Zum Welttag gegen Menschenhandel, der jedes Jahr am 30. Juli von der UN begangen wird, sagte der junge Fußballspieler Taavi vom Afrikanischen Victoria Dynamites Footbal Club: „Moderne Sklaverei? Nicht in unserem Spiel und Menschenhandel nicht in unserem Spiel.“

Er sprach allerdings nicht nur gegen Menschenhandel allgemein, sondern gegen Menschenhandel im Sport. Das Auftreten von Menschenhandel und Menschenschmuggel bei Sportveranstaltungen hat in Afrika große Besorgnis ausgelöst, da kriminelle Banden Sportveranstaltungen als Deckmantel für ihre Aktivitäten nutzen und Jungen und Mädchen mit dem Versprechen eines besseren Lebens in verschiedene Länder locken.

Doch Menschenhandel im Sport kommt nicht nur in Afrika vor. Diese Bedrohung gibt es weltweit. Zu den Herausforderungen bei der Bekämpfung zählen starke organisierte kriminelle Bandennetze auch online sowie oft das Fehlen eines echten politischen Willens.

Jemand, der sich seit vielen Jahren unermüdlich für die Bekämpfung der Bedrohung durch Menschenhandel und Schmuggel auch im Sport einsetzt ist Prof. Michel Veuthey vom Malteserorden bei der UN in Genf. Wir sprachen mit ihm über den Menschenhandel, den Papst Franziskus als „eine offene Wunde im Leib Christi, im Leib der ganzen Menschheit“ bezeichnete.

Michel Veuthey wurde im Jahr 2011 zum stellvertretenden ständigen Beobachter des Malteserordens bei der UN in Genf ernannt und im Juli 2017 zusätzlich zum Botschafter des Souveränen Malteserordens für die Überwachung und Bekämpfung des Menschenhandels ernannt.

Menschenhandel und Menschenschmuggel sind schon lange weltweit ein großes, lukratives Geschäft. Bei diesem illegalen Handel werden Männer und Frauen betrogen, manipuliert, entführt und mit verschiedenen Mitteln, in eine Situation gelockt, die oft als moderne Sklaverei angesehen wird, darunter auch Sportveranstaltungen. Ein Bereich des Menschenhandels, der eher unzureichend erörtert wird?

In der Tat hat der Menschenhandel im Sport nur sehr wenig Aufmerksamkeit von Seiten der Regierung und sogar von Sportorganisationen erhalten. Und ich wurde erst kürzlich am 8. September in Los Angeles, in der Nähe des Olympischen Museums, von einer NGO, Mission89, eingeladen, wo wir die Frage junger Afrikaner diskutierten, die von Afrika nach Europa verschleppt werden, meist um Fußball zu spielen.

Und man hat mich dorthin eingeladen um dort zu sprechen. Sie luden mich auch ein, bei einer Nebenveranstaltung in New York zu sprechen, einer Nebenveranstaltung zur UN-Generalversammlung, die von Mission89 und den ständigen Vertretungen von Gabun, Monaco, und Katar organisiert wurde. Eigentlich ging es darum, zu sagen, dass es nun genug sei mit dem Menschenhandel im Sport und dass wir die Menschen darauf aufmerksam machen müssen, dass leider nicht nur für junge Fußballspieler in Afrika, sondern auch für viele Sportler in anderen Sportarten der Menschenhandel ein Schauplatz ist.

Und deshalb sage ich, dass es für mich wichtig ist, dass auch die anderen Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen drei Dinge tun: Erstens, das Bewusstsein für dieses Thema und für Menschenhandel im Allgemeinen zu schärfen. Zweitens, bewährte Praktiken auszutauschen, denn es gibt in der Tat bewährte Vorgehensweisen zur Vorbeugung und zum Schutz dieser Sportler. Und drittens, Maßnahmen zu fördern, damit die Opfer und Überlebenden rehabilitiert und entweder in den Sport oder in andere Aktivitäten, einschließlich Studium oder Berufsausbildung, wiedereingegliedert werden können.

Sie erwähnten die sogenannten „bewährten, guten Praktiken“. Die hängen ja im Wesentlichen davon ab, dass sie angewandt werden und daran mangelt es offensichtlich. Was sind denn eigentlich „bewährte, gute Vorgehensweisen“?

Ja, das ist eine gute Frage, denn es gibt gute Vorgehensweisen, aber ich muss sagen, sie sind nicht allzu bekannt. Gute Praktiken können verschiedener Art sein. Nun, gute Praktiken könnten beispielsweise sein, dass man an der Grenze zwischen der Ukraine und Polen Flugblätter verteilt und jungen Frauen mit Kindern sagt, dass sie bitte aufpassen sollen, dass sie nicht belästigt werden und in die Falle des Menschenhandels geraten, oder dass man auch Familien in Afrika informiert und ihnen sagt, dass sie ihre Töchter bitte nicht zu einem außergewöhnlichen, verlockenden Job in einem Hotel in Europa gehen lassen sollen, der ganz anders aussehen könnte, wenn sie erst einmal in Europa ankommen, oder eben auch für Jungen, denen versprochen wird, dass sie in einer Fußballmannschaft in Europa Meister werden.

Das ist also ein Teil der guten Verfahren in der Vorbeugung. Aber dann auch gute Praxis im Bereich des Schutzes, was bedeutet, dass man versuchen muss, die Opfer zu identifizieren und dann den Ärzten zu sagen, wie sie mit ihnen umgehen sollen.

Aber nicht nur Ärzte, sondern auch Rechtsanwälte, Polizeibeamte und Richter, damit sie in der Lage sind, Opfer zu identifizieren und zu erkennen, dass es sich um Menschen handelt, um Opfer, die ein sehr langes und schweres Trauma erlitten haben. Und dieses lange und schwere Trauma verdient eine lange und geduldige Behandlung.

Und ich möchte besonders die Rolle einiger religiöser Gemeinden erwähnen, einschließlich natürlich der Katholiken, die sich sehr geduldig um die Opfer und Überlebenden gekümmert haben, ihnen zugehört und sie betreut haben. Und sehr oft verdient das nicht nur Geduld, sondern auch eine besondere Ausbildung.

Das umfasst medizinische Betreuung, psychologische Betreuung und manchmal auch eine Ausbildung für ein neues Berufsleben. Und deshalb möchte ich erwähnen, dass einige Kirchengemeinden hier besonders gute Arbeit leisten. Ich will hier zum Beispiel Netzwerke nennen wie RENATE, Netzwerke wie SOLWODI, Netzwerke wie TalithaKum.

Das sind Netzwerke von Ordensschwestern, die wirklich hervorragende Arbeit leisten. Wir hatten ein paar von ihnen in unseren Webinaren, und ich kann Ihnen sagen, dass es sehr beeindruckend war. Es ist sehr beeindruckend, was sie tun und was sie nicht nur in Nigeria, sondern auch in Albanien und in anderen Teilen der Welt tun.

Und ich möchte hervorheben, dass ich ihr Engagement und ihre Professionalität sehr zu würdigen weiß. Bei den bewährten Praktiken möchte ich auch noch etwas wichtiges nicht vergessen: Das Gebet. Denn wir haben es hier auch mit einer spirituelle Angelegenheit zu tun. Der Menschenhandel ist eine Form des Bösen in der heutigen Zivilisation, und wir müssen den Menschenhandel auf jeden Fall bekämpfen und verhindern, und ganz besonders auch durch das Gebet.

Der Malteser-Ritterorden, für den Michel Veuthey gegen den Menschenhandel unterwegs ist, ist ja bekanntlich eine römisch-katholische Ordensgemeinschaft. Es gibt jedoch viele christliche Gemeinschaften, die dem Menschenhandel den Kampf angesagt haben. Zunächst Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher, Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz. Im Rahmen des Kongresses „Gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung“ im Juni diesen Jahres berichtete Schirrmacher über seine Gespräche mit dem UN-Generalsekretär Antonio Guterres über Menschenhandel. Er sagte, dass er in den Gesprächen, bei denen es auch um Russland und die Ukraine ging, auf etwas hingewiesen habe, dass in unseren Medien kaum angesprochen würde, nämlich, dass fast alle Kriege sich auch durch Menschenhandel finanzieren. Man gehe davon aus, dass drei Viertel von all dem, was die Taliban in Afghanistan anrichten, über Menschenhandel, Frauenhandel, Zwangsprostitution finanziert sei, sagte Schirrmacher. Menschenhandel ist eine Straftat, die laut Strafgesetzbuch § 232 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird. Menschenhandel gibt es überall und in fast allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Opfer sind nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder – besonders durch das weitgehend unregulierte und offene schnelle Wachstum der eSports-Industrie im Internet.

Dort sind dann Kinder Cybermobbing, Online-Raubtieren, Sextortion, ungeeigneten Inhalten und anderen Risiken ausgesetzt. Eine echte und oft ungemeisterte Herausforderungen für Eltern?

Leider haben Sie Recht. Heute findet der Menschenhandel immer häufiger online statt. Online aus verschieden Gründen: Erstens ist es billiger. Zweitens ist es für die Polizei schwieriger zu ermitteln, und es ist auch sehr schwer zu verhindern.

Und eSports ist natürlich sehr verlockend, weil man sagt, okay, wir sind auf dem neuesten Stand des kulturellen Trends. Diesbezüglich muss aber auch ganz klar gesagt werden: Sas sind Fallen. Das sind sehr riskante Aktivitäten. Wenn man nicht aufpasst, kann man tatsächlich in diese Fallen tappen. Es ist jedoch nicht unsere Aufgabe, das Internet oder Spiele oder eSports zu überwachen, sondern wirklich zu informieren, Eltern und Kinder aufzuklären und zu vermitteln, dass dies sehr gefährlich sein kann: Bitte lasst euch nicht in die Falle locken.

Die Arbeit von Michel Veuthey zielt auch darauf ab, mehr Spieleentwickler und Organisationen zu ermutigen, Spiele zu entwickeln, die Informationen über Kinderschutzgesetze an Kinder weitergeben.

Es gibt ja viele christliche Organisationen, die sich gegen den Menschenhandel einsetzen, ganz besonders auch bei der UN in Genf. Wir haben in den letzten Jahren viele Male darüber berichtet. Sagen Sie uns noch kurz etwas über Ihre Arbeit für den Malterserorden im Kampf gegen den Menschenhandel im Sport und generell gegen den Menschenhandel bei den Vereinten Nationen in Genf.

In jeder Sitzung des Menschenrechtsrates gebe ich eine Erklärung ab, und jedes Mal, wenn ein Sonderberichterstatter um einen Beitrag des Malteserordens bittet, gebe ich einen Beitrag ab. Und auch in New York. Das Büro in New York hat ebenfalls Erklärungen abgegeben. Außerdem habe ich online an einer Veranstaltung zum Thema eSports teilgenommen. Und letzte Woche, letzten Donnerstag, war ich in Wien, und das wurde von dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zum Thema Menschenhandel organisiert.

Der Malteserorden nimmt also an persönlichen oder Online-Veranstaltungen teil, nicht nur um zu berichten, was wir tun, sondern auch um von anderen zu lernen, was sie tun. Morgen und übermorgen finden zum Beispiel zwei Veranstaltungen statt, an denen wir teilnehmen werden. Ich denke also, dass es sehr wichtig ist, die Vereinten Nationen zu nutzen, auch wenn sie nicht perfekt sind, aber sie sind ein Marktplatz, auf dem man Menschen treffen kann, auf dem man Ideen austauschen kann, auf dem man Aktionen fördern kann und auf dem man zeigen kann, dass man tatsächlich Teil der internationalen Gemeinschaft ist und die Zusammenarbeit fördern will.

Was kann denn ein Sportfan tun, wenn er eine Sportveranstaltung besucht? Wie können die Zuschauer dieser Veranstaltungen zur Bekämpfung und Sensibilisierung für den Menschenhandel im Sport beitragen. Können sie überhaupt irgendwie dazu beitragen?

Natürlich. Wenn man nur ein Ticket kauft und dann da sitzt und zuschaut und seine Gefühle zeigt, da ist nicht gegen zu sagen. Aber dann muss man sich darüber im Klaren sein, dass dort junge Spieler spielen, und diese jungen Spieler brauchen Aufmerksamkeit und etwas Respekt. Und in der Tat, wenn man diesen jungen Spielern, auch wenn sie aus Afrika oder aus verschiedenen Teilen Europas kommen, etwas Respekt entgegenbringt, dann hilft man damit auch.

Aber man sollte auch, das muss ich sagen, die Verantwortlichen der Sportverbände aufrufen, etwas zu tun. Tut etwas. Da gibt es zum Beispiel den sogenannten Kasan-Aktionsplan, der auf der Sechsten Internationalen Konferenz in Kasan von den für Leibeserziehung und Sport zuständigen Ministern und hohen Beamten 2017 verabschiedet wurde.

Der Kasan-Aktionsplan basiert auf den Internet-Schutzmaßnahmen für Kinder im Sport, wo sich die nationalen Regierungen verpflichten, die Entwicklung der Sportpolitik mit der 2030-Agenda der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu verbinden.

Und dann sei auch hier der Bericht des US-Außenministeriums über den Menschenhandel im Jahr 2020 erwähnt, der zum ersten Mal auch den Sport einbezog. Man schätzt, dass es allein in der europäischen Fußballindustrie jedes Jahr 15.000 Opfer von Menschenhandel gibt, hauptsächlich aus Westafrika.

Daher halte ich es auch für gut, dass Bürger, Regierungen und Sportverbände diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken und, wie ich bereits sagte, mehr Respekt für diese jungen Spieler fordern und ihnen auch Alternativen anbieten. Denn wenn sie im Fußball nicht erfolgreich sind, sollte man ihnen anbieten, entweder nach Hause zurückzukehren, aber sicher, oder in eine Berufsausbildung oder in verschiedene Formen der Bildung einbezogen zu werden. Aber ich denke, es ist eindeutig mehr Aufmerksamkeit erforderlich.

Aufmerksamkeit erzielen ist sicher ein wichtiger und oft auch guter erste Schritt im Kampf gegen Menschenhandel. So hatte Papst Franziskus im Februar, am Fest der heiligen Josephine Bakhita und zugleich Weltgebetstag gegen den Menschenhandel, zum Fall von Bakhita angemerkt, das sich Gott um sie gekümmert habe und sie im Prozess der Heilung der durch die Sklaverei verursachten Wunden begleitet habe, bis er ihr Herz, ihren Geist und ihr Inneres zur Versöhnung, Freiheit und Zärtlichkeit fähig machte, so Papst Franziskus. Er sagte weiter: „Menschenhandel ist Gewalt! Die Gewalt, die jede Frau und jedes Mädchen erleidet, ist eine offene Wunde im Leib Christi, im Leib der ganzen Menschheit, eine tiefe Wunde, die auch jeden von uns betrifft.“ Dies trifft sicher auch auf die Auswirkungen des Verbrechens Menschenhandel im Allgemeinen zu, aus christlicher Sicht zumindest. Eine offene Wunde im Leib Christi, im Leib der ganzen Menschheit, eine tiefe Wunde, die auch jeden von uns betrifft.

Original-Interview aufgenommen in Regensburg von Kameramann Andriy Ryndych | Deutscher Sprecher: Jan Terstiege | Redaktion, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN Deutschland und CNA Deutsch. Eine Produktion von Pax Press Agency, Sarl.

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