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Papst Franziskus und die Todesstrafe

Blick auf den Petersdom im Vatikan

Am 1. August 2018 erfolgte eine Neuformulierung von Abschnitt 2267 des Katechismus bezüglich der Todesstrafe. Beispielhaft wird hier auch gezeigt, wie die Lehre der Kirche in der Kontinuität und Treue zum Depositum fidei entwickelt werden kann.

Dieser Passus lautet: „2267. Lange Zeit wurde der Rückgriff auf die Todesstrafe durch die rechtmäßige Autorität – nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren – als eine angemessene Antwort auf die Schwere einiger Verbrechen und als ein annehmbares, wenn auch extremes Mittel zur Wahrung des Gemeinwohls angesehen. Heute gibt es ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die Würde der Person auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen hat. Hinzu kommt, dass sich ein neues Verständnis vom Sinn der Strafsanktionen durch den Staat verbreitet hat. Schließlich wurden wirksamere Haftsysteme entwickelt, welche die pflichtgemäße Verteidigung der Bürger garantieren, zugleich aber dem Täter nicht endgültig die Möglichkeit der Besserung nehmen. Deshalb lehrt die Kirche im Licht des Evangeliums, dass ‚die Todesstrafe unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt‘, und setzt sich mit Entschiedenheit für deren Abschaffung in der ganzen Welt ein.“

Kardinal Ladaria erläuterte am selben Tag die neue Formulierung des entsprechenden Abschnitts. Papst Franziskus sei es wichtig gewesen, dass die Lehre über die Todesstrafe neu formuliert werde, um die „erfolgte Entwicklung der Lehre zu diesem Thema besser zusammenzufassen“: „Diese Entwicklung beruht hauptsächlich darauf, dass es in der Kirche ein immer klareres Bewusstsein der Achtung gibt, die jedem menschlichen Leben geschuldet wird. In diesem Sinn stellte Johannes Paul II. fest: ‚Nicht einmal der Mörder verliert seine Personwürde, und Gott selber leistet dafür Gewähr‘.“

Die Einsicht sei gewachsen, dass die Menschenwürde auch durch das Begehen schwerster Verbrechen nicht verloren gehe. Es bestehe „ein vertieftes Verständnis vom Sinn der Strafsanktionen durch den Staat sowie das Vorhandensein von wirksameren Haftsystemen, die den erforderlichen Schutz der Bürger sicherstellen, zu einem neuen Bewusstsein geführt, das die Unzulässigkeit der Todesstrafe anerkennt und deshalb ihre Abschaffung fordert“. Bereits der heilige Johannes Paul II. habe sich öfter gegen die Todesstrafe ausgesprochen und die öffentliche Abneigung gegen die Todesstrafe als „Hoffnungszeichen“ für eine „neue Zivilisation des Lebens“ gewertet. Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus haben dies aufgenommen und bei verschiedenen Gelegenheiten vorgebracht.

Kardinal Ladaria führt aus: „Die neue Formulierung der Nr. 2267 des Katechismus der Katholischen Kirche, die Papst Franziskus approbiert hat, liegt auf der Linie des vorausgehenden Lehramts und führt eine konsequente Entwicklung der katholische Lehre weiter. Der neue Text folgt den Spuren der Lehre von Johannes Paul II. in Evangelium vitae und bekräftigt, dass die Beseitigung des Lebens eines Verbrechers als Strafe für ein Vergehen unzulässig ist, weil sie gegen die Würde der Person verstößt, eine Würde, die auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen hat. Zu diesem Schluss gelangt man auch, wenn man die vom modernen Staat angewandten Strafsanktionen in Betracht zieht, die vor allem auf die Besserung und soziale Wiedereingliederung des Verbrechers abzielen müssen. Schließlich ist die Todesstrafe unter Berücksichtigung der wirksameren Haftsysteme der modernen Gesellschaft nicht notwendig, um das Leben unschuldiger Personen zu schützen.“

Eine „authentische Entwicklung der Lehre“ ist daran erkennbar, dass die neue Formulierung „nicht im Widerspruch zu früheren Aussagen des Lehramts steht“: „Diese Aussagen können nämlich im Licht der vorrangigen Verantwortung der öffentlichen Autorität für die Wahrung des Gemeinwohls in einem sozialen Umfeld verstanden werden, in dem die Strafsanktionen eine andere Bedeutung hatten und in einem Milieu erfolgten, in dem es schwerer war zu garantieren, dass der Verbrecher sein Vergehen nicht mehr wiederholen kann.“

Weiterhin wird dargelegt: „In der neuen Formulierung wird hinzugefügt, dass das Bewusstsein über die Unzulässigkeit der Todesstrafe ‚im Licht des Evangeliums‘ gewachsen ist. Das Evangelium trägt nämlich zu einem besseren Verständnis der geschaffenen Ordnung bei, die der Sohn Gottes angenommen, gereinigt und zur Fülle gebracht hat. Es lädt uns auch ein, die Barmherzigkeit und die Geduld des Herrn zu üben, der jedem Zeit schenkt, sich zu bekehren.“

Erkennbar wird hier exemplarisch, dass eine „authentische Entwicklung der Lehre“ nur möglich, zulässig und erlaubt ist, wenn sie nicht früherer Aussagen des Lehramts korrigiert oder als unzulässig erscheinen lässt. Wenn etwa – und diese Fantasien sind gegenwärtig ja im Umlauf – die geltende Sexualmoral der Kirche neu erfunden werden soll, im Gegensatz zur Lehre, zum Evangelium und zu den Konstitutionen des Zweiten Vatikanischen Konzils, dann würde es sich um einen unzulässigen Bruch mit der Lehre und nicht um eine „authentische Entwicklung“ handeln.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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