In „Evangelium vitae“ denkt Johannes Paul II. über das „Geheimnis des Todes“ nach. Die „Erfahrung des Sterbens“ wird heute oft verdrängt, zumal auch in einer Gesellschaft des Hedonismus und Konsumismus das Leben vor allem wertgeschätzt wird, wenn es „Vergnügen und Wohlbefinden“ bereithält. 

Zudem nimmt der moderne Mensch an, dass er selbst „Maßstab und Norm“ über Leben und Tod ist, und er „maßt sich das Recht an, auch von der Gesellschaft zu verlangen, sie solle ihm Möglichkeiten und Formen garantieren, damit er in voller und vollständiger Autonomie über sein Leben entscheiden könne“. 

Zudem werde auch durch den medizinischen Fortschritt, statt Schmerzen zu lindern und zu beheben, das Leben oft auch in einem „Zustand äußerster Schwäche“ erhalten, um „Personen nach dem plötzlichen Zusammenbruch ihrer biologischen Grundfunktionen künstlich wiederzubeleben sowie Eingriffe vorzunehmen, um Organe für Transplantationen zu gewinnen“: „In einem solchen Umfeld zeigt sich immer stärker die Versuchung zur Euthanasie, das heißt, sich zum Herrn über den Tod zu machen, indem man ihn vorzeitig herbeiführt und so dem eigenen oder dem Leben anderer ‚auf sanfte Weise‘ ein Ende bereitet.“ 

Für Johannes Paul II. ist diese vorgebliche Menschenfreundlichkeit, die mit der Euthanasie verbunden wird, eines der „alarmierendsten Symptome der ‚Kultur des Todes‘, die vor allem in den Wohlstandsgesellschaften um sich greift, die von einem Leistungsdenken gekennzeichnet sind, das die wachsende Zahl alter und geschwächter Menschen als zu belastend und unerträglich erscheinen läßt“. Die Kirche lehnt darum die Euthanasie ab, die „aus bewußter Absicht den Tod herbeiführt“ – und mit dieser auch das in sich falsche Autonomieverständnis, mit dem dies oft begründet wird.

Zugleich erinnert Johannes Paul II. daran, dass auf medizinische Maßnahmen, „die der tatsächlichen Situation des Kranken nicht mehr angemessen sind, weil sie in keinem Verhältnis zu den erhofften Ergebnissen stehen, oder auch, weil sie für ihn und seine Familie zu beschwerlich sind“, verzichtet werden darf. 

Die ärztlichen Untersuchungen oder therapeutischen Maßnahmen müssen objektiv zur Besserung führen: „Der Verzicht auf außergewöhnliche oder unverhältnismäßige Heilmittel ist nicht gleichzusetzen mit Selbstmord oder Euthanasie; er ist vielmehr Ausdruck dafür, daß die menschliche Situation angesichts des Todes akzeptiert wird.“ 

So befürwortet der Papst die Palliativmedizin. Es sei erlaubt, um den Kranken von Schmerz zu befreien, Linderungs- und Beruhigungsmittel zu verabreichen, auch „wenn das die Gefahr einer Verkürzung des Lebens mit sich bringt“: „Auch wenn jemand, der das Leiden aus freien Stücken annimmt, indem er auf schmerzlindernde Maßnahmen verzichtet, um seine volle Geistesklarheit zu bewahren und, wenn er gläubig ist, bewußt am Leiden des Herrn teilzuhaben, in der Tat des Lobes würdig ist, so kann diese ‚heroische‘ Haltung doch nicht als für alle verpflichtend angenommen werden.“ Der Sterbende solle indessen „nicht ohne schwerwiegenden Grund“ der Klarheit seines Bewusstseins beraubt werden, damit er seinen moralischen und familiären Verpflichtungen nachkommen und sich auf die „endgültige Begegnung mit Gott“ vorbereiten könne: „Nach diesen Unterscheidungen bestätige ich in Übereinstimmung mit dem Lehramt meiner Vorgänger und in Gemeinschaft mit den Bischöfen der katholischen Kirche, dass die Euthanasie eine schwere Verletzung des göttlichen Gesetzes ist, insofern es sich um eine vorsätzliche Tötung einer menschlichen Person handelt, was sittlich nicht zu akzeptieren ist. Diese Lehre ist auf dem Naturrecht und auf dem geschriebenen Wort Gottes begründet, von der Tradition der Kirche überliefert und vom ordentlichen und allgemeinen Lehramt der Kirche gelehrt.“

Die Mitwirkung an der Euthanasie benennt Johannes Paul II. als „Beihilfe zum Selbstmord“: „Auch wenn sie nicht durch die egoistische Weigerung motiviert ist, sich mit der Existenz des leidenden Menschen zu belasten, muß die Euthanasie als falsches Mitleid, ja als eine bedenkliche ‚Perversion‘ desselben bezeichnet werden: denn echtes ‚Mitleid‘ solidarisiert sich mit dem Schmerz des anderen, tötet nicht den, dessen Leiden unerträglich ist. Die Tat der Euthanasie erscheint umso perverser, wenn sie von denen ausgeführt wird, die – wie die Angehörigen – ihrem Verwandten mit Geduld und Liebe beistehen sollten, oder von denen, die – wie die Ärzte – auf Grund ihres besonderen Berufes den Kranken auch im leidvollsten Zustand seines zu Ende gehenden Lebens behandeln müßten.“ 

Gravierender noch ist die Euthanasie, die als Mord sich herausstellt. Eindeutig stellt Johannes Paul II. fest: „Der Höhepunkt der Willkür und des Unrechts wird dann erreicht, wenn sich einige Ärzte oder Gesetzgeber die Macht anmaßen darüber zu entscheiden, wer leben und wer sterben darf. … Wenn sich der Mensch im Bann einer Logik von Torheit und Egoismus diese Macht anmaßt, benützt er sie unweigerlich zu Unrecht und Tod. So wird das Leben des Schwächsten in die Hände des Stärksten gelegt; in der Gesellschaft geht der Sinn für Gerechtigkeit verloren und das gegenseitige Vertrauen, Grundlage jeder echten Beziehung zwischen den Menschen, wird an der Wurzel untergraben.“

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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