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"Wir Menschen wollen immer einer Sache huldigen": Zum Fest Erscheinung des Herrn

Der Münchner Illustrator und Grafiker Paul Hey (1867-1952) schuf dieses Meistwerk der "Drei Weisen aus dem Morgenland"

Liebe Mitchristen

Das entscheidende Wort zum heutigen Fest der Erscheinung des Herrn lautet nach meiner Ansicht: Sie kamen, um dem Herrn zu huldigen. Man könnte auch sagen: Sie kamen, um den Herrn anzubeten.

Bei der Vorbereitung dieser Predigt kam mir der Gedanke: Wir Menschen sind so geschaffen, dass wir immer einem Menschen oder einer Sache huldigen wollen und müssen. Wir brauchen etwas, vor dem wir gleichsam niederknien können. Ist es nicht heute für viele der Sport, speziell der Fußball? Ist es in diesen Tagen die Gesundheit? Ist es im Allgemeinen in unserem Leben die gute Freizeit, der schöne Urlaub. Für manche ist es die Kunst, das Kino. Wir Menschen sind dazu geschaffen, einer Person oder einem schönen Tun zu huldigen.

Und in der guten alten Zeit war es eben Gott. Wozu wurden die herrlichen romanischen oder gotischen Kathedralen gebaut, die schönen Barockkirchen, die Wallfahrtskirchen. Der Mensch lebte auf, wenn er den Eindruck hatte, hier einer höheren Macht huldigen zu können, hier vor einem unendlichen Geheimnis in die Knie gehen zu können.

Warum ist das so? Bei meinem Mitbruder Pater Alfred Delp habe ich eine gute Antwort gefunden: Er scheibt im Nazi-Gefängnis kurz vor seiner Hinrichtung: „Das gebeugte Knie und die erhobenen Hände sind die Grundgebärde des Menschen.“ Um ganz Mensch zu sein, ist es gut und nötig, die Knie vor einem übermenschlichen Mysterium zu beugen und zu ihm die Hände zu erheben.

Das ist der Hintergrund dafür, dass sich nach dem Matthäus-evangelium Weise aus den Orient, vermutlich Astronomen auf den Weg gemacht haben, um einem für sie großen, neu geborenen König zu huldigen. Sie hatten einen Stern gesehen und sind ihm gefolgt. Es war ihr Star.

Drei Gedanken können wir vom heutigen Fest mitnehmen. Auch wir sind Menschen, die zu etwas Großem aufschauen wollen, einer großen Sache huldigen, einer großen Idee oder einem großen Menschen. Es sind für viele in der heutigen Welt die Stars. Aber die Stars lassen unsere Seele letztlich alleine und einsam. Wir brauchen immer neue Stars. Stars enttäuschen. Wenn wir vor Gott die Knie beugen, wenn wir zu Gott aufschauen, dann suchen wir nach einem unendlichen Geheimnis. Nur dieses unendliche Geheimnis ist groß genug, um unsere Seele zu nähen, zu füllen.  Der heilige Augustinus hat vor mehr als 1500 Jahren das klassische Wort geprägt: „Du – o Gott - hast uns für dich geschaffen und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir.“ Das grundlegende Übel der Menschheit, in der wir heute leben, besteht darin, dass viele Menschen nicht mehr nach Gott fragen, Gott suchen, Gott huldigen. Daher suchen sie nach immer mehr Konsum, Unterhaltung, Vergnügen.

Und das Andere, was uns das heutige Fest lehrt: Auch die Menschen, die nicht zum Auserwählten Volk Gottes gehören, die sogenannten Heiden, kommen nach Bethlehem. Und umgekehrt: Christus, der Erlöser der Juden und Christen ist auch Erlöser der Nichtchristen. Jesus Christus will auch die Nichtchristen in seine Arme schließen. Auch Muslime, auch Juden, auch Hindus und Buddhisten sind – nach unserem Glauben – auch wenn sie es nicht wissen auf der Suche nach Christus. Vielleicht sollten wir nachdenklich werden, wenn wir fromme Muslime sehen, die sich in ihren Moscheen niederwerfen. Vielleicht wünschen diese frommen Muslime, dass sie die Christen auf den Knien sehen, das sie sehen, wie Christen sich vor ihrem Gott auf die Knie werfen. Vielleicht verbindet uns das Wort von Alfred Delp: Das gebeugte Knie und die erhobenen Hände sind die Grundgebärde des Menschen. Vielleicht schafft diese Grundgebärde auch Frieden auf Erden. Denn betenden Menschen fallen die Waffen aus den Händen.

Und ein Drittes. Pater Alfred Delp schrieb einen Monat vor seiner Hinrichtung im Gefängnis zum Fest der heiligen Drei Könige: „Diese Männer, denen die Stunde der großen Freiheit im Stall zu Bethlehem schlug, hatten die Wüste bestanden. Die äußere Wüste der Einsamkeit, der verlassenen Heimat, der geopferten Bindungen und Beziehungen, der eintönigen und zähen Wanderfahrt. Und die innere Wüste der sternlosen Zeit, der Frage, des Zweifelns, der Bangigkeit und Sorge. Es war ein weiter Weg“

Sind wir nicht gerade heute, in diesem Jahr in der Wüste? Auch der Einsamkeit, der geopferten Beziehungen, des Zweifels, der Sorge?

Vertrauen wir auf den Herrn, dass auch wir eines Tages in unser Bethlehem gelangen und niederfallen vor dem, der unsere Herzen füllt und uns in seine Arme schließt. Amen

Pater Eberhard von Gemmingen SJ war von 1982 bis 2009 Redaktionsleiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan. 

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