In säkularen Medien finden Bischöfe der Kirche Resonanz und Zustimmung, die für neue Aufbrüche in der Kirche werben. Das sind positive Signale der Weltoffenheit, oder? Wenn Aufbruch ein anderes Wort für Verkündigung und Evangelisierung ist, dann schon. Wer näher hinschaut, sieht dann nicht mehr als die Apologie eines kirchlichen Strukturwandels oder sogar eine kritische Reflexion der verbindlich gültigen Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte. Wir alle bemerken das, wenn, wie gegenwärtig, immer wieder "Ordinatio sacerdotalis" beiläufig oder bewusst relativiert oder zu einer postmodernen Revision der Morallehre aufgerufen wird. Gläubige, Zweifelnde und Suchende erwarten von ihren Bischöfen aber kaum, dass sie Stichwortgeber für eine Neuerfindung der Kirche sind. Ebenso wenig sind sie berufen, eine Partei der besten Absichten zu gründen oder als Apostel einer geschmeidigen, saturierten Weltlichkeit aufzutreten. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die klarsichtige Kritik des protestantischen Denkers Sören Kierkegaard im 19. Jahrhundert. Die Versuchungen einer biederen, zeitgeistlichen Sattheit reichen auch in den Raum der katholischen Kirche hinein. Brauchen wir weltgewandte, spirituell inspirierte und kirchenkritisch begabte Medienlieblinge – oder einfach gute Bischöfe? Wozu ist ein Bischof, der das Evangelium verkünden und den Glauben der Kirche verteidigen soll, wirklich bestellt? 

Am Fest der Erzengel hat Benedikt XVI. am 29. September 2007 sechs Priester zu Bischöfen geweiht. Er erinnert in der Homilie daran, dass in der alten Kirche die Bischöfe als "»Engel« ihrer Kirche" bezeichnet worden seien. Von der Aufgabe des Engels her lasse sich der Dienst des Bischofs verstehen. Der Engel sei ein Geschöpf, "das vor Gott steht und mit seinem ganzen Sein auf Gott ausgerichtet ist". Die Engel sind "Boten Gottes": "Sie bringen Gott zu den Menschen, sie öffnen den Himmel und öffnen so die Erde. Gerade weil sie bei Gott sind, können sie auch dem Menschen sehr nahe sein. Gott ist in der Tat jedem von uns näher als wir es uns selbst sind. Die Engel sprechen zum Menschen von dem, was sein wahres Sein ausmacht, von dem, was in seinem Leben so oft zugedeckt und begraben ist. Sie rufen ihn auf, wieder zu sich zu kommen, indem sie ihn von Gott her berühren." Wir Menschen sollten "immer wieder füreinander Engel werden", damit wir einander schützen und behüten, so dass wir nicht auf Irrwege geraten, sondern auf den Wegen Gottes unterwegs sind. Besonders gilt das für die Bischöfe. Zur Erfindung einer neuen Morallehre mögen Philosophen begabt sein, ein Bischof der Kirche ist nicht dazu bestellt. Der Bischofsdienst ist Teilhabe an der Passionsgemeinschaft mit dem Herrn. Benedikt spricht von der wesentlichen Aufgabe: "Die Bischöfe selbst müssen Männer Gottes sein, müssen ihr Leben auf Gott ausrichten. ... Der Bischof muß ein Beter sein, der bei Gott für die Menschen eintritt. Je mehr er das tut, um so mehr versteht er auch die Menschen, die ihm anvertraut sind, und kann für sie zu einem Engel werden – zu einem Boten Gottes, der ihnen hilft, ihr wahres Wesen, sich selbst, zu finden und die Idee zu leben, die Gott von ihnen hat."

Dem Erzengel Michael entsprechend, gelte es, die "Sache der Einzigkeit Gottes" zu verteidigen: "Es ist der unablässige Versuch der Schlange, die Menschen glauben zu machen, daß Gott verschwinden müsse, damit sie groß werden können; daß Gott uns in unserer Freiheit behindere und daß wir uns darum seiner entledigen müssen." Gott scheint zu stören in einer Welt, in der so viele Menschen glauben, dass ihre subjektive Meinung, irrtümlich oft als Gewissen bezeichnet, nicht nur frei geäußert werden kann, sondern dass auch ein Geltungsanspruch damit verbunden ist. Auch vor dem Jüngsten Gericht werden wir uns nicht selbst von aller schuldhaften Verstrickung etwa freisprechen können mit Worten wie: "Ich habe ein reines Gewissen." Das, was ein weltlich und philosophisch kluger Mensch durchaus meint, persönlich vor seinem Gewissen verantworten zu können, steht dem entgegen, was die Kirche über das Gewissen lehrt. Irrtümer über das Gewissen werden heute auch in der Kirche und in der Theologie mitgeteilt und verbreitet. Steht es etwa im ganz persönlichen Ermessen eines Einzelnen, an einem protestantischen Abendmahl einfach so und bedenkenlos teilzuhaben? Kann ein katholischer Christenmensch das nicht souverän selbst entscheiden? Das kirchlich gebildete Gewissen wird diese Meinung korrigieren und dem subjektiven Wunsch entgegenstehen. Darum ist es nützlich, den Katechismus zu lesen wie zu beherzigen – und nicht zu überarbeiten. 

Denken wir weiter: Darf ein katholischer Christ nicht freimütig die Lehre der Kirche und die Moral relativieren – und tun, was ihm gefällt? Einfach mal so leben, wie es uns und nicht wie es Gott gefällt? Benedikt betont, dass es in allem um Gott geht: "Wer Gott zurückstellt, macht den Menschen nicht groß, sondern nimmt ihm seine Würde. … Aufgabe des Bischofs als Mann Gottes ist es, gegen die Verleugnungen Gott in der Welt Raum zu geben und so die Größe des Menschen zu verteidigen." Darum ermunterte er damals die neu geweihten Bischöfe, "Beschützer des Gottesvolkes" zu sein: "Liebe Freunde, seid wahrhaftig »Schutzengel« der Kirchen, die euch anvertraut sind! Helft dem Volk Gottes, dem ihr auf seiner Pilgerschaft vorangehen sollt, Freude im Glauben zu finden und die Unterscheidung der Geister zu lernen: nämlich das Gute anzunehmen und das Böse abzulehnen, kraft der Hoffnung des Glaubens Menschen zu bleiben und immer mehr Menschen zu werden, die in Gemeinschaft mit Gott lieben, der die Liebe ist." Benedikt hebt besonders hervor, dass im Buch Tobit von zwei Heilungsaufgaben gesprochen wird, die sich mit dem Erzengel Rafael verbinden: "Er heilt die gestörte Gemeinschaft zwischen Mann und Frau. Er heilt ihre Liebe. Er treibt die Dämonen aus, die immer wieder ihre Liebe angreifen und sie zerstören. Er reinigt die Atmosphäre zwischen den beiden und schenkt ihnen die Fähigkeit, sich für immer gegenseitig anzunehmen." So gehört es auch heute zu den wichtigsten Aufgaben des Bischofs, für die "Ordnung der Ehe" einzustehen – somit die Morallehre der Kirche zu verkünden –, auch weil die Ehe "von der Sünde vielfach bedroht sei". Christus nehme sie in seine "erlösende Liebe" auf: "Er macht aus der Ehe ein Sakrament: Seine Liebe, die für uns auf das Kreuz gestiegen ist, ist die heilende Kraft, die in aller Verwirrung die Fähigkeit zur Versöhnung verleiht, die Atmosphäre reinigt und die Wunden heilt." Zugleich seien wir alle bedroht, blind zu werden für das Licht Gottes. Darum sei besonders der Bischof dazu bestellt, an das "Sakrament der Buße" zu erinnern, das "im tiefsten Sinn des Wortes ein Sakrament der Heilung ist": "Die wahre Wunde der Seele nämlich, der Grund all unserer anderen Wunden ist die Sünde. Und nur wenn es eine Vergebung kraft der Macht Gottes, kraft der Macht der Liebe Christi gibt, können wir geheilt werden, können wir erlöst werden." 

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