Rom, 19 August, 2016 / 3:10 PM
Im Mai dieses Jahres hat Papst Franziskus versprochen, eine Kommission einzusetzen, die die Frage vertieft, inwieweit es in der frühen Kirche weibliche Diakone gab. Die scheinbar aufsehenerregende Meldung hat es bis in die Fernsehnachrichten gebracht, freilich in viel reißerischer und medial wirksamer Weise: "Papst überprüft Zugang von Frauen zum Weiheamt". Dass dies nicht der Fall ist, wird aus der vor kurzem veröffentlichten Mitgliederliste der Kommission und ihren ersten Statetements deutlich. Es wird wohl ein Dokument geben, dass ganz auf der Linien desjenigen liegt, das die Glaubenskongregation im Jahr 2003 herausgegeben hat und feststellt, dass es in der Kirche nie ein dem männlichen Diakonat gleiches Amt für Frauen gab, obwohl sie verschiedene wichtige Dienste in der Gemeinde innehatten. Wieder einmal wird Papst Franziskus diejenigen enttäuschen, die erwarten, er würde endlich ihre kirchenpolitische Agenda erfüllen.
Interessant ist freilich schon, dass bei vielen der Ruf nach Diakonissen laut wird, der altkirchliche Stand der Jungfrauen, der gerade heutzutage immer mehr Berufungen findet, nicht erwähnt wird. Gänzlich schweigt man über den Stand der Witwen, der in der Urgemeinde und dann vor allem in der jungen Kirche in Rom, von großer Bedeutung war. Warum denkt man nicht darüber nach, den Stand der alleinstehenden, zumeist älteren Frauen in der Kirche neues Gewicht zu geben und ihnen, mit einer feierlichen Segnung, eine konkrete Mission zu geben?
Jungfrauen, Witwen und Diakone
Es fällt auf, dass bei der Diskussion um weibliche Diakone nie der Grund genannt wird, warum die Gemeinde in Jerusalem sieben Männer ausgewählt und geweiht hat. Es geht hier nicht darum zu zeigen, dass keine Frauen dabei waren, sondern erneut zu bedenken, warum es den Aposteln nötig schien, Mitarbeiter an ihrer Seite zu haben. Die Hirten der Kirche wünschten sich "Diener der Gemeinde". Es war ein Wunsch "von oben" und nicht, wie man heute sagen würde, "von unten", von der Basis, also von einzelnen Gläubigen oder bestimmte Gruppen unter ihnen, die auch ein "öffentliches Amt" haben wollten. Die Apostelgeschichte erzählt: In diesen Tagen, als die Zahl der Jünger zunahm, begehrten die Hellenisten gegen die Hebräer auf, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung. Da riefen die Zwölf die ganze Schar der Jünger zusammen und erklärten: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben." (Apg 6, 1-4).
Flapsig könnte man auf die Frage, warum die Apostel Diakone eingesetzt haben, antworten: Die alten Frauen waren schuld. Die schnellwachsende Gemeinde überfordert die Arbeitskraft der Apostel. Sie schaffen es nicht mehr, allen wichtigen Aufgaben nach zukommen, die sich ihnen stellen. So besinnen sie sich auf das Wesentliche, was sie nicht an andere delegieren können und wollen: Das Gebet und die Predigt.
Alles dreht sich um Gottes Wort – auch in der Suppenküche
Die Situation von damals ähnelt der vieler Bischöfe (und Priester). Hätten die heutigen Nachfolger der Apostel nur mehr Zeit für Gebet und Predigt! Die Apostel haben mutig die für die Kirche unverzichtbare Aufgabe der Karitas an die Diakone delegiert. Sie sollten im Namen Christi den Armen seine Barmherzigkeit in konkreten Werken der Liebe zeigen. Die Apostel selbst wollten, wiederum etwas salopp gesagt, lieber in der Kapelle knien als in der Armenküche Kartoffeln zählen. Die Diakone waren auch – das sehen wir dann beim heiligen Laurentius in Rom sehr deutlich – die Finanzchefs der Kirche. Die Bischöfe haben die Verwaltung des Geldes den Diakonen überlassen, weil sie wussten, dass für sie Gebet und Predigt wichtiger sind. Die Diskussion um weibliche Diakone oder neue Ämter für Laien macht nur Sinn – wenn wir den biblischen Blick der ersten Christen bewahren – wenn die Aufgabenverteilung dazu führt, dass unsere Bischöfe mehr Zeit haben zum Beten und zum Predigen. Es ist schön, wenn ein Bischof eine Armenküche besucht, Asylbewerber zum Mittagessen einlädt, in der Bahnhofsmission Lebensmittel austeilt oder im Kindergarten Schokonikoläuse verschenkt. Wenn er aber nur an den Tischen dient ohne das Wort Gottes zu verkünden, dann, so die Apostelgeschichte, ist das nicht recht. Freilich gilt auch, dass, wenn er bei diesen karitativen Besuchen – vielleicht auch ohne Worte, aber mit Werken der Liebe und Demut – das Evangelium bezeugt, er seinen hohen Auftrag erfüllt.
Was wirklich wichtig ist
Die Kirche Christi ist "apostolisch", wie wir im Glaubensbekenntnis beten. Sie ist gegründet auf die Apostel und die Bischöfe, ihre Nachfolger. Alle Mitarbeiter in der Kirche – Laien, Diakone, Priester – sind in ihrem Dienst auch dazu da, dass die Hirten "mehr (und besser) beten; mehr (und besser) predigen." Das Leben der Bischöfe muss um das Wort Gottes kreisen, auf das sie schweigend hören und das sie lautstark verkünden. Es wäre interessant zu erfahren, was unseren Bischöfen heute nottut, damit sie, wie die Apostel damals, immer tiefer in diese Haltung finden. Sie brauchen Unterstützung und Hilfe, damit sie Beter und Prediger sind und keine Funktionäre eines Sozialunternehmens. Bischöfe müssen wieder mehr Zeit haben: für’s Gebet, für die Predigt und – auch das ist eine Aufgabe, die, wie Papst Franziskus immer wieder sagt – nicht delegierbar ist: für ihre Priester, deren Vater und Bruder sie sind.
Erst in Krakau hat der Heilige Vater zum wiederholten Mal gemahnt: "Der Bischof muss für seine Priester verfügbar sein. Als ich in Argentinien war, habe ich, wenn ich Exerzitien predigte – das habe ich immer gerne getan – und zu den Priestern sagte: "Sprich darüber mit deinem Bischof…", viele, viele Male gehört: "Aber nein, ich habe ihn angerufen; die Sekretärin hat mir gesagt: Nein, er ist überaus beschäftigt, aber in drei Monaten wird er dich empfangen". – So ein Priester fühlt sich als Waise, ohne Vater, ohne Nähe und beginnt, sich fallen zu lassen. Ein Bischof, der am Abend, wenn er heimkommt, auf dem Blatt mit den Telefongesprächen den Anruf eines Priesters sieht, muss diesen entweder noch am selben Abend oder am nächsten Tag sofort anrufen. "Ja, ich bin beschäftigt, aber ist es dringend?" – "Nein, nein, aber machen wir etwas aus…". Damit der Priester spürt, dass er einen Vater hat. Wenn wir den Priestern die Vaterfigur vorenthalten, können wir von ihnen nicht verlangen, dass sie selbst Vaterfiguren sind. […] Das Werk des Vaters ist, Vater zu sein, ein väterlicher Bischof."
Zeit verlieren, nicht die Nerven!
Ein Bischof muss "Zeit haben" und "Zeit verlieren können" – für Gott, für die Menschen, für die Priester. Wo wir Gläubigen, Priester und Laien, unsere Bischöfe unterstützen können, diese Zeit für die ihnen vom Herrn anvertraute Aufgabe zu finden, da helfen wir mit am "Aufbau der Gemeinde", die immer der Leitung der Hirten anvertraut bleibt. Freilich braucht es eine übernatürliche Sicht auf die Kirche als dem "mystischen Leib" Christi, in dem kein Glied unwichtig ist und in dem Gebet nicht als "Zeitverschwendung" gilt. Wenn wir mit unseren Bischöfen immer mehr zu betenden Christen werden, dann – je nach unserer Berufung – werden wir fast automatisch zu predigenden Jüngern Jesu. Und dann werden wir auch – wiederum jeder nach seiner Sendung und Berufung – die Werke tun, die nicht mir alleine, sondern dem Aufbau der ganzen Gemeinde dienen. Darum geht es, wenn von Ämtern in der Kirche die Rede ist.
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