereits mehr als drei Jahre andauert und dessen Ende nicht in Sicht ist."
Jemens Geschichte ist eine blutige, gezeichnet von internen Konflikten und Kriegen, erinnerte der Bischof.
Der jüngste Konflikt begann, als der schiitisch-muslimische Stamm der Huthi die Kontrolle über ein Schlüsselgebiet übernahm und den Präsidenten aus der Hauptstadt vertrieb. Saudi-Arabien und einige arabische Verbündete griffen im Namen der gegnerischen Fraktion ein.
Mindestens 6.500 Zivilisten wurden im dreijährigen Konflikt im Jemen getötet, ebenso wie über 10.000 Kämpfer. Mehr als 2 Millionen Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben. Wieviele Menschen an den Folgen des Konflikts gesundheitlich leiden, ist unklar – die Vereinten Nationen schätzt die Zahl der Betroffenen als mehrere Millionen ein.
Die jemenitische Küstenstadt Hodeidah ist ein wichtiger Anlaufpunkt für die UN und andere humanitäre Hilfswerke. Die Stadt ist heute der Mittelpunkt eines dreijährigen Konflikts zwischen arabischen Verbündeten, unterstützt vom sunnitischen Saudi-Arabien, auf der einen Seite – sowie den vom schiitischen Iran unterstützten Huthi-Rebellen auf der anderen.
Der Kampf um die Hafenstadt könnte Experten zufolge eine katastrophale Hungersnot auslösen.
Jan Egeland, Generalsekretär des norwegischen Flüchtlingsrates, hat gesagt, dass Hunger eine Kriegswaffe ist und die Hungersnot "allein von Menschenhand" verursacht werde.
Auch westliche Nationen, die Kriegsparteien unterstützen, müssen sich ihrer Verantwortlichkeiten bewusst sein, so Egeland.
Für Bischof Hinder ist der Weg zum Frieden noch ein sehr weiter.
"Ich glaube nicht, dass jemand die Lösung in dieser schwierigen Situation hat", sagte er.
"Zunächst einmal sollte es einen nachhaltigen Waffenstillstand geben, der es ermöglicht, humanitäre Hilfe in das Land zu bringen. Zwischen den Stämmen müssen Schritte des gegenseitigen Vertrauensaufbaus unternommen werden, möglicherweise mit Hilfe von neutralen Außenstehenden."
Hinder betonte gegenüber CNA: "Die schwierige Frage ist, wie das Misstrauen überwunden und konstruktive Verhandlungen wieder aufgenommen werden können. Es wird nicht einfach sein."
Regionale und internationale Mächte werden nicht mehr als glaubwürdige Vermittler wahrgenommen, weil sie ihr Vertrauen verspielt haben, fügte der Bischof hinzu.
"Andererseits sollten wir das Potential für traditionelle Konfliktlösung unter arabischen Stämmen nicht unterschätzen", sagte Bischof Hinder.
"Schließlich zähle ich als Gläubiger auf die Kraft des Gebets. Es gibt nicht nur Christen, sondern auch viele Muslime, die beten, dass Frieden und Gerechtigkeit durch die Kraft Gottes geschenkt werden", sagte er. "Aber das erfordert Glaube und Demut – Tugenden, die allzu oft vergessen werden, wenn Gewalt herrscht."
Der Bischof sprach CNA gegenüber auch davon, dass die Weltgemeinschaft dem Krieg zu wenig Aufmerksamkeit widme.
"Manchmal konnte man sogar den Eindruck bekommen, dass der Konflikt absichtlich verschwiegen wird", sagte er. "Warum? Ich denke, dass die Kriegsparteien selbst ein Interesse daran haben, dass die Weltöffentlichkeit dem Konflikt nicht allzuviel Aufmerksamkeit schenkt. Dass Journalisten keine Einreisegenehmigungen erteilt werden, liegt nicht nur an der Sorge um ihre Sicherheit!"
Die Unterstützung der US-Regierung und anderer Nationen der Politik der saudiarabischen Regierung könnte ein weiterer Grund dafür sein, "die schmutzigen Aspekte des Krieges nicht zu untersuchen", so der schweizer Würdenträger. Es gebe auch wirtschaftliche Gewinner im Krieg, sagte er: "diejenigen, die mit Waffen handeln und diejenigen, die bereits in die Zukunft schauen, wenn sie beim Wiederaufbau des zerstörten Landes Geschäfte machen können".
Bischof Hinder sprach nicht nur über westliche Waffenlieferungen an die saudische Koalition.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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"Die Folgen des Krieges sind für die meisten Menschen verheerend, obwohl es Teile des Landes gibt, die in relativem Frieden und Sicherheit leben". Neben den tausenden Opfern der Kampfeshandlungen fordern auch Krankheiten wie Cholera und Unternährung – bis hin zu echtem Hunger, vor allem unter Kindern – ihren Tribut.
Zudem sind viele Schulen und Krankenhäuser beschädigt oder zerstört worden.
"Ein normales Leben ist für viele Menschen schwierig, wenn nicht gar unmöglich geworden. Das Land steht auch vor dem Problem der Binnenvertriebenen, die aus den gefährlichsten Regionen geflohen sind", sagte er. "Aus dem Land zu fliehen, ist für die meisten Menschen unmöglich."
Christen kehrten Mitte des 19. Jahrhunderts in den Jemen zurück. In den drei Ländern des Vikariats von Bischof Hinder gibt es über 900.000 Katholiken. Die Gesamtbevölkerung beträgt etwa 43 Millionen, heißt es auf der Website des Vikariats. Die Katholiken haben nur 16 Pfarreien, 18 Diözesanpriester und 49 Ordensleute.
"Die meisten Katholiken wissen nicht einmal, dass es im Jemen Christen gibt, auch wenn diese eine winzige Minderheit sind", sagte der Bischof.
Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original von AC Wimmer.
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