Heute, am 16. April 2022, denken viele von uns in großer Dankbarkeit an den emeritierten Papst Benedikt XVI., der verborgen vor der Welt seinen 95. Geburtstag begeht. Wer mit der Theologie ein wenig vertraut ist, kann die tiefe Bedeutung und geistlichen Dimensionen seines reichhaltigen Schrifttums erahnen. Einfach gläubige Katholiken auf der ganzen Welt werden besonders heute für ihren hochverehrten Papa Benedetto beten und ihm Gottes reichen Segen wünschen. Die Enzykliken seines Pontifikates reichen weit über sein Pontifikat hinaus – und wenn wir heute damit beginnen, „Lumen fidei“  zu würdigen, so tun wir das im Wissen darum, dass diese Enzyklika ein Beispiel ist für die Brücke, die zwischen den römischen Brückenbauern Benedikt und Franziskus besteht.

Bekannt ist, dass der Text weithin abgefasst war, als Benedikt auf das Petrusamt verzichtete, und dass sein Nachfolger die Enzyklika abschloss und am 29. Juni 2013 publizierte. Papst Franziskus sprach von einem „vierhändig“ verfassten Lehrschreiben – und so scheint es nur würdig und recht, in dieser Reihe von Beiträgen zu den Enzykliken Benedikts auch „Lumen fidei“ zu betrachten. In der Enzyklika schreibt Franziskus: „Er hatte eine erste Fassung einer Enzyklika über den Glauben schon nahezu fertig gestellt. Dafür bin ich ihm zutiefst dankbar. In der Brüderlichkeit in Christus übernehme ich seine wertvolle Arbeit und ergänze den Text durch einige weitere Beiträge.“ Wie nötig ist es, in unserer Zeit das Licht des Glaubens zu suchen, zu bedenken und zu betrachten, in all den Finsternissen, die uns in der Welt umgeben oder die in unser Leben hineinreichen. So handelt es sich auch um eine wahrhaft österliche Enzyklika, die Hoffnung und Zuversicht spendet. Wir sehen so viele Irrlichter in der Welt, aber auch in der Kirche, dass wir uns auf Christus, das wahre Licht, gläubig ausrichten dürfen, seinen Tod verkünden und seine Auferstehung preisen. Jesus Christus hat sich selbst als das Licht bezeichnet. Das „Licht des Glaubens“ so lesen wir, ist das „große Geschenk“ für eine „lichthungrige Welt“.

Das natürliche Licht, die Sonne, genügt nicht, denn „ihr Strahl vermag nicht bis in den Schatten des Todes vorzudringen, dorthin, wo das menschliche Auge sich ihrem Licht verschließt“. Der gläubige Mensch wird sehend. Anders als Zeitgenossen, die absolut auf die Philosophie der Aufklärung setzen und mit einer weltlichen Vernunft die Welt vermessen und gestalten wollen, sehnt sich der gläubige Christ nach dem österlichen Licht. Der Glaube an Christus schenkt das „Bewusstsein eines weiten Horizonts“: „Wer glaubt, sieht; er sieht mit einem Licht, das die gesamte Wegstrecke erleuchtet, weil es vom auferstandenen Christus her zu uns kommt, dem Morgenstern, der nicht untergeht.“

Wie traurig ist es doch, wenn Menschen sich von Gott und der Kirche abwenden, weil sie den Schatz des Glaubens für eine trügerische Illusion halten. Verborgen sehnt sich die eine und der andere doch noch nach dem wahren Licht und sucht mitten in dieser Welt nach Hoffnungszeichen. So werden die Einwände benannt, dass der Glaube nicht recht in die „neuen Zeiten“ passen würde und „nutzlos“ sei für den „erwachsen gewordenen Menschen, der stolz ist auf seine Vernunft und die Zukunft auf neue Weise erforschen möchte“: „In diesem Sinn erschien der Glaube als ein trügerisches Licht, das den Menschen hinderte, sich wagemutig auf die Ebene des Wissens zu begeben.“

Der Glaube steht nach Meinung derer, die sich für aufgeklärt halten, nicht nur für ein trügerisches Licht, sondern auch für eine tückische Licht-Illusion. Aber steht der Glaube etwa dem Suchen nach Wahrheit entgegen? Erweist sich die gläubige Zuversicht als Irrtum? „In diesem Prozess wurde der Glaube am Ende mit der Dunkelheit in Verbindung gebracht. Man meinte, ihn bewahren zu können, einen Raum für ihn zu finden, um ihm ein Miteinander mit dem Licht der Vernunft zu ermöglichen. Der Raum für den Glauben öffnete sich da, wo die Vernunft kein Licht zu bringen vermochte, wo der Mensch keine Sicherheiten mehr erlangen konnte. So wurde der Glaube wie ein Sprung ins Leere verstanden, den wir aus Mangel an Licht vollziehen, getrieben von einem blinden Gefühl; oder wie ein subjektives Licht, das vielleicht das Herz zu erwärmen und einen persönlichen Trost zu bringen vermag, sich aber nicht den anderen als objektives und gemeinsames Licht zur Erhellung des Weges anbieten kann.“ Wir sehen indessen auch immer wieder, dass die Kritik an Glaubensweisen berechtigt sein kann. Natürlich gibt es frömmlerischen Kitsch, der die Wahrheit Gottes eher verdunkelt als erhellt, und süßlich-sentimentale Botschaften, die als gläubig ausgegeben werden. Aber der Glaube selbst trügt nicht, sondern schenkt das Licht. In gläubigen Menschen, etwa in den Heiligen, strahlt das Licht des Glaubens auf. Es reicht weiter als „Licht der eigenständigen Vernunft“, die neue Dunkelheit schafft und den Menschen „in der Angst vor dem Unbekannten“ zurücklässt.

Wir sehen gegenwärtig, wie viele sich dem Glauben entfremdet haben, und wir bezeugen auch – nicht nur, aber gerade in Deutschland –, dass Amtsträger der Kirche oft die Botschaft verdunkeln, die zu verkündigen sie bestellt sind. Wir erleben auf eine traurige Weise, dass selbst Bischöfe sich berufen fühlen, den Katechismus umzuschreiben und die Lehre der Kirche zu verändern. Benedikt – und Franziskus macht sich seine Worte zu eigen – schreibt: „Und so hat der Mensch auf die Suche nach einem großen Licht, nach einer großen Wahrheit verzichtet, um sich mit kleinen Lichtern zu begnügen, die den kurzen Augenblick erhellen, doch unfähig sind, den Weg zu eröffnen. Wenn das Licht fehlt, wird alles verworren, und es ist unmöglich, das Gute vom Bösen, den Weg, der zum Ziel führt, von dem zu unterscheiden, der uns richtungslos immer wieder im Kreis gehen lässt.“ Wir leben in einer Diktatur des Relativismus, in einer Zeit der Orientierungslosigkeit, aber wenn wir treu zur Kirche stehen und dem Licht des Glaubens trauen, so dürfen wir getrost sein, denn wir sind geliebt, gewollt und gebraucht, geborgen in Gottes Liebe. Diesen Glauben bezeugt Benedikt XVI. bis heute. Er ist und bleibt für uns als Beter ein Vorbild.

So legt er Zeugnis ab vom Licht des Glaubens: „Der Glaube keimt in der Begegnung mit dem lebendigen Gott auf, der uns ruft und uns seine Liebe offenbart, eine Liebe, die uns zuvorkommt und auf die wir uns stützen können, um gefestigt zu sein und unser Leben aufzubauen. Von dieser Liebe verwandelt, empfangen wir neue Augen, erfahren wir, dass in ihr eine große Verheißung von Fülle liegt, und es öffnet sich uns der Blick in die Zukunft.“

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