Wie sollte eine gute Familienpastoral in der römisch-katholischen Kirche heute aussehen – natürlich auch in der Kirchenprovinz Deutschland? Die Kirche, so Johannes Paul II. in „Familiaris consortio“, begleitet die christliche Familie auf ihrem Weg. Er schreibt: „Im Licht des Glaubens und aus der Kraft der Hoffnung nimmt auch die christliche Familie gemeinsam mit der Kirche an der Erfahrung des irdischen Pilgerweges teil, der auf die volle Offenbarung und Verwirklichung des Reiches Gottes hinführt.“

Wichtig sei es, dass das pastorale Bemühen nicht auf die christlichen Familien im nahen Umfeld beschränkt sei. Der Horizont solle nach dem „Maßstaß des Herzens Jesu“ ausgeweitet werden, damit müsse sich die Kirche besonders um jene Familien bemühen, „die sich in einer schwierigen oder irregulären Lage befinden“: „Ihnen allen schenkt die Kirche ihr Wort der Wahrheit, der Güte, des Verstehens, der Hoffnung, der innigen Verbundenheit in ihren oft beklemmenden Schwierigkeiten; allen bietet sie ihre selbstlose Hilfe an, daß sie dem Ideal der Familie näherkommen, das der Schöpfer ‚von Anfang an‘ gewollt hat und das Christus durch seine erlösende Gnade erneuert hat.“

Das bedeutet natürlich nicht, dass Irreguläres als Variante zugelassen wird, sondern dass die Kirche – und damit alle gläubigen Katholiken – sich mit Sorge, Güte und Aufrichtigkeit den Familien annähern, sie begleiten und die verbindlich gültige Morallehre durch Verkündigung, Beispiel und Zeugnis ihnen nahebringen.

Johannes Paul II. betont zudem die „Vorbereitung der jungen Menschen auf die Ehe und das Familienleben“. Das findet in einigen Diözesen in Deutschland heute kaum noch statt. Die Familienpastoral ist nahezu verschwunden. Wo gibt es noch Kurse zur Ehevorbereitung gemäß der Lehre der Kirche? Johannes Paul II. missbilligt gesellschaftliche Erscheinungsformen, die im Zuge der 1968er-Bewegung und auch gewiss durch den Ungeist des Konsumismus entstanden sind: „Viele negative Erscheinungen, die heute im Leben der Familien zu beklagen sind, haben ihre Wurzel darin, daß die Jugendlichen in den neuartigen Situationen nicht nur die rechte Wertordnung aus dem Auge verlieren, sondern auch nicht wissen, wie sie die neuen Schwierigkeiten anpacken und überwinden können, weil sie keine sicheren Verhaltensnormen mehr besitzen. Die Erfahrung zeigt jedoch, daß sich die jungen Leute, die auf das Familienleben gut vorbereitet sind, im allgemeinen besser zurechtfinden als die übrigen.“

Johannes Paul II. wirbt für eine „kluge Familienerziehung“, in der der „Sinn für jeden wahren menschlichen Wert in persönlichen wie auch in gesellschaftlichen Beziehungen geweckt wird“. Dies sei wichtig für „Formung des Charakters, für die Beherrschung und rechte Nutzung der eigenen Neigungen, für die Weise, Menschen des anderen Geschlechtes zu sehen und ihnen zu begegnen“: „Außerdem ist, besonders für die Christen, eine gediegene geistige und katechetische Bildung erforderlich, die es versteht, die wahre Berufung und Sendung christlicher Ehe aufzuzeigen, ohne dabei die Möglichkeit einer Ganzhingabe an Gott in der Berufung zum Priester- oder Ordensleben auszuschließen.“

Eine Glaubensunterweisung für alle, die sich auf die Ehe vorbereiten, nennt der Papst unverzichtbar, „damit dieses Sakrament mit der rechten moralischen und geistlichen Einstellung gefeiert und gelebt wird“: „Die religiöse Formung der jungen Leute muß im geeigneten Augenblick und entsprechend den verschiedenen konkreten Notwendigkeiten durch eine Vorbereitung auf ein Leben zu zweit ergänzt werden, welche die Ehe als eine personale Beziehung von Mann und Frau darstellt, die ständig weiterentwickelt werden muß, und so dazu anregt, die Fragen ehelicher Sexualität und verantwortlicher Elternschaft zu vertiefen …“ Genau dieser Akzent scheint wesentlich zu sein, auch im Sinne der Würde des Menschen: die „personale Beziehung“ muss vertieft werden, dazu gehört die Anerkennung der Gegengeschlechtlichkeit, vor allem eine emotionale Reife, die in der Achtung des Partners besteht, die sich im Denken, im Alltag und auch in allen Dimensionen der Beziehung selbst ausdrückt, vom liebevollen Umgang miteinander bis hin zum gütigen Verständnis füreinander, nicht zuletzt im gemeinsamen Besuch der heiligen Messe am Sonntag.

Johannes Paul II. schreibt: „Die unmittelbare Vorbereitung auf die Feier des Ehesakramentes soll in den letzten Monaten und Wochen vor der Trauung stattfinden, um dem vom Kirchenrecht geforderten Eheexamen gleichsam einen neuen Sinn und Inhalt sowie eine neue Form zu geben. Eine solche Vorbereitung, die in jedem Falle geboten ist, erweist sich als noch dringlicher für diejenigen Verlobten, die noch Mängel und Schwierigkeiten in christlicher Lehre und Praxis aufweisen sollten. Zu den Dingen, die auf diesem, einem Katechumenat vergleichbaren Glaubensweg vermittelt werden, muß auch eine vertiefte Erkenntnis des Geheimnisses Christi und der Kirche wie der Bedeutung von Gnade und Verantwortung einer christlichen Ehe gehören sowie die Vorbereitung darauf, aktiv und bewußt an der Feier der Trauungsliturgie teilzunehmen.“ Vielleicht ließe sich auch ganz einfach sagen: Die Feier der Trauung, im besten Fall des Brautamtes, ist eben kein postmodernes Event, das effektvoll gestaltet werden soll, sondern eine würdige Feier der Liturgie, in der das Geheimnis Christi gegenwärtig wird – für das Brautpaar nicht weniger als für deren Familien und Freunde, die an der Zeremonie teilhaben und so alle dankbar bezeugen dürfen, was Braut und Bräutigam einander vor Gott versprochen haben.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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