Wer glaubt, ist nie allein – dieses Motto bezeichnete die Apostolische Reise Benedikts XVI. nach Bayern im Jahr 2006. Über die Gemeinschaft im Glauben, mit Gott und untereinander, ist auch in der gemeinsam mit Papst Franziskus verfassten Enzyklika „Lumen fidei“ die Rede. Dort heißt es etwa: „Der Glaube offenbart, wie fest die Bande zwischen den Menschen sein können, wenn Gott in ihrer Mitte gegenwärtig wird. Der Glaube ruft nicht nur eine innere Festigkeit wach, eine feste Überzeugung des Glaubenden; er erleuchtet auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, weil er aus der Liebe kommt und der Dynamik der Liebe Gottes folgt.“ Gottes Liebe schenkt Dynamik und stiftet Einheit, aus ihr leuchten der Sinn und die Güte des Lebens hervor: „Das Licht des Glaubens ist in der Lage, den Reichtum der menschlichen Beziehungen zur Geltung zu bringen sowie ihre Fähigkeit, bestehen zu bleiben, verlässlich zu sein und das Leben in Gemeinschaft zu bereichern. Der Glaube entfernt nicht von der Welt und steht dem konkreten Einsatz unserer Zeitgenossen nicht unbeteiligt gegenüber. Ohne eine verlässliche Liebe könnte nichts die Menschen wirklich geeint halten. Die Einheit zwischen ihnen wäre nur denkbar als eine Einheit, die auf Nützlichkeit, auf die Zusammenlegung der Interessen oder auf Angst gegründet ist, aber nicht auf das Gut des Miteinanders und auf die Freude, die die bloße Gegenwart des anderen hervorrufen kann. Der Glaube macht die Strukturen der menschlichen Beziehungen einsichtig, weil er deren Urgrund und letzte Bestimmung in Gott, in seiner Liebe erfasst.“

So oft erscheint diese Welt lieblos, zerrissen und fern von Gott. Strahlt in unseren Beziehungen das Licht des Glaubens auf? Wie ist es um den Glauben in den Familien bestellt? Benedikt und Franziskus schreiben – wie könnte es anders sein – über die „dauerhafte Verbindung von Mann und Frau in der Ehe“. Die Päpste betonen mit großer Selbstverständlichkeit und sehr bewusst die „Anerkennung und Annahme des Gutes der geschlechtlichen Verschiedenheit“. So könnten die Ehepartner „ein Fleisch werden“. Sie sind fähig, „neues Leben zu zeugen, das Ausdruck der Güte des Schöpfers, seiner Weisheit und seines Plans der Liebe ist“: „Auf diese Liebe gegründet, können sich Mann und Frau mit einer Geste, die ihr ganzes Leben mit einbezieht und in vielen Zügen an den Glauben erinnert, die gegenseitige Liebe versprechen. Eine Liebe zu versprechen, die für immer gilt, ist möglich, wenn man einen Plan entdeckt, der größer ist als die eigenen Pläne, der uns trägt und uns erlaubt, der geliebten Person die ganze Zukunft zu schenken. Der Glaube hilft auch, die Zeugung von Kindern in ihrer ganzen Tiefe und ihrem ganzen Reichtum zu erfassen, da er darin die Schöpferliebe erkennen lässt, die uns das Geheimnis eines neuen Menschen schenkt und anvertraut.“ Wachstum und Reifung im Glauben beginnen in der Familie, in der Kindheit. Es sei wichtig, dass die Eltern den Glauben in der Familie praktizieren – ein schönes Beispiel ist, wenn sich die Familie jeden Tag zum Gebet versammelt und sonntags gemeinsam die heilige Messe mitfeiert: „Christus zu begegnen und sich von seiner Liebe ergreifen und führen zu lassen weitet den Horizont des Lebens und gibt ihm eine feste Hoffnung, die nicht zugrunde gehen lässt. Der Glaube ist nicht eine Zuflucht für Menschen ohne Mut, er macht vielmehr das Leben weit. Er lässt eine große Berufung entdecken, die Berufung zur Liebe, und er garantiert, dass diese Liebe verlässlich ist und es wert ist, sich ihr zu übereignen, da ihr Fundament auf der Treue Gottes steht, die stärker ist als all unsere Schwäche.“

Wir sind aber – nicht nur, aber besonders heute – dem Glaubensschwund, der Verdunstung des Glaubens ausgesetzt, und wir sehen aus eigener Anschauung, wie sehr in aktuellen Debatten und Diskursen in der Kirche die Gottesfrage förmlich nivelliert wird. Wo ist noch von Gott die Rede? Mit dem Glauben schwinden auch die „Grundlagen des Lebens“ dahin, die Beliebigkeit herrscht vor und damit gerät alles aus den Fugen. Was also ist uns aufgetragen? Der Glaube – das wissen wir alle durch die Erfahrung unseres eigenen Lebens – hebt das Leid nicht auf, aber er kündet von Liebe und Hoffnung, die uns geschenkt ist und die zu bezeugen wir bestellt sind: „Der Glaube ist nicht ein Licht, das all unsere Finsternis vertreibt, sondern eine Leuchte, die unsere Schritte in der Nacht leitet, und dies genügt für den Weg.“ Über diesen Weg des Glaubens haben Benedikt XVI. und Franziskus in der Enzyklika, die viele wertvolle Anregungen und Gedanken auch für uns heute bietet, nachgedacht. Der Glaube der Kirche dient nicht einer weltlichen Daseinsverschönerung. Doch mit der Kirche glaubend und ihr folgend lernen wir den Sinn unseres Lebens kennen. Wir wissen, dass die Kirche des Herrn weder ein Museum für abendländische Kulturgeschichte noch eine gesellschaftliche Fortschrittspartei ist, sondern der Leib Christi, das Volk oder die Familie Gottes, die alle Zeiten und Orte umschließt und der wir mit Leib und Seele angehören dürfen. Enzykliken sind auch immer Einladungen, über den Glauben nachzudenken und diesen zu vertiefen. Die päpstlichen Lehrschreiben sind kostbare Geschenke, für uns und für alle, die nicht oder noch nicht glauben, aber glauben möchten. Der geistliche Reichtum der Enzykliken Benedikts XVI. wird nach und nach entdeckt werden – und wir alle sind eingeladen, uns von diesen tiefgründigen Gedanken und oft doch ganz einfachen Worten von innen her bereichern zu lassen. Die Lehrschreiben stärken und festigen uns auf dem Weg zu Gott.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.

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