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"We will meet again!" – Erzbischof Georg Gänswein

Erzbischof Georg Gänswein

CNA Deutsch dokumentiert mit freundlicher Genehmigung die Weihnachtsbotschaft von Erzbischof Georg Gänswein, Präfekt des Päpstlichen Hauses und Privatsekretär von Papst emeritus Benedikt XVI., für den deutschen "Senat der Wirtschaft".

"Fürchtet Euch nicht!" lautet die innere Botschaft des Weihnachtsfestes, das wir in einer Woche feiern. Doch seit Mittwoch ist Deutschland im Lockdown. Es ist ein Notstand, den es seit Menschengedenken nicht gab. Die Not ist global und geht um, und geht alle an. Seit Monaten infizieren Furcht und Angst wie ein Virus alle Debatten und vergiften die Nachrichten. Als Priester und Bischof erhalte ich täglich im Vatikan aus dem großen Raum der Universalen Kirche viele Nachrichten, wie sie schlimmer kaum sein können. Und ein Freund prophezeite mir, wir sollten nicht denken, dass wir schon ganz auf dem Grund angekommen seien. Zuerst werde es wohl noch schlimmer kommen. Doch auch jetzt schon blicken wir zurück auf ein wahres Schreckensjahr, ein annus horribilis. Keiner hat je Ähnliches erlebt.

Und im Strudel all dieser schrecklichen und schlechten Nachrichten haben Sie mich nun eingeladen, Ihnen von Rom aus einige Worte zu der guten Nachricht zu sagen, die auf Griechisch eu-angelion – Evangelium – heißt. 

Unser Weihnachtsfest nämlich müssen wir uns als eine Schnittmenge vorstellen, in der das Fundament unseres Glaubens, das in den Evangelien grundgelegt ist, weit in die säkulare und teilweise auch gottlose Welt hineinreicht.

Denn heute in acht Tagen feiern wir ja nicht "Väterchen Frost" wie in der alten atheistischen Sowjetunion der christliche Ursprung dieses innigsten unserer Feste kaschiert werden sollte. 

Und wir feiern auch nicht den Weihnachtsmann, den es nicht gibt, sondern wir feiern die Stunde, in der Gott selbst in unsere Geschichte eingetreten ist und uns in "Bethlehem im Lande Juda" in einem Neugeborenen erstmals sein Gesicht gezeigt hat. Das müssen Sie sich einmal vor Augen halten: Der allmächtige Gott als Neugeborener! Hilfloser geht es nicht.

In dieser Nacht, heißt es dann weiter beim Evangelisten, geht nicht weit von der jungen Mutter Maria und ihrem Kind ein lichtumstrahlter Engel auf erschrockene Hirten zu, die vor der Stadt ihre Herden hüten und sagt zu ihnen: "Fürchtet euch nicht. Denn seht, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll." Dann umgeben plötzlich Chöre von Engeln diesen ersten Freudenboten mit unvorstellbarem Lobgesang, und jubilieren: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens."

Das habe ich mir nicht ausgedacht. Das lesen wir wörtlich genau so beim heiligen Lukas.

Wer das für unglaublich hält, hat wirklich Recht. Doch das ist unser Glaube! Den muss keiner teilen.

Eins allerdings hat mit unserem Glauben gar nichts zu tun und steht ohne jeden Zweifel fest. Mit der Geburt Jesu vor 2020 Jahren am Rand des römischen Weltreichs zur Zeit des Imperators Augustus ist für Gläubige wie Ungläubige ein Optimismus in die Welt getreten, wie ihn die Geschichte noch nie zuvor gesehen hatte.

Doch wie es aussieht, werden wir diesmal, wenn wir an Silvester den Übergang zum nächsten "Jahr des Herrn" 2021 begehen, kein Feuerwerk sehen, das die Nacht erleuchtet. Wo sonst fast kindliche Freude regiert, herrscht dieses Mal Bedrückung.

Und auch Weihnachten wird diesmal vielleicht so leise über uns kommen wie fallender Schnee.

Es ist eine planetarische Ausnahmesituation, die ich heute Abend aber nutzen möchte, Sie alle einzuladen, diese Gelegenheit wie vielleicht nie zuvor als Chance zu begreifen, in diesen Tagen noch einmal genauer auf das Kind zu schauen, das da im Stroh in der Krippe liegt und zu reflektieren, was es uns sagt. Was Weihnachten also im tiefsten bedeutet. Und zwar nicht abstrakt und allgemein, sondern höchstpersönlich für mich selbst.

Die Antwort darauf finden wir im gleichen Evangelium, wenn wir es weiterlesen und uns vor Augen führen, wie dieser Säugling 33 Jahre später zum Opfer schlechthin wird, in unvorstellbaren Martern zu Tode kommt und sich nach drei Tagen im Grab als Lebendiger zeigt, als Auferstandener.

Dann wissen wir, dass dieser Neugeborene für ein Leben steht, das keine Grenzen kennt und das jede Pandemie und alles Unheil und jede Angst und jeden Schrecken überragt und besiegt, auch und vor allem den Tod. 

Es ist also das ewige Leben und die ewige Freude, zu der uns dieser Säugling einlädt.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Papst Johannes Paul II., dessen öffentliches Leiden und unvergessliches Sterben ich hier in Rom aus nächster Nähe miterleben durfte, hat gegen Schluss seines Lebens über unseren Glauben mit letzter Kraft gesagt: "Das Christentum ist eine Person, eine Gegenwart, ein Gesicht: Jesus Christus." Das ist Weihnachten. In Bethlehem schauen wir erstmals auf diese Person, auf Jesus Christus, als hilflosen Säugling. Er höchstpersönlich ist das Fundament unseres Glaubens.

Und Joseph Ratzinger schrieb damals, als er noch Kardinal und die rechte Hand dieses heiligen Papstes war: "Wir brauchen uns nur einen Augenblick auszudenken, was wäre, wenn plötzlich der Glaube an die Menschwerdung Gottes in Bethlehem in der Menschheit ganz erlöschen würde. Die Orte, an denen der Atheismus, die Feindschaft gegen Gott und Christus ihre Triumphe feierten, lassen uns etwas von der Ungeheuerlichkeit des Dunkels ahnen, das dann entstehen würde… Gott hat die Welt durch seine Menschwerdung nicht in ein irdisches Paradies umgezaubert, wie wir es uns wünschen würden; sie ist voller Mühsal geblieben. Aber er hat ein stilles Licht der Liebe und des Erbarmens in sie eingesenkt, das er nicht mehr erlöschen lässt. Für dieses Licht sollten wir an Weihnachten neu unser Herz öffnen". 

Zu diesem leisen Licht und diesem Weg der Freude möchte darum auch ich Sie heute einladen, wenn der Himmel an Sylvester dunkel bleibt und Weihnachten so still wird wie noch nie. "Der Weg der Freude ist kein Spaziergang", sagte Papst Franziskus am letzten Sonntag.

Dennoch bleibt er der einzige Weg, den es sich in gelassener Zuversicht zu gehen lohnt.

Weil ich Ihnen aber keine Predigt halten will, möchte ich nicht mit einem Wort der Päpste enden, sondern mit einer Verbeugung vor der Königin von England, die im vergangenen April den gleichen Geist atmete, als sie sich aus Anlass der tödlichen Pandemie von allen Bewohnern des Vereinigten Königreichs in königlichköniglich christlicher Zuversicht auf ein Leben, das alle Grenzen übersteigt, mit 94 Jahren und mit den Worten verabschiedete:

"We will meet again!"

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