Das Konvolut der Texte, die in diesen Tagen auf der vierten Vollversammlung des „Synodalen Weges“ in Frankfurt am Main diskutiert werden, wurde im Vorfeld theologisch und publizistisch erörtert, aber von den meisten einfach gläubigen Katholiken sicher auch schlicht, vielleicht sogar gelassen ignoriert.

Berechtigterweise können, dürfen und müssen sich Leser, die im Credo der Kirche verwurzelt sind, über die Agenda empören. Insbesondere die Instrumentalisierung des Zweiten Vatikanischen Konzils stimmt verdrießlich – ständig werden Begriffsfiguren aus den Konstitutionen und Dokumenten zitiert, ständig wird die Lehre des Konzils machtbewusst und selbstgewiss umgedeutet. Den „Zeichen der Zeit“ etwa wird ein Offenbarungscharakter zuerkannt. Letztlich sogar scheuen sich die Autoren der Texte nicht, den Namen Gottes selbst, also den Namen des Herrn der Kirche, für ihre eigenen Ideen zu instrumentalisieren.

Ein einziges Beispiel allein aus dem verstörenden Handlungstext gegen den Zölibat sei genannt:

Auch die Tatsache, dass der über lange Zeit wertvolle Dienst von Pfarrhaushälter*innen, die im Pfarrhaus mit den Priestern wohnen, fast nicht mehr vorkommt, hat Folgen, die es zu bedenken gilt. … Unsere Unruhe bezüglich des Zölibats betrifft also nicht die Ehelosigkeit an sich. Sie betrifft die Frage, ob diese Ehelosigkeit von allen bejaht werden muss, die Priester werden wollen, oder ob es nicht doch verschiedener Wahlmöglichkeiten bedarf. Innere Unruhe wie innere Ruhe sind in der Tradition der Unterscheidung der Geister Anzeichen, die ernst genommen werden müssen. Sie wollen unterschieden werden, weil Gott durch sie und in ihnen wirken kann. Kann es sein, dass Gott uns durch diese Unruhe auf etwas hinweisen will? … Die Missbrauchskrise hat uns gelehrt, dass der verpflichtende Zölibat dazu führen kann, überproportional viele Männer anzuziehen, die sich ihrer Sexualität, ihrer sexuellen Identität und Orientierung unsicher sind und die Auseinandersetzung damit vermeiden wollen. Der regressiv-unreife Typus als dritte Gruppe von Beschuldigten sexueller Übergriffe weist diese Merkmale auf. Daraus zieht die MHG-Studie den Schluss, dass die Verpflichtung zum Zölibat – nicht der Zölibat an sich – durch diese und andere Konstellationen sexuellen Missbrauch begünstigen könnte.

Das ist maßlos und verstörend. Ein solche Anmaßung allein zeigt die Entfremdung an, von Gott und seiner Kirche. Aus solchen Formulierungen spricht nicht nur die Instrumentalisierung der Missbrauchsfälle für sogenannte Reformideen, sondern insgesamt der maßlose synodale Hochmut, ob absichtlich vorgebracht oder nicht – und auch ein Mangel an Demut ist offensichtlich.

Wir dürfen, so schreibt Romano Guardini 1932 in dem meditativen Buch „In Spiegel und Gleichnis“, die „christliche Existenz“ nicht als selbstverständlich sehen. In seiner Zeit sagte er, die Welt rüste sich dazu, wieder Welt zu werden, sich neu zu verweltlichen und sich vollständig dem anzupassen, was in der Welt ist. Dem Christsein wurde als „letzter Maßstab die Kindlichkeit gegeben“, und zwar „von Gott her, als Ziel und Erfüllung“.

Die synodalen Konstrukteure denken ambitioniert und gestalterisch. Sie wollen die Kirche verändern, und ja – sie wollen eine neue, andere Kirche in dieser Zeit bauen. Sie verkünden nicht das Evangelium, sondern ihre eigene Botschaft.

Romano Guardini, der große, sensible Theologe, erinnert an die Anfänge des Christentums: „Welcher Unterschied der Welten! Dort römische Kraft, griechische Herrlichkeit, antikes Spüren göttlichen Geheimnisses in irdischer Größe, Bewegung des Genius – hier, in den Katakomben, nichts von alledem. Alles kärglich, oft barbarisch im Vergleich zu jenen Gestaltungen; kleine Leute und kleiner Leute Werk. Und dennoch wirkt etwas darin, das anderswoher kommt, das Pneuma; und etwas Neues rührt sich, das von Christi Liebe berührte Menschenherz.“

Wer die zur Diskussion und Abstimmung stehenden Texte des Synodalen Weges liest, spürt nichts davon. Es ist bloß eine deutschkatholische Kraft und Herrlichkeit, die darin zum Ausdruck kommt, nicht aber das Pneuma, nicht Christi Liebe, nicht die Wahrheit des Glaubens, nach der so viele Menschen noch heute sich sehnsüchtig ausstrecken. Die Kindlichkeit des Glaubens könnten auch wir wiederentdecken, um die Kirche zu lieben und uns von ihr formen und gestalten zu lassen.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gastautoren wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.

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