Der Liebesdienst soll das Leben des Christen in der Welt von heute formen und erfüllen. Darauf weist der heilige Johannes Paul II. in „Evangelium vitae“ hin. 

Neben der sozialen Fürsorge für den Nächsten ist besonders die „bedingungslose Achtung vor dem menschlichen Leben“ geboten, die zum „Fundament einer erneuerten Gesellschaft“ werden soll, damit eine „neue Kultur des Lebens als Frucht der Kultur der Wahrheit und der Liebe“ entstehen möge.

In diesem Zusammenhang erinnert der Papst an die dringende Aufgabe der Evangelisierung: „Evangelisierung ist eine globale und dynamische Aktion, die die Kirche in ihrer Teilhabe an der prophetischen, priesterlichen und königlichen Sendung des Herrn Jesus einbezieht. Sie ist daher untrennbar mit den Dimensionen der Verkündigung, der Feier und des Dienstes der Nächstenliebe verbunden. Sie ist ein zutiefst kirchliches Tun, das alle heranzieht, die auf verschiedenste Weise für das Evangelium tätig sind, einen jeden nach seinen Gaben und seinem Amt.“ 

Wer auf die Evangelisierung meint verzichten zu können und in binnenkirchlichen Strukturdebatten und -reformen sowie einer Anpassung an den Zeitgeist die eigentliche Bestimmung der Kirche sieht, wie dies auf dem deutschen Synodalen Weg virulent war, verrät das Evangelium Jesu Christi.

Johannes Paul II. ruft auf zur Evangelisierung: „Wir sind das Volk des Lebens, weil Gott uns in seiner unentgeltlichen Liebe das Evangelium vom Leben geschenkt hat und wir von diesem Evangelium verwandelt und gerettet worden sind.“ Die Verpflichtung der Verkündigung des Evangeliums besteht, durch Zeugnis und Beispiel, in der Liturgie und im Leben aus dem Glauben: „Jesus ist das einzige Evangelium: wir haben nichts anderes zu sagen und zu bezeugen.“

Durch das „Evangelium vom Leben“ solle sich jeder gläubige Christ erleuchten lassen. Wer hiervon erfüllt ist, wird das Bedürfnis verspüren, die Frohbotschaft „in dem überraschend Neuen, das es kennzeichnet, zu verkünden und zu bezeugen“: „Die Dankbarkeit und Freude angesichts der unermeßlichen Würde des Menschen spornt uns an, alle an dieser Botschaft teilhaben zu lassen: ‚Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt‘ (1 Joh 1, 3). Man muß das Evangelium vom Leben zum Herzen jedes Mannes und jeder Frau gelangen lassen und es in die verborgensten Winkel der ganzen Gesellschaft einführen.“

Es gilt, Christus zu verkündigen, die Herzmitte des Evangeliums unverkürzt darzulegen, ob gelegen oder ungelegen: „Das bedeutet Verkündigung eines lebendigen und nahen Gottes, der uns in eine tiefe Verbindung mit sich ruft und uns öffnet für die sichere Hoffnung auf das ewige Leben; es bedeutet Geltendmachung des untrennbaren Zusammenhangs, der zwischen der menschlichen Person, ihrem Leben und ihrer Leiblichkeit besteht; es bedeutet Darstellung des menschlichen Lebens als Leben der Beziehung, als Gottesgeschenk, als Frucht und Zeichen seiner Liebe; es bedeutet Verkündigung der außergewöhnlichen Beziehung Jesu zu jedem Menschen, der es ermöglicht, in jedem menschlichen Antlitz das Antlitz Christi zu erkennen; es bedeutet Aufzeigen der ‚aufrichtigen Selbsthingabe‘ als Aufgabe und Ort voller Verwirklichung der eigenen Freiheit.“

Die Verkündigung des Evangeliums geht einher mit notwendigen Konsequenzen. Wesentlich ist, das menschliche Leben als wertvolles, heiliges und unantastbares „Geschenk Gottes“ anzuerkennen. Dadurch sind zugleich „vorsätzliche Abtreibung und die Euthanasie absolut unannehmbar“: „Das Leben des Menschen darf nicht nur nicht ausgelöscht, sondern es muß mit aller liebevollen Aufmerksamkeit geschützt werden; das Leben findet seinen Sinn in der empfangenen und geschenkten Liebe, in deren Blickfeld Sexualität und menschliche Fortpflanzung volle Wahrheit erlangen; in dieser Liebe haben auch das Leiden und der Tod einen Sinn und können, wenngleich das Geheimnis, das sie umfängt, weiterbesteht, zu Heilsereignissen werden; die Achtung vor dem Leben erfordert, daß Wissenschaft und Technik stets auf den Menschen und seine ganzheitliche Entwicklung hingeordnet werden; die ganze Gesellschaft muß die Würde jeder menschlichen Person in jedem Augenblick und in jeder Lage ihres Lebens achten, verteidigen und fördern.“

Auch 1995 nimmt Johannes Paul II. schon die Vielfalt von irreführenden Stimmen wahr, die wider das Naturrecht ausgerichtet sind, einen Absolutheitsanspruch erheben und die „gesunde Lehre über das Leben des Menschen verwerfen“ und verdunkeln. 

Die Kirche muss hier als Lehrerin der Völker und jedes Einzelnen auftreten, dem Zeitgeist trotzen und für die Wahrheit des Evangeliums Zeugnis ablegen: „Diese Ermahnung muß besonders im Herzen derer kräftigen Widerhall finden, die in der Kirche auf verschiedene Weise an ihrer Sendung als ‚Lehrerin‘ der Wahrheit am unmittelbarsten teilhaben. Sie soll vor allem bei uns Bischöfen Widerhall finden: wir sind als erste dazu angehalten, unermüdliche Verkünder des Evangeliums vom Leben zu sein; uns ist auch die Aufgabe anvertraut, über die zuverlässige und getreue Weitergabe der in dieser Enzyklika neu vorgelegten Lehre zu wachen und die geeignetsten Maßnahmen zu ergreifen, damit die Gläubigen vor jeder Lehre, die ihr widerspricht, geschützt werden.“ 

Wer „persönliche Ideen“ vorträgt – ob als Theologe oder Seelsorger –, verrät die „Wahrheit“, das „Evangelium des Lebens“ und auch den eigenen Auftrag, wenn die Weisungen des kirchlichen Lehramtes nicht beachtet, ignoriert oder hochmütig korrigiert werden: „Bei der Verkündigung dieses Evangeliums dürfen wir nicht Feindseligkeit und Unpopularität fürchten, wenn wir jeden Kompromiß und jede Zweideutigkeit ablehnen, die uns der Denkweise dieser Welt angleichen würde (vgl. Röm 12, 2). Wir sollen in der Welt, aber nicht von der Welt sein (vgl. Joh 15, 19; 17, 16) mit der Kraft, die uns von Christus kommt, der durch seinen Tod und seine Auferstehung die Welt besiegt hat (vgl. Joh 16, 33).“

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