Geneviève Duboscq ist in Deutschland fast unbekannt – dafür ist sie in Frankreich umso bekannter: Vor allem als Heldin des sogenannten D-Day, als die Alliierten im Juni 1944 in der Normandie landeten.

Die Eltern lebten mit Geneviève und ihren Geschwistern in Saint-Mère-Eglise (Manche). Die Mutter war eine Bahnwärterin auf der Strecke von Paris nach Cherbourg, der Vater ein Straßenhändler.

Geneviève Dubosq war erst zwölf Jahre alt, als sie mit ihren Eltern die Ankunft der Amerikaner erlebte. Die Ereignisse der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1944 brennen sich wie Bilder in das Herz des Mädchens ein. Sie sieht, wie die Fallschirmjäger nicht auf festem Boden landen, sondern in tiefe Sümpfe stürzen. Viele Soldaten der Luftlandedivision ertrinken. Andere, die in ihre Fallschirmen verwickelt sind, werden von deutschen Soldaten erschossen. Genevièves Eltern lassen sich vom Mut ihrer Tochter anstecken; alle helfen gemeinsam den amerikanischen Soldaten und behandeln sie trotz großer Gefahr für ihr eigenes Leben.

Ein Jahr nach den Landungen am D-Day gerät ihr Bruder beim gemeinsamen Spiel auf eine Mine. Er stirbt sofort, sie wird schwer verletzt. Für fünf Jahre ist sie fast ständig im Krankenhaus. Sie hat ein Auge verloren und in ihre Beine sind hunderte Metallstücke eingedrungen. Unzählige chirurgische Eingriffe und Operationen muss sie über sich ergehen lassen. Mit denselben Beinen wird diese erstaunliche Persönlichkeit Jahre später noch Aufsehen erregen, als sie sich auf den Fußweg ins Heilige Land aufmachte.

Die Geschehnisse verarbeitet Geneviève, indem sie ihre Erfahrungen notiert. Was geschehen ist, wird bekannt – sogar bei der Regierung der USA. So kommt es, dass  die US-Präsidenten Ronald Reagan, Bill Clinton und Barack Obama sie anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten des D-Day in Frankreich einladen. Geneviève Duboscq ist ihr persönlicher Gast.

Im Jahr 1978 veröffentlicht sie ihre Kindheitserinnerungen mit den Ereignissen des Juni 1944. Das Buch „Bye-bye Geneviève“ wird ein Bestseller.

Fünfzehn Jahre nach dem Krieg wird Geneviève ihr fünftes Kind zur Welt bringen. Leider ist der Junge von einer unheilbaren Krankheit betroffen. Geneviève fordert Gott und sich selbst heraus und verspricht: Wenn Noël überlebt, wird sie nach Jerusalem pilgern. Ihr Sohn wurde am 24. Dezember 1959 geboren – und überlebt. 

1965 begann eine abenteuerliche Reise, als sie sich wie eine mittelalterliche Pilgerin auf den Weg nach Jerusalem machte. Mit dabei hatte sie nur einen Esel, aber kein Geld. Sie war abhängig vom Wohlwollen und der Milde der Menschen, denen sie auf der Straße begegnete. Bei dieser 4 000 Kilometer langen Pilgerreise entstand ihr zweites Buch: „Und Gott rettete meinen Sohn“.

Nachdem sich eine Alzheimer-Krankheit Geneviève Duboscqs bemächtigte, ihre Sinne trübte und die körperlichen Aktivitäten lähmte, musste sie ihrem hohen Alter Tribut zollen. Sie starb am 28. Februar 2018 im Alter von 85 Jahren.

Zwei Abschnitte aus dem Buch „Und Gott rettete meinen Sohn“:

Jerusalem:

„Beim Abstieg vom Hügel habe ich die ganze Heilige Stadt vor mir, Bethanien zur Rechten, dahinter den Ölberg, zur Linken des Kidrontal, aber ich sehe keinen Bach. Er muss ausgetrocknet sein. Ich mache halt, um in die Gethsemane-Kirche zu gehen, die an dem Ort erbaut ist, wo Jesus die schreckliche Nacht vor seiner Gefangennahme verbracht hat. Im Inneren ist der Fels zu sehen, auf dem er so litt, dass er Blutschweiß vergoss. Ein tiefer Ernst geht von diesem Ort aus und bringt einen zum tiefen Nachdenken. Ich knie bei diesem Felsen und merke plötzlich, dass ich in mir einen Wunsch verspüre, eine wichtige Entscheidung zu fällen. Wenn ich schon heute mein Schreiben im Konsulat vorzeige, wird die Neuigkeit meiner Anwesenheit sich schnell verbreiten und ich werde nicht die notwendige Ruhe haben, um diese Stadt so zu besichtigen, wie ich möchte. Ich entscheide mich für eine Frist von drei bis vier Tagen. Ich will Schritt für Schritt den Spuren von Jesus folgen, ganz allein, ohne Zeugen, wie irgendeine x-beliebige Pilgerin. Das scheint mir der echte Dank zu sein für meinen langen Marsch. Bevor ich die Kirche zur Todesangst Christi verlasse, biete ich dem Herrn das Opfer an, das mich diese Entscheidung kostet.“

Die Beichte:

„Um vier Uhr morgens wird die Türe aufgemacht. Ein Franziskanerpater wird die erste Messe lesen. Ob ich mitfeiern wolle? Aber sicher, aber davor möchte ich noch beichten. Ich nehme den ganzen Mut, der mir noch geblieben ist, zusammen und bitte den Priester darum, der einwilligt, vielleicht ein wenig überrascht, aber er lässt sich nichts anmerken. Ich werde vom Weinen geschüttelt und habe Mühe, ihm darzulegen, wie es um mich steht. Aber der Priester macht mir mit einfühlsamen Worten klar, dass ich nicht die Erste bin, der es so ergeht. Und er fügt die Worte hinzu, die ich nie vergessen werde: »Das ist so, wenn Gott einem seiner Kinder einen Auftrag gibt. Er möchte ihre Seelen prüfend darauf vorbereiten. Bewahren Sie Ihre Ruhe, diese Prüfung geht vorbei. Es wird alles in Ordnung kommen.« Als ich aus dem Beichtstuhl gehe, habe ich die starke Empfindung, als ob jemand seinen Arm um meine Schultern legt und mir beim Aufstehen hilft – ich schaue mich um. Ich kann niemand sehen und dennoch spüre ich diesen Arm, der mich stützt, wie ich es auch selbst oft mache, wenn ich einem Kranken aufhelfe. Diese wohltuende Empfindung lässt nach, als ich in einer Bank knie und auf den Beginn der Messe warte.“

Geneviève Duboscq, "Und Gott rettete meinen Sohn", ist im Patrimonium-Verlag erschienen und hat 364 Seiten.

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Geneviève Duboscq, "Bye Bye Geneviève. Die Kriegserlebnisse einer Zwölfjährigen im Jahr 1944", ist im Patrimonium-Verlag erschienen und hat 300 Seiten.

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