Am 5. Mai 1980 – im Pontifikat von Johannes Paul II. und mit dessen ausdrücklicher Zustimmung – publizierte die Glaubenskongregation unter dem Präfekten Kardinal Franjo Seper eine Erklärung zur Euthanasie. Zu Beginn wird darauf verwiesen, dass gemäß der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ – hierzulande oft selektiv zitiert und mutmaßlich absichtlich missverstanden – „jede Art Mord, Völkermord, Abtreibung, Euthanasie und auch der freiwillige Selbstmord“ (GS 27) als unvereinbar mit der Lehre der Kirche kategorisch „angeprangert“ und somit nicht nur missbilligt, sondern auch verurteilt werden.

Die Reihung mag lebensweltlich orientierte Leser heute verwundern, aber so und nicht anders lauten die Bezeichnungen der verbindlich gültigen kirchlichen Lehre. Die Glaubenskongregation nennt solche Taten „Anschläge gegen das Leben“. Zu jener Zeit – 1980 und heute um nichts weniger – wird das hedonistische Lebensgefühl zunehmend dominant, die „grundlegenden Werte des menschlichen Lebens“ werden bezweifelt und die „Bewertung von Tod und Schmerz“ verändert sich. Verständlicherweise wird auch angesprochen, dass aus dem Fortschritt der Medizin sich moralische Fragen ergeben und die Heilkunst bisweilen die Frage nach dem „Sinn eines extrem hohen Alters und des Todes“ aufkommen lässt: „Es versteht sich, daß sie in der Folge auch die Frage stellen, ob sie das Recht haben, sich selber oder ihren Angehörigen einen „gnädigen Tod“ zu verschaffen, der die Leiden abkürzen könnte und der nach ihrer Ansicht der Würde des Menschen besser entspreche.“ Auf die Fragen von mehreren Bischofskonferenzen antwortet die Glaubenskongregation.

Wer seine Hoffnung aus Christi Leben, Tod und Auferstehung schöpft, bekennt mit dem hl. Apostel Paulus: „Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn“ (Röm 14,8). Auch Andersgläubige würden, so Kardinal Seper, die „erhabene Würde“ der menschlichen Person achten, in Hinsicht auf den Glauben an Gott als den „Schöpfer und Herrn des Lebens“. Ebenso könne die Erklärung Zustimmung bei „allen Menschen guten Willens“ finden, ungeachtet der jeweils herrschenden Philosophien oder Ideologien: „Da es sich hier um fundamentale Rechte handelt, die jeder menschlichen Person zukommen, darf man sich keineswegs auf Argumente aus dem politischen Pluralismus oder der Religionsfreiheit berufen, um die universale Geltung dieser Rechte zu leugnen.“

Bevor über Euthanasie gesprochen werde, gelte es, den „Wert des menschlichen Lebens“ zu betonen. Das menschliche Leben sei die „Grundlage aller Güter und zugleich die notwendige Quelle und Vorbedingung für alle menschliche Tätigkeit sowie auch für jegliches gesellschaftliche Zusammensein“: „Während die meisten Menschen das menschliche Leben als etwas Heiliges betrachten und zugeben, daß niemand darüber nach Willkür verfügen darf, so vermögen die an Christus Glaubenden in ihm noch etwas Höheres zu erkennen, nämlich das Geschenk der Liebe Gottes, das sie bewahren und fruchtbar machen müssen.“ Darum dürfe niemand das „Leben eines unschuldigen Menschen angreifen“ – ob geboren oder ungeboren –, „ohne damit der Liebe Gottes zu ihm zu widersprechen und so ein fundamentales unverlierbares und unveräußerliches Recht zu verletzen, ohne also ein äußerst schweres Verbrechen zu begehen“.

Der Schwangerschaftsabbruch wird strafrechtlich in Deutschland etwa als „Vergehen“ angesehen. Gemeint ist in der Erklärung der Kongregation aber nicht die horizontale Rechtslage, sondern die vertikale Dimension. Das also sind Handlungen vor den Augen Gottes und wider dessen Willen. Die Glaubenskongregation bekräftigt: „Jeder Mensch muß sein Leben nach dem Ratschluß Gottes führen. Es ist ihm als ein Gut anvertraut, das schon hier auf Erden Frucht bringen soll, dessen volle und endgültige Vollendung jedoch erst im ewigen Leben zu erwarten ist.“

Freitod oder Selbstmord seien nicht zu rechtfertigen. Ein solches Tun bedeute die „Zurückweisung der Oberherrschaft Gottes und seiner liebenden Vorsehung“: „Selbstmord ist ferner oft die Verweigerung der Selbstliebe, die Verleugnung des Naturinstinktes zum Leben, eine Flucht vor den Pflichten der Gerechtigkeit und der Liebe, die den Nächsten, den verschiedenen Gemeinschaften oder auch der ganzen menschlichen Gesellschaft geschuldet werden – wenn auch zuweilen, wie alle wissen, seelische Verfassungen zugrunde liegen, welche die Schuldhaftigkeit mindern oder auch ganz aufheben können.“ Unterschieden vom Selbstmord wird jedes Lebensopfer, das aus einem „übergeordneten Grund“ erbracht werde, wie „Gottes Ehre, das Heil der Seelen oder der Dienst an den Brüdern“. Festzuhalten bleibt, dass der freiwillige und bewusst herbeigeführte Suizid, etwa aus Lebensüberdruss, dem Grundsatz nach nicht vereinbar ist mit der Lehre der Kirche und dem Evangelium Jesu Christi.

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