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Christlich in Würde sterben

Blick auf den Petersdom im Vatikan

Das moraltheologisch bedeutsame Schreiben „Samaritanus bonus“, am 14. Juli 2020 von der Kongregation für die Glaubenslehre veröffentlicht, spricht von der „christlichen Würde des Sterbens“. Kardinal Ladaria führt aus, dass der „therapeutische Übereifer“ ausgeschlossen werden solle, also Mittel nicht verabreicht werden sollen, die den Eintritt des Todes nur künstlich verzögern, ohne dass der Patient diese Zeitspanne als „wirkliche Wohltat“ erfährt: „Beim bevorstehenden unvermeidlichen Tod ist es daher nach Wissen und Gewissen legitim, die Entscheidung zu treffen, auf Heilversuche zu verzichten, die nur eine schwache und schmerzhafte Verlängerung des Lebens bewirken könnten, ohne jedoch die normalen Hilfen zu unterlassen, die dem Patienten in solchen Fällen geschuldet werden.“

Auf „medizinische Mittel“, die eine „schwache und schmerzhafte Verlängerung des Lebens bewirken würden“, könne verzichtet werden, wenn dies dem Willen des Sterbenden entspricht. Auszuschließen sei jeder Akt, der „Euthanasie- oder Suizidcharakter“ hat: „Die Proportionalität bezieht sich nämlich auf das Gesamtwohl des Patienten. Man darf niemals eine falsche moralische Unterscheidung in Bezug auf die Wahl zwischen Werten vornehmen (zum Beispiel Leben versus Lebensqualität). Dies könnte dazu führen, dass die Wahrung der personalen Integrität und des guten Lebens sowie der wahre moralische Gegenstand der durchgeführten Handlung nicht beachtet werden. Tatsächlich muss jede medizinische Handlung immer als Ziel und Absicht der Handelnden die Begleitung des Lebens und niemals das Trachten nach dem Tod haben. In jedem Fall ist der Arzt niemals ein bloßer Vollstrecker des Willens des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters, und er behält das Recht und die Pflicht, sich einem Willen zu entziehen, der mit dem moralischen Gut nicht übereinstimmt, welches das eigene Gewissen wahrnimmt.“

Die Palliativmedizin wird in diesem Zusammenhang als ein „wertvolles und unverzichtbares Instrument“ zur Schmerzlinderung bezeichnet: „Die Erfahrung lehrt, dass die Anwendung der palliativen Behandlungsweisen die Zahl der Menschen, die Euthanasie einfordern, stark verringert. Zu diesem Zweck erscheint ein entschlossener Einsatz als nützlich, diese Behandlungsweisen, entsprechend den wirtschaftlichen Möglichkeiten, unter denjenigen auszubreiten, die sie benötigen, und zwar nicht nur in den Endstadien des Lebens, sondern als integrierter Behandlungsansatz in Bezug auf jede chronische und/oder degenerative Erkrankung, die eine komplexe, schmerzhafte und ungünstige Prognose für den Patienten und seine Familie haben kann.“

Zu diesen Behandlungsmethoden tritt der geistliche Beistand hinzu, so dass der Sterbende und auch die Angehörigen in die Akzeptanz des bevorstehenden Todes hineinwachsen, dies im Glauben annehmen und ihre Hoffnung auf Gott bestärkt sehen. Ausdrücklich wird noch einmal hervorgehoben, dass Palliativmedizin und ärztliche Suizidbeihilfe einander ausschließen. Die in Todesnähe lebenden Menschen, der Sterbende wie die Angehörigen, können den christlichen Glauben als „Wein der Hoffnung“ erfahren: „Im Leiden muss der Mensch in der Lage sein, eine Solidarität und eine Liebe zu erfahren, die Leiden annimmt, indem sie dem Leben einen Sinn gibt, der über den Tod hinausgeht.“

Gläubige Mitarbeiter im Gesundheitsdienst sind dazu verpflichtet, sich jeglicher Mitwirkung an Maßnahmen von Suizid oder Euthanasie aus Gewissensgründen zu verweigern. Kardinal Ladaria schreibt: „Angesichts von Gesetzen, die – unter irgendeiner Form von medizinischer Hilfe – Euthanasie oder assistierten Suizid legitimieren, muss jede direkte formelle oder materielle Mitwirkung daran immer verweigert werden. Diese Kontexte stellen einen spezifischen Bereich für das christliche Zeugnis dar, in denen ‚man […] Gott mehr als […] den Menschen [gehorchen muss]‘ (Apg 5,29). Es gibt weder Recht auf Suizid noch auf Euthanasie. Das Recht existiert, um das Leben und die Ko-Existenz von Menschen zu schützen und nicht, um den Tod zu verursachen. Es ist daher niemals erlaubt, bei solchen unmoralischen Handlungen mitzuwirken oder zu verstehen zu geben, man könne mit Worten, Werken oder Unterlassungen mitwirken. Das einzig wahre Recht ist das Recht des Kranken auf Begleitung und Versorgung mit Menschlichkeit. Nur auf diese Weise schützt man seine Würde, bis der natürliche Tod eintritt.“

Das Recht auf diesen Einspruch aus Gewissensgründen wird auch naturrechtlich begründet: „Das Recht auf Einspruch aus Gewissensgründen darf uns nicht vergessen lassen, dass Christen diese Gesetze nicht aufgrund einer privaten religiösen Überzeugung ablehnen, sondern aufgrund eines grundlegenden und unantastbaren Rechtes jedes Menschen, das für das Gemeinwohl der gesamten Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung ist. Tatsächlich geht es um Gesetze, die gegen das Naturrecht verstoßen, da sie die Grundlagen der Menschenwürde selbst und ein durch Gerechtigkeit geprägtes Zusammenleben untergraben.“

Kardinal Ladaria beschreibt das „Evangelium des Lebens“ als ein „Evangelium des Mitleids und der Barmherzigkeit“. Heute sei das „größte Elend“ der „Mangel an Hoffnung“ in Bezug auf den Tod. Diese Hoffnung müsse neu durch das Zeugnis des Glaubens sichtbar werden, bei allen, die die „Kranken in allen Stadien der Krankheit, insbesondere in den kritischen Phasen und in der Endphase des Lebens begleiten“: „Der barmherzige Samariter, der das Gesicht seines Bruders in Schwierigkeiten in den Mittelpunkt seines Herzens stellt, weiß, wie er seine Not erkennen kann, bietet ihm alles notwendige Gute, um ihn aus der Wunde der Trostlosigkeit zu heben, und öffnet in seinem Herzen leuchtende Breschen der Hoffnung.“ Der barmherzige Samariter habe nicht mit „Wort und Zunge“ gehandelt, sondern in „Tat und Wahrheit“. Darin kann er auch heute allen, die Sterbende begleiten, Beispiel und Vorbild sein.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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