Nur wenige erinnern sich heute, 60 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, dass eines der Ergebnisse dieses monumentalen Ereignisses der Rat der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) war.

Der CCEE entstand aus einer Diskussion der europäischen Bischöfe auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Seine Geschichte ist heute die einer kirchlichen Institution, welche die Geschichte Europas miterzählt.

Was zunächst ein informelles Netzwerk von Bischöfen war, wurde von Papst Paul VI. formell etabliert.

Die Idee des CCEE entstand aus einer "einfachen Notiz" von Msgr. Roger Etchegaray, dem damaligen Generalsekretär der französischen Bischofskonferenz.

Dieses maschinengeschriebene Dokument, das sich über zwei kurze Seiten erstreckte, umfasste mehrere kurze Punkte und fasste die Gedanken jener Tage zusammen.

Die Notiz gab den Anstoß zur Gründung des Rates der europäischen Bischofskonferenzen, eines Netzwerks der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen, das sich heute um ein geeintes und sichtbares Europa aus christlicher Sicht bemüht, vom Atlantik bis zum Uralgebirge.

Das Konzil als Ort der Begegnung

Als Papst Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil ankündigte, vertrat er die Vision eines Ortes der Begegnung, der den Austausch und das Engagement fördern sollte.

Dieser Brückenbauer, der zuvor Apostolischer Delegat in Bulgarien und der Türkei und Nuntius in Paris war, verstand den Traum des europäischen Humanismus wie kaum ein anderer.

Johannes XXIII. betrachtete ein ökumenisches Konzil auch als eine Gelegenheit zur Begegnung, zur Erneuerung der Kirche von Grund auf, aber nicht – und das ist eine wichtige Tatsache – in einem politischen oder lehrmäßigen Sinne.

Es ging nicht darum, die heilige Lehre zu ändern, sondern die Kirche über Mauern und Trennungen hinweg neu aufzubauen, sie mit der Welt im Licht des Evangeliums zu versöhnen: eine Welt, in der die Kirche allen gehören kann und alle zur Kirche gehören können.

In diesem offenen Klima gab es Raum für viele Begegnungen rund um die vier Sitzungsperioden des Konzils. Hier, in diesem Raum, entstand eine wirklich synodale Kirche. Für die europäischen Bischöfe gab es Raum für Begegnungen, Meinungsaustausch und Erfahrungsaustausch.

Europa zu jener Zeit

Es war eine Zeit des Aufruhrs in Europa. Das Zweite Vatikanische Konzil half mit neuen Ideen.

1965 schickten die polnischen Bischöfe einen Versöhnungsbrief an die deutschen Bischöfe. Der Brief wurde von Kardinal Boleslaw Kominek verfasst, der selbst aus Schlesien stammte und Erzbischof von Breslau war.

Überall auf dem Kontinent entstanden zahlreiche neue Initiativen:

  • Es gab die Bewegung der "Arbeiterpriester", vor allem in Frankreich und Belgien.
  • Es gab die Entwicklung der ökumenischen Bewegung, welche die von Jesus Christus gewünschte Einheit anstrebte.
  • Es gab die Erfahrung der so genannten "Kirchen des Schweigens" jenseits des Eisernen Vorhangs.
  • In diesem Klima ergriff der französische Kleriker und spätere Kardinal Etchegaray die Initiative.

Etchegaray war der Organisator des ersten Gebetstreffens der Religionen in Assisi. Er ebnete den Weg für eine päpstliche Reise nach Kuba Ende der 1980er-Jahre, und Papst Johannes Paul II. schickte den erfahrenen Diplomaten in den Irak, um den zweiten Golfkrieg zu verhindern.

Wie eine "einfache Notiz" den CCEE inspirierte

Die Notiz Etchegarays ist auf den 4. November 1965 datiert. Auf diesen zwei Seiten hebt der Geistliche die Vielfalt des Austauschs hervor, der in Europa stattfand.

Er unterstrich die sich aus verschiedenen Gesprächen ergebende Notwendigkeit, die pastorale Zusammenarbeit zwischen den europäischen Bischofskonferenzen zu suchen.

Etchegaray schrieb, dass die Note "keinen Anspruch auf Vollständigkeit" erhebe und auch nicht "exklusiv" sein wolle. Er hoffte, dass "eine echte Anstrengung" unternommen werden könne, um so viele Bischofskonferenzen auf dem ganzen Kontinent wie möglich zu interessieren.

Europa wurde hier als geografische – nicht als politische – Einheit betrachtet, vom Atlantik bis zum Uralgebirge.

Die Anregung zu einer solchen Initiative wurde durch ein Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils ermöglicht.

In dem Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Hirtenamt der Bischöfe in der Kirche, Christus dominus, heißt es: "Wo immer es die besonderen Umstände erfordern, können die Bischöfe vieler Nationen mit Zustimmung des Apostolischen Stuhls eine einzige Konferenz einrichten."

In einer, wie er es nennt, "pastoralen Notiz", denkt Etchegaray an "zwei praktische Maßnahmen": Erstens die Einrichtung einer gemischten Kommission mit delegierten Bischöfen und zweitens einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den Bischofskonferenzen.

Etchegaray gab auch einen Überblick über die Situation in Europa zu dieser Zeit.

Er verwies auf die Entstehung der europäischen Institutionen nach dem Zweiten Weltkrieg und die Schaffung europäischer Beamter. Er schrieb, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer eine "Vervielfachung des europäischen Handels" ermöglichen würde, aber dass 45 Millionen "Europäer, die ständig unterwegs sind", auch ein "Europa der Ferien" schaffen würden, das nicht unterschätzt werden dürfe.

In dieser "suggestiven" Notiz – wie Etchegaray an anderer Stelle schreibt – ist auch die Intuition enthalten, dass der europäische Rundfunk zur europäischen Kultur beitrage, zusammen mit den sogenannten europäischen Schulen, die an verschiedenen Orten entstanden sind, darunter Luxemburg, Italien und Belgien.

Die Notiz ist fast prophetisch im Hinblick auf einige der sozialen und politischen Herausforderungen, die sich stellen.

Es ist die Rede von "menschlichen, sozialen und religiösen Problemen, die sich aus der Migration von Arbeitnehmern ergeben". Es wird auf Probleme hingewiesen, die sich aus einem "zeitgenössischen Atheismus, der aus einer technischen Zivilisation entstanden ist", ergeben. Und wieder erwähnte Etchegaray den "Tourismus und die Vermischung der Völker" sowie andere Faktoren.

Etchegaray hob auch die "Chancen und Risiken der zunehmend massiven Präsenz der muslimischen Welt im christlichen Europa" hervor.

Das war damals ein innovativer Gedanke – und ist heute außerordentlich aktuell.

Gleichzeitig listet Etchegaray eine Reihe von europäischen Initiativen auf, die sich in jenen Jahren bereits entwickelt hatten, von Gesprächen und Symposien zu so unterschiedlichen Themen wie Kirchengemeinden und Tourismus bis hin zum Katholischen Informationsbüro für europäische Probleme in Straßburg, Frankreich.

Dies alles waren Ausgangspunkte für eine "konzertierte Seelsorge", schrieb Etchegaray.

Gleichzeitig warnte der französische Geistliche davor, "einen Überbau zu schaffen" und alles in die Perspektive der Weltkirche zu stellen.

Die Wurzeln und die Rolle des CCEE

Nach dieser Notiz fanden eine Reihe von Treffen statt, bis Papst Paul VI. 1971 dem Rat der europäischen Bischofskonferenzen eine institutionelle Form gab.

In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat der CCEE dazu beigetragen, Bischöfen aus ganz Europa in Zeiten großer Krisen, aber auch großer Inspiration eine Stimme zu geben.

Die heutige Präsenz des CCEE zeigt, dass die zahlreichen Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils durch gelungene Begegnungen und durch aufrichtig an der Evangelisierung interessierte Seelsorger ermöglicht wurden.

Das Europa von heute ist ganz anders als das Europa zur Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils. Es war eine einfache Notiz, der nicht aus den formellen Sitzungen des Konzils, sondern aus den informellen Begegnungen jener Jahre stammte, der dazu beitrug, dass diese wichtige Institution heute eine Rolle spielt, indem sie an der Erzählung der Geschichte Europas teilhat.

Übersetzt und redigiert aus dem Original von Catholic News Agency, der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.

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