Am 25. März 1995 publizierte Papst Johannes Paul II. die wegweisende und vielfach angefochtene, ja boshaft geschmähte Enzyklika „Evangelium vitae“. Zu den Signaturen der Zeit gehört auch heute, fast dreißig Jahre später, dass Christen, die sich unmissverständlich für den Schutz des Lebens einsetzen, vielfach verhöhnt, verleumdet und angegriffen werden. Doch die Kirche – und damit wir alle – ist dazu berufen, das „Evangelium vom Leben“ mit „beherzter Treue“ in der Welt von heute zu verkünden und dafür Zeugnis zu geben.

Dem Menschen ist das ewige Leben verheißen. Diese „übernatürliche Berufung“ unterstreiche die „Relativität des irdischen Lebens von Mann und Frau“: „In Wahrheit ist es nicht ‚letzte‘, sondern ‚vorletzte‘ Wirklichkeit; es ist also heilige Wirklichkeit, die uns anvertraut wird, damit wir sie mit Verantwortungsgefühl hüten und in der Liebe und Selbsthingabe an Gott sowie an die Schwestern und Brüder zur Vollendung bringen.“ Das „Evangelium vom Leben“ ist das Herzstück der kirchlichen Morallehre. Johannes Paul II. betont zudem die Gültigkeit des Naturrechts: „Selbst in Schwierigkeiten und Unsicherheiten vermag jeder Mensch, der in ehrlicher Weise für die Wahrheit und das Gute offen ist, im Licht der Vernunft und nicht ohne den geheimnisvollen Einfluß der Gnade im ins Herz geschriebenen Naturgesetz (vgl. Röm 2, 14-15) den heiligen Wert des menschlichen Lebens vom ersten Augenblick bis zu seinem Ende zu erkennen und das Recht jedes Menschen zu bejahen, daß dieses sein wichtigstes Gut in höchstem Maße geachtet werde. Auf der Anerkennung dieses Rechtes beruht das menschliche Zusammenleben und das politische Gemeinwesen.“ Das „Evangelium vom Leben“ wird in der sogenannten Lebenswirklichkeit heute aber verkannt, verhöhnt und verraten. Wir sehen das an vielen Irrwegen der Moraltheologie. Johannes Paul II. bekräftigt: „Das Evangelium von der Liebe Gottes zum Menschen, das Evangelium von der Würde der Person und das Evangelium vom Leben sind ein einziges, unteilbares Evangelium.

Jede „Bedrohung der Würde und des Lebens des Menschen“ müsse die Kirche im Herzen treffen, das betrifft Kriege und Katastrophen, insbesondere aber auch das ungeborene Leben und Menschen am Lebensende. Johannes Paul II. spricht skandalöse Vorgänge an, die manchen als neue Normalität erscheinen: „Breite Schichten der öffentlichen Meinung rechtfertigen manche Verbrechen gegen das Leben im Namen der Rechte der individuellen Freiheit und beanspruchen unter diesem Vorwand nicht nur Straffreiheit für derartige Verbrechen, sondern sogar die Genehmigung des Staates, sie in absoluter Freiheit und unter kostenloser Beteiligung des staatlichen Gesundheitswesens durchzuführen.“

Er diagnostiziert einen schwerwiegenden, weitreichenden „moralischen Verfall“: „Entscheidungen, die einst einstimmig als verbrecherisch angesehen und vom allgemeinen sittlichen Empfinden abgelehnt wurden, werden nach und nach gesellschaftlich als achtbar betrachtet. Selbst die Medizin, die auf die Verteidigung und Pflege des menschlichen Lebens ausgerichtet ist, verwendet sich in einigen ihrer Bereiche immer eingehender für die Durchführung dieser Handlungen gegen die Person und entstellt auf diese Weise ihr Gesicht, widerspricht sich selbst und verletzt die Würde all derer, die sie ausüben.“ Die Unterscheidung von Gut und Böse werde nivelliert, der „fundamentale Wert des menschlichen Lebens“ sei angefochten. Johannes Paul II. schreibt: „Das fundamentale Recht auf Leben wird heute bei einer großen Zahl schwacher und wehrloser Menschen, wie es insbesondere die ungeborenen Kinder sind, mit Füßen getreten.“ Der Papst wirbt dafür, dass alle Mitglieder der Kirche des Herrn „neue Zeichen der Hoffnung“ setzen und am „Aufbau einer echten Zivilisation der Wahrheit und der Liebe“ mitwirken, um eine „neue Kultur des menschlichen Lebens“ zu befördern. Prophetisch klingen diese Worte aus dem Jahr 1995, und es ist notwendig, dass wir uns als Gläubige, ob Kleriker oder Weltchrist, daran erinnern, uns die Weisungen des Papstes zu Herzen nehmen und glaubwürdig für den unbedingten Schutz des Lebens einstehen. Die Würde des Menschen ist unantastbar, von der Empfängnis bis zum Lebensende.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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