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Ein Deutscher verwandelt ein mexikanisches Bauerndorf durch Sonnenreflektoren

Inmitten der Kakteen-Landschaft hat Gregor Schäpers seine Reflektoren angebaut. 300 Sonnentage im Jahr werden hier ausgenutzt.

Gregor Schäpers aus Xanten krempelt die Ärmel hoch und bearbeitet mit Schmackes den Hefeteig, während draußen in der mexikanischen Halbwüste die Kakteen der Mittagshitze trotzen. Dann, als der Kuchen mit Apfelmus bestrichen im Ofen verschwindet, kommt die Sonne zum Einsatz: Der Ofen wird solar betrieben.

Möglich wird das durch einen Scheffler-Reflektor, der vor Schäpers Küchenfenster steht. Er konzentriert das Sonnenlicht auf einen Punkt, der einen Eisenkern aufheizt und damit genügend Wärme erzeugt, dass eine mehrköpfige Familie davon tagsüber Kochen oder Backen kann. Mit solchen Reflektoren will Schäpers seine Wahlheimat, das Valle de Mezquital, ins 21. Jahrhundert katapultieren. Die Gegend liegt nur drei Stunden von Mexiko-Stadt entfernt, gehört jedoch wegen ihrer kargen Böden zu den armen Teilen des Landes. Die Menschen leben von Viehzucht, etwas Tourismus und dem Anbau von Agaven, die als Nahrungsmittel, Viehfutter, als Rohmaterial für Sirup oder das traditionelle Agavenbier „Pulque“ dienen. Es regnet selten – ideale Voraussetzung für Schäpers Reflektoren.

Gebaut hat er sie in einer Werkstatt, die vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat und dem Bistum Münster mitfinanziert wurde, und deren Ursprung auf eine Bistumspartnerschaft aus den 1960er-Jahren zurückgeht. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils lernten sich die damaligen Bischöfe aus Münster und Tula kennen und beschlossen, in Cardonal im Mezquital-Tal, ein Sozialzentrum aufzubauen. Geleitet wurde es von zwei Canisianerbrüdern aus Münster, die Pastoral- und Entwicklungsarbeit vereinten. In der angeschlossenen Werkstatt entwarfen sie Modelle für Kirchen und für Landmaschinen. Neben der Seelsorge, wurden auch Webereien, Schweinezuchten und Nähereien aufgebaut. Schäpers kam in den 1990er-Jahren über den Freiwilligendienst des Bistums Münster nach Cardonal und war beeindruckt von dem Wandel, den die Kirche bewirkt hatte. Nach seinem Studium der Regionalwissenschaften Lateinamerika kehrte er zurück, heiratete im Jahr 2006 eine Mexikanerin und gründetet seine eigene Firma „Trinysol“. 2016 übernahm er die Werkstatt, als die Brüder sich altersbedingt zurückziehen mussten. 

„Jetzt gilt es, in die Zukunft zu blicken“, sagt der 44-jährige Familienvater. Solar-Warmwasserboiler und Scheffler-Reflektoren waren die ersten Produkte, die seine Firma „Trinysol“ fertigte. Noch immer stehen sie bei vielen Hotels der Gegend auf dem Dach. Heute aber macht ihm die billigere Konkurrenz aus China zu schaffen. Deshalb setzt er nun auf solares Kochen und die Scheffler-Paneele, die das ermöglichen. Sie wirken wie überdimensionale Satellitenschüsseln und geben der von Schafen und Kakteen dominierten Wüstenlandschaft einen futuristischen Anstrich. Ihr Prinzip, die Energie der Sonnenstrahlen auf einen Punkt zu bündeln, ist simpel. In Indien sind sie in Großküchen auf dem Land im Einsatz. Schäpers hat sie verfeinert und experimentiert mit unterschiedlichen Materialien für die kleinen Spiegel. Solares Kochen und Destillieren ist für ihn ein Quantensprung weg von fossilen Energien. Kunden sieht er vor allem im Mittelstand – in Bäckereien und Tortilla-Fabriken, in Käsereien oder auch Tequilabrennereien, von denen es im Umkreis und im sonnenreichen Mexiko viele gibt. Gelänge es, in der Region eine Solar-Ökonomie zu etablieren, könnte das Valle de Mezquital zu einem Vorreiter werden.

„Diese Technologie schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe“, sagt Schäpers: Solarenergie ist sauber, kostengünstig und vermindert den Brennholzbedarf. So wird der Mittelstand in der Region gestärkt und die einmalige Kakteen-Kulturlandschaft kann erhalten und gleichzeitig wirtschaftlich genutzt werden. Außerdem schaffe die neue Technologie Arbeitsplätze.

In der ehemaligen Werkstatt der Canisianer sind derzeit 15 Angestellte beschäftigt. Einer von ihnen ist Don Cutberto Romero. Seit 1993 arbeitet er hier als Dreher und konnte damit seinen drei Söhnen ein Studium ermöglichen. „Die Werkstatt ist einmalig in der Region, ohne sie wären wir kaum so weit gekommen“, sagt Romero. In der Solarenergie sieht er die Zukunft für Mexiko. „Wir haben über 300 Sonnentage im Jahr, es wäre doch dumm, das nicht zu nutzen“, sagt der 55-Jährige. Eine Solarküche findet er nicht abwegig. Seit zehn Jahren hat er daheim einen Solar-Warmwasserboiler von „Trinysol“ auf dem Dach. „Nie hatte ich damit ein Problem. Es ist halt deutsch-mexikanische Wertarbeit“, meint er schmunzelnd. 

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