Die Österliche Bußzeit war reich an Vorsätzen, Bekenntnissen und guten Absichten. Wir alle erinnern uns an den Aschermittwoch, an den Moment, als wir mit dem Aschenkreuz bezeichnet wurden und die Worte „Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium!“ vernahmen. So vertraut ist uns dieser Ruf zur Umkehr, dass wir gar nicht bemerken, dass wir – besonders in der Fastenzeit – nicht zu einer müßigen Selbstbespiegelung, sondern zur Bekehrung ermuntert und ermutigt werden.

Glaubt an das Evangelium: Es ist eine Aufforderung zur „Entweltlichung“ (Benedikt XVI.), ein Aufruf zur Neuevangelisierung, zu Wagnis, Aufbruch und Erneuerung in Christus, getreu dem Evangelium und dem Glauben der Kirche aller Zeiten und Orte. Bekehrt euch – das heißt doch: Folgt nicht dem Weltlichen, den Geistern, ja den Irrlichtern dieser Zeit, sondern haltet inne und bekennt euch zu Christus, hier und heute, auf dem Weg, der uns in den letzten Tagen vom Gründonnerstag über den Karfreitag in das Osterfest hineingeführt hat.

Ein jeder mag sich an seine ganz eigenen Passionserfahrungen erinnern. Sie sind in unser Leben eingezeichnet, als bleibende Wundmale, als Versehrungen, als Schmerz, der uns gegenwärtig und bleibt. Die eine oder der andere mag an manches Lamento oder eine Wehklage über bedrückende Umstände unserer Tage zurückdenken.

Verwundert haben viele Gläubige wahrgenommen, dass die Deutsche Bischofskonferenz sich etwa mit umstrittenen politischen Parteien beschäftigt – aber von der Verdunstung des Glaubens oder der Entfremdung von Gott schweigt. Mit besten Absichten bekennen sich auch ehrenwerte Christen aller Konfessionen heutzutage zur „Brandmauer gegen rechts“. Wer aber stünde ein für eine „Brandmauer gegen Abtreibung und Euthanasie“? Liegt nicht den virulenten gesellschaftlichen Sorgen und dem Verdruss über die große Politik zuerst eine Glaubens- und Gotteskrise zugrunde?

Bekehrt euch – und: „Glaubt an das Evangelium!“ Oder fürchten wir uns davor, heute, auch am Osterfest, ganz zu Christus und seiner Kirche zu stehen, ob gelegen oder ungelegen? Die ganze Österliche Bußzeit hindurch hätten wir uns auf Christus besinnen und zu ihm bekehren können. Haben wir das getan? Und wenn nicht: Spüren wir, ob Kleriker oder Weltchrist, unsere eigene Unzulänglichkeit und unser Versagen? Bekümmert uns unsere Schwäche? So wie die Jünger sich nach der Verhaftung Jesu verstecken, so wie Petrus den Herrn verleugnet und so wie alle, die sich um ihn scharten, damals am liebsten unsichtbar werden würden, so scheinen viele Christen heute auch ihren Glauben zu verbergen, zu verstecken oder gar zu vergessen, auch wenn wir uns in jeder Heiligen Messe zum Osterglauben mit den Worten bekennen: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“

Ein freudiges, hoffnungsvolles, ernstes und glaubwürdiges Bekenntnis – oder nicht? Das hohe Osterfest beschenkt uns überreich, und wir könnten jubeln, beseelt von der Freude des Glaubens, frohgemut und beschwingt, ein jeder nach seinen Gaben, mit dem Zeugnis unseres Lebens ein Beispiel zu geben für das „Licht der Welt“, für Christus, der gekreuzigt wurde, von den Toten auferstanden ist und wiederkommen wird in Herrlichkeit. Warum verstecken wir eigentlich unsere Freude am Glauben so oft? Möchten wir unbemerkt bleiben, diplomatisch, und nicht auffallen? Fürchten wir inmitten einer Welt, die die Vielfalt preist, das Unterscheidende des christlichen Glaubens?

Romano Guardini hat 1932 in dem Buch „In Spiegel und Gleichnis“ über den „tiefsten Instinkt der anima christiana“ nachgedacht, über die Augenblicke und inneren Bewegungen, in denen die christliche Seele zutiefst gefordert ist. Wenn es „um ihre Existenz geht“, dann ist die Zeit für eine „bestimmte Gebärde“ gekommen: „Man macht das Kreuz! Zeichen der Scheidung, der Wehr, der Stellungnahme für Leben und Tod.“

Der sensible, feinfühlige Theologe fährt fort mit Worten wie von Feuer, erfüllt vom Licht des Glaubens, und schreibt: „‚Es ist kein anderer Name, in dem uns gegeben ist, selig zu werden, als der Name Jesusʻ, und kein anderes Zeichen als das Kreuz. Hier scheidet sich, ohne eine mögliche Vermittlung, das Christentum von aller freischwebenden Religiosität.“

Staunend betrachtet der Leser diese Worte der souveränen, undiplomatischen und kraftvoll gläubigen Unterscheidung der Geister. Guardini benennt den markanten Unterschied zu aller „freischwebenden Religiosität“ und schließt damit jede zeitgeistliche Lauheit aus. Wer diese Worte liest und sich vergegenwärtigt, mag an den Kreuzweg denken, an die Passion des Herrn und auch an die Stationen auf dem eigenen Lebensweg. Vielleicht kommt uns dann neu das Gebet in den Sinn, das auf Ostern vorausdeutet: „Gekreuzigter Herr Jesus Christus, wir beten dich an und preisen dich, denn durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst.“ Mitten im Leben lesen wir dieses Wort der Befreiung und halten inne: „… erlöst!“

Ja, der Herr hat die Welt erlöst, durch sein Leiden und Sterben, und wir sind aufgerufen, in österlicher Freude seine Auferstehung zu bezeugen. In diesem Sinne beschloss Papst Benedikt XVI. in der Ostervigil vom 7. April 2012 seine Predigt mit einem Gebet, das auch wir heute sprechen dürfen: „Bitten wir den Herrn in dieser Stunde darum, daß er uns die Freude seines Lichts erfahren läßt, und bitten wir ihn darum, daß wir selber Träger seines Lichts werden, daß das Leuchten von Christi Antlitz durch die Kirche in die Welt hereintritt (vgl. LG 1).“

Der Glaube an den dreifaltigen Gott, an unseren gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus wird uns nicht aufgezwungen, sondern geschenkt – und wir alle dürfen, unser ganzes Leben hindurch, immer tiefer in die Passions-, Lebens- und Liebesgemeinschaft mit dem Herrn hineinwachsen, als pilgerndes Volk Gottes, als mystischer Leib Christi, als Kirche, die Himmel und Erde umschließt und heute die leuchtende Schönheit des Glaubens zu bezeugen berufen ist. Haben wir den Mut zur Unterscheidung der Geister und stehen wir in österlicher Freude, dankbar und glücklich, fest zum Herrn und damit zugleich zum Glauben der Kirche aller Zeiten und Orte.

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