„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf. “ (Jes 9,1).

Unsere Gedanken gehen an die Hirten, die „Nachtwache bei ihrer Herde hielten“ (Lk 2,1-14), als sie durch die Erscheinung der Herrlichkeit Gottes vom Licht umhüllt wurden und, vom Engel geleitet, zum Stall nach Bethlehem gelangten, in dem sie das Jesuskind in einer Krippe fanden.

Im Johannesevangelium heißt es: „In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst [...] Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt (Joh 1,4-5.9)”.

Um welche „Finsternis” handelt es sich. Und was ist dieses „Licht” von dem die Rede ist? Die Finsternis, die Dunkelheit ist jener Zustand, in dem der Mensch nichts sieht, sich deshalb nicht bewegen kann, nicht weiß, wo er hingehen soll; in dem er die Gefahren und auch die guten Gelegenheiten nicht erkennt. Im Dunkeln, ohne Sonne, ist Leben unmöglich. Die Finsternis wird spontan zum Bild des Bösen und des Todes.

Die ersten Worte Gottes in der Bibel sind: „Es werde Licht” (Gen 1,3). Der erste Akt der Schöpfung war die Trennung von Licht und Finsternis. „Gott ist Licht” - schreibt der heilige Johannes - „und in ihm ist keine Finsternis“ (1. Joh 1,5).

Wir sind für das Licht, für das Leben, für das Gute geschaffen: das ersehnen wir! Es ist die Sünde, die uns in die Finsternis stürzt: unsere Gedanken verirren sich und werden unfähig, die Wahrheit zu erkennen. So werden wir traurig, unser Sehnen wird dunkel, unsere Taten werden zu Werken des Todes.

Ein atheistischer Philosoph hat diesen Zustand wunderbar beschrieben: Wir haben Gott getötet – das heißt, wir haben ihn aus unseren Gedanken, unseren Handlungen, unserem Leben hinausgedrängt. Wir haben geglaubt, dass dies ein befreiender Akt wäre, und so haben wir die Erde von jener Kette gelöst, mit der sie an der Sonne festgemacht war. Aber was ist das Ergebnis? „Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? […] Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittag angezündet werden?”.[1]

Diese Menschheit, die Gott abgelehnt hat, kann sich in bestimmten Zeiten der Illusion hingeben, dass sie ihn nicht braucht. Sie kann ihre Glühbirnen einschalten und denken, die Sonne nicht zu brauchen. Doch es kommt immer die Stunde, in der die beißende Kälte um sich greift und die Nacht unerträglich wird.

Die Verkündigung unseres Glaubens ist: In der Nacht, „als die Nacht bis zur Mitte gelangt war“ (Weish 18,14), kam das Wort Gottes in unsere Welt, in unser Fleisch. Das Licht Gottes, das Licht, das Gott ist, wurde Fleisch und hat unter uns gewohnt, hat sein Zelt unter uns aufgeschlagen. Das „Fleisch“ Jesu, seine menschliche Existenz, ist das „Zelt” des Lichtes.

Das Licht Christi kommt, um allen Menschen die Erlösung zu bringen. Erlösung von der Verzweiflung, der Selbstsucht,  der Sinnlosigkeit. Von dieser tiefen Traurigkeit, die entsteht, wenn man den Sinn der Dinge nicht sieht, wenn man die Unausweichlichkeit des Todes vor Augen hat und keine Hoffnung für das Danach. Von der Angst, die uns dazu bringt, böse zu werden.

Die Botschaft von Weihnachten lautet: „Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten: auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus (Tit 2,11-13).

[1]  Nietzsche, Friedrich: Die fröhliche Wissenschaft, München 1959, S. 166 f.

Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

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