Irrlichternde Überlegungen zu „flächendeckenden Abtreibungen“ vernahmen Katholiken in Deutschland jüngst von der ZdK-Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp. Hierzulande wird auch auf bundespolitischer Ebene erneut ein scheinbarer neuer Konsens wider den Lebensschutz angestrebt – im Namen der Autonomie, der Emanzipation und des Fortschritts. Kleriker wie Weltchristen sind darum berufen, die Lehre der Kirche durch Zeugnis und Beispiel zu vertreten, aber freilich auch vorab sich durch Lektüre damit zu befassen.

Die „Erklärung über den Schwangerschaftsabbruch“ wurde am 18. November 1974 von der Kongregation für die Glaubenslehre publiziert. Der heilige Papst Paul VI. hatte diese Erklärung zuvor 28. Juni 1974 gebilligt und bestätigt sowie ihre Veröffentlichung angeordnet.

Zu Beginn lesen wir: „Das Problem des Schwangerschaftsabbruches und seine eventuelle Straffreiheit ist mancherorts zum Gegenstand leidenschaftlicher Diskussionen geworden. Diese Debatten wären weniger schwerwiegend, wenn es sich nicht um das menschliche Leben handeln würde, einen vorrangigen Wert, den es zu schützen und zu fördern gilt. Jeder begreift dies, auch wenn einige Gründe suchen, die gegen alle Evidenz selbst den Schwangerschaftsabbruch in den Dienst des Schutzes des Lebens stellen sollen.“

Zugleich wird festgestellt, dass zwar die Todesstrafe und jede Form von Krieg immer mehr abgelehnt würden, gleichzeitig aber die „Forderung nach Freigabe des Schwangerschaftsabbruches, sei es in vollem Umfang oder aufgrund immer weiter gefaßter Indikationen“, zunimmt. Die Kirche – und damit wir alle – sind berufen und bestellt, das Leben zu schützen und gegen solche Pläne und Absichten den Glauben der Kirche zu bezeugen. Oder darf etwa Abtreibung im Namen der Gewissensfreiheit stattfinden?

Der damalige Präfekt Kardinal Seper legt diesbezüglich für die Glaubenskongregation dar: „In zahlreichen Ländern ist die staatliche Gewalt, die einer gesetzlichen Freigabe des Schwangerschaftsabbruches Widerstand leistet, Gegenstand starken Druckes, der sie dazu bringen will. Das würde, sagt man, kein Gewissen verletzen, da man einem jeden die Freiheit beläßt, seiner Meinung zu folgen, indem man jeden daran hindert, seine Auffassung einem anderen aufzunötigen. Der ethische Pluralismus wird als Konsequenz des ideologischen Pluralismus gefordert. Indessen sind beide weit voneinander entfernt, weil ein tätliches Eingreifen schneller Interessen des anderen berührt als die einfache Meinungsäußerung und man sich niemals auf die Meinungsfreiheit berufen darf, um dem Recht der anderen Abbruch zu tun, vor allem dem Recht auf Leben.“

Meinungskampagnen bestanden damals und bestehen heute. Die Haltung der Ehrfurcht vor dem Leben wird als Meinung klassifiziert, der Schwangerschaftsabbruch wird als autonome Entscheidung verstanden. Es gelte, so Kardinal Seper, den Glauben und die Sittenlehre der Kirche zu fördern und zu schützen. Wir dürfen ergänzen: Es gilt, die Morallehre der Kirche zu verteidigen – und nicht säkular „weiterzuentwickeln“: „Die Kirche rechnet damit, daß alle Gläubigen, einschließlich jener, die durch die neuen Kontroversen und Meinungen die rechte Orientierung verloren haben, es verstehen, daß es sich nicht darum handelt, eine Lehrmeinung der anderen entgegenzusetzen, sondern ihnen die konstante Lehre des höchsten Lehramtes zu übermitteln, das die Sittenregel im Lichte des Glaubens darlegt. Es ist daher klar, daß diese Erklärung nicht ohne eine schwerwiegende Verpflichtung für das christliche Gewissen bleibt. Möge Gott auch alle Menschen erleuchten, die mit ganzem Herzen suchen, ‚nach der Wahrheit zu handeln‘ (Joh 3,21).“

Gegen die hellenistische Lebenswelt und -wirklichkeit hielt die Kirche von Anfang an daran fest, „daß das menschliche Leben beschützt und gehütet werden muß von seinem Beginn an wie in den verschiedenen Phasen seiner Entwicklung“. Erinnert wird an die Worte von Papst Stephan V. aus dem 9. Jahrhundert: „Derjenige tötet, der durch Abtreibung umkommen läßt, was empfangen wurde.“ Paul VI. bekräftigte die Lehre der Kirche wider den Schwangerschaftsabbruch mehrfach und energisch.

Die Glaubenskongregation stellt fest: „Das erste Recht einer menschlichen Person ist das Recht auf Leben. Sie hat andere Güter und einige wertvollere, aber dieses ist grundlegend, weil Voraussetzung für alle anderen. So muß es mehr als alle anderen geschützt werden. Es steht nicht der Gesellschaft zu, es steht nicht der staatlichen Autorität zu, welcher Art sie auch immer sei, dieses Recht einigen zuzuerkennen und anderen nicht. … In der Tat, die Achtung vor dem menschlichen Leben ist eine Pflicht, sobald der Lebensprozeß beginnt. Sobald das Ei befruchtet ist, hat ein neues Leben eingesetzt, das nicht jenes des Vaters noch der Mutter ist, sondern das eines neuen menschlichen Wesens, das sich für sich selbst entwickelt. Es wird niemals menschlich werden, wenn es nicht ein solches von jenem Zeitpunkt an ist.“

Vom ersten Augenblick an – und das hat die moderne genetische Wissenschaft bestätigt – ist festgelegt, „was dieses Lebewesen sein wird: ein Mensch, dieser individuelle Mensch mit seinen charakteristischen und schon bestimmten Eigenschaften“: „Seit der Befruchtung hat das Abenteuer eines menschlichen Lebens begonnen, für das jede der großen Anlagen Zeit braucht, eine hinreichend lange Zeit, um ihren Platz einzunehmen und um aktionsfähig zu werden. Zumindest kann man sagen, daß die heutige Wissenschaft auf ihrem höchsten Entwicklungsstand den Verteidigern der Abtreibung keinerlei wesentliche Stütze bietet.“ Darum gilt es trotz dramatischer Notlagen zu bedenken, zu berücksichtigen und zu beherzigen: „Das göttliche Gesetz und die natürliche Vernunft schließen also jedes Recht aus, einen unschuldigen Menschen zu töten.“

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gastautoren wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.

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