Es ist eine verständliche Versuchung, das Chaos und die Konflikte der westlichen Welt in einen großen Zusammenhang zu stricken. Vor allem für jene, denen im Wirrwarr die Deutungshoheit zu entgleiten droht, die sie für sich beanspruchen. Daraus lässt sich Sinn und Auftrag handarbeiten. Oder? Manchmal wird daraus auch etwas anderes.

Im tiefen Bedürfnis nach Erklärungsmustern sieht der Journalist Ross Douthat den Grund, warum sich sowohl die Zeitung, für die er schreibt – die "New York Times" – als auch die "Washington Post" dazu verleiten ließen, eine Verbindung herzustellen zwischen Steve Bannon, dem Chefberater von Donald Trump, und Kardinal Raymond Burke.

Den Papst schwächen um die Welt christlicher zu machen?

Tatsächlich strickten einige Journalisten von "Post" und "Times" so kräftig und mit heisser Nadel, dass auch deutsche Medien einigen der Maschen-Spuren gefolgt sind. In "Christ und Welt" schrieb der versierte Vatikan-Kenner Julius Müller-Meiningen, dass Bannon "den Schulterschluss" mit "konservativen Kräften im Vatikan" suche. Im Vorspann des Artikels in der "Zeit" liest man daher: Die US-Regierung wolle "die Welt wieder christlicher machen" – und die "konservativen Kräfte"? Die wollen "Papst Franziskus schwächen und das Rad der Zeit zurückdrehen".

Das sind dicke Erklärungsmuster; der daraus gestrickte Pulli ist aber leider viel zu eng. Macht man die Welt heute christlicher, indem man als Präsident Trump den Papst (!) schwächt? Haben die beiden Herren Trump und Bannon derzeit nicht ganz andere Sorgen? Vom Heiligen Vater ganz zu schweigen?

Während sich persönliche Präferenzen wie politische Anliegen mit einer Sicht auf Kirche und Welt verheddern, im Angesicht polarisierender Debatten und allerorten wuchernder Polemik, sieht Ross Douthat schon die Konsequenzen der Dynamik, mit der die Deuter so mächtig ringen. Und strickt sich prompt in die Zukunft hinein. Er schreibt: "Ganz so wie der Trumpismus die politische Linke von morgen schmiedet (...), schmiedet Franziskus die katholische Rechte von morgen – theologisch und vielleicht auch politisch."

Hoffentlich hat er nicht recht. 

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