Madrid, 14 Juli, 2022 / 11:05 AM
Der spanische Ombudsmann Ángel Gabilondo hält es für besorgniserregend, dass es aufgrund der Verweigerung aus Gewissensgründen in Spanien viele Orte gibt, an denen in öffentlichen Gesundheitszentren keine Abtreibungen durchgeführt werden.
Dies geht aus einem Brief hervor, den er an einen kommunistischen Abgeordneten der Legislativversammlung der Autonomen Gemeinschaft Madrid geschickt hat und welcher der Zeitung El País zugespielt wurde.
El País, dessen redaktionelle Linie die Abtreibung befürwortet, weist darauf hin, dass Gabilondo, ein ehemaliger Minister der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE), "davor warnt, dass freiwillige Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Krankenhäusern der Autonomen Gemeinschaft Madrid nicht durchgeführt werden".
Diesbezüglich erklärt Gabilondo, dass dieser Umstand, der sich aus der Anwendung der Verweigerung aus Gewissensgründen seitens des medizinischen Personals ergibt, "einer Bewertung und Analyse unterzogen werden sollte".
Gabilondo erkennt in seinem Schreiben an, dass die Verweigerung aus Gewissensgründen ein individuelles Recht sei. Er ist jedoch der Ansicht, dass sie eine Frau nicht daran hindern dürfe, eine Abtreibung in einer öffentlichen Einrichtungen vornehmen zu lassen.
Der Präsident des Madrider Ärztekollegiums, Manuel Martínez-Sellés, brachte nach Lektüre des Artikels in der Zeitung El País die "Verwunderung" der Angestellten im Gesundheitswesen hinsichtlich der Absichten des Bürgerbeauftragten zum Ausdruck.
In einer Mitteilung gegenüber ACI Prensa, der spanischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch, erklärte Martínez-Sellés, dass die Ärzte in der spanischen Hauptstadt "überrascht darüber sind, wie man versuche, Abtreibungen in einigen öffentlichen Krankenhäusern zu erzwingen".
Der Vorsitzende des Madrider Ärztekollegiums betonte, dass "in vielen öffentlichen Krankenhäusern in der Autonomen Gemeinschaft Madrid der Grund dafür, dass keine Abtreibungen durchgeführt werden, darin besteht, dass sich alle Gynäkologen einstimmig zu Verweigerern aus Gewissensgründen erklärt haben".
Martínez-Sellés kritisierte auch diese "Absicht, die Durchführung von Abtreibungen in diesen Krankenhäusern zu erzwingen, wenn sich alle Gynäkologen aus Gewissensgründen weigern".
Seiner Meinung nach wäre "der einzige Weg, dies zu realisieren, entweder diese Fachkräfte zu zwingen, gegen ihr Recht auf Gewissensfreiheit zu handeln, oder gezielt Gynäkologen einzustellen, die Abtreibung befüworten, was eine rechtswidrige Diskriminierung ablehnender Gynäkologen darstellen würde".
Das Schreiben des Ombudsmanns basiert auf dem Fall einer Frau, die im Jahr 2020 wegen eines komplexen medizinischen Sachverhalts ein öffentliches Krankenhaus in Madrid aufsuchte und um die Durchführung einer Abtreibung bat, aber aufgrund der Verweigerung aus Gewissensgründen der dort wirkenden Ärzte an ein privates Zentrum verwiesen wurde.
Der Präsident des Ärztekollegiums von Madrid stellte klar, dass dieser Fall "von der Ethikkommission des Kollegiums untersucht wurde. Die Handlungen der Gynäkologen, die intervenierten und Entscheidungen in Bezug auf diesen klinischen Fall trafen, wurden nicht als sanktionsfähig angesehen. Es gab nichts in ihrem Verhalten, das aus deontologischer Sicht unangemessen war."
Abtreibung gilt in Spanien seit 2010 als "Recht" und wurde in die Liste der öffentlichen medizinischen Dienstleistungen aufgenommen.
Seit dem ersten Abtreibungsgesetz von 1984 wird die überwiegende Mehrheit der Abtreibungen jedoch von der privaten Abtreibungsindustrie durchgeführt – nicht nur in der Autonomen Gemeinschaft Madrid, sondern auch auf nationaler Ebene –, da ebenfalls die überwiegende Mehrheit des Personals im Gesundheitswesen es aus Gewissensgründen verweigert, ein Menschenleben vor der Geburt auszulöschen.
Allein zwischen 2011 und 2020 wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums jedes Jahr zwischen 84,5 Prozent und 96,6 Prozent der Abtreibungen in privaten Zentren durchgeführt, die allermeisten davon in außerklinischen Zentren.
Und das liegt eben genau an der großen Zahl von Personen in Gesundheitsberufe, die von ihrem Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen Gebrauch machen.
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