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Papst Franziskus ruft in Ungarn dazu auf, „die europäische Seele wiederzuentdecken“

Papst Franziskus in Budapest, 28. April 2023

Seine erste öffentliche Ansprache im Rahmen seiner Ungarn-Reise hielt Papst Franziskus am Freitagnachmittag vor Vertretern der Regierung, der Zivilgesellschaft und dem Diplomatischen Korps im ehemaligen Karmeliterkloster von Budapest.

Der Pontifex sprach über Budapest als Stadt der Geschichte, Stadt der Brücken und Stadt der Heiligen, und rief dazu auf, „die europäische Seele wiederzuentdecken“. Ausdrücklich wandte er sich gegen „Gender-Kultur“ und ein sogenanntes „Recht auf Abtreibung“.

Stadt der Geschichte

Mit Blick auf das Thema „Stadt der Geschichte“ erinnerte der Papst an die Gründung von Budapest vor 150 Jahren. Budapest sei „aus der Vereinigung dreier Städte: Buda und Óbuda westlich der Donau mit Pest am gegenüberliegenden Ufer“.

„Die Geburt dieser großen Hauptstadt im Herzen des Kontinents erinnert an den gemeinsamen Weg, den Europa eingeschlagen hat, in dem Ungarn sein Leben entfaltet“, betonte Franziskus.

„Insgesamt scheint sich die Begeisterung für den Aufbau einer friedlichen und stabilen Gemeinschaft der Nationen in den Gemütern aufgelöst zu haben, während Einflusszonen abgesteckt werden, Unterschiede hervorgehoben werden, Nationalismen wieder neu aufbranden und die Urteile und Töne anderen gegenüber verschärft werden“, beklagte der Pontifex. „Auf internationaler Ebene scheint es sogar so zu sein, dass die Politik eher die Gemüter erhitzt statt Probleme zu lösen, und dass sie dabei die Reife vergisst, die sie nach den Schrecken des Krieges erlangt hat und die sich in eine Art kriegerischen Infantilismus zurückentwickelt hat.“

Man könne aber „niemals“ Frieden schaffen „durch die Verfolgung eigener strategischer Interessen“, „sondern durch Arten von Politik, die fähig sind, das Ganze, die Entwicklung aller, in den Blick zu nehmen: achtsam gegenüber den Menschen, den Armen und der Zukunft; nicht nur auf Macht, Gewinne und die sich gegenwärtig bietenden Möglichkeiten bedacht.“

Europa repräsentiere „das Gedächtnis der Menschheit“ und sei „aufgerufen, die Rolle zu spielen, die ihm entspricht: Jene, die Fernstehenden zu vereinen, die Völker in seinem Inneren willkommen zu heißen und niemanden für immer als Feind stehen zu lassen. Es ist daher wesentlich, die europäische Seele wiederzuentdecken: die Begeisterung und den Traum der Gründerväter, Staatsmänner, die es verstanden, über ihre eigene Zeit, über nationale Grenzen und unmittelbare Bedürfnisse hinauszublicken und Formen der Diplomatie zu entwickeln, die in der Lage waren, die Einheit wiederherzustellen und nicht die Risse zu vergrößern.“

Stadt der Brücken

Budapest als Stadt der Brücken erinnere daran, dass auch ein Europa, „das errichtet wurde, um Brücken zwischen den Nationen zu bauen“, den Beitrag aller brauche, „ohne ihre jeweilige Einzigartigkeit zu mindern“.

Er denke „an ein Europa, das keine Geisel der Parteien ist, indem es zum Opfer autoreferentieller Populismen wird, das sich aber auch nicht in eine zerfließende, wenn nicht gar gasförmige Wirklichkeit verwandelt, zu einer Art abstrakten Überstaatlichkeit, die das Leben der Völker vergisst“, sagte Papst Franziskus.

„Das ist der unheilvolle Weg der ‚ideologischen Kolonisierung‘, die Unterschiede auslöscht, wie dies bei der sogenannten Gender-Kultur der Fall ist, oder der Lebenswirklichkeit Freiheitskonzepte reduktiver Art voranstellt, indem sie zum Beispiel ein sinnwidriges „Recht auf Abtreibung“ als Errungenschaft rühmt, welche jedoch immer eine tragische Niederlage ist“, so der Papst. „Wie schön ist es stattdessen, ein Europa aufzubauen, das den Menschen und die Völker in den Mittelpunkt stellt, in dem es wirksame politische Ansätze für eine bessere demographische Entwicklung und zugunsten der Familie gibt, die in diesem Land aufmerksam verfolgt werden; ein Europa, in dem die verschiedenen Nationen eine Familie sind, in der das Wachstum und die Einzigartigkeit eines jeden bewahrt werden.“

„Dabei hilft der christliche Glaube und Ungarn kann als ‚Brückenbauer‘ dienen, indem es seinen besonderen ökumenischen Charakter nutzt“, zeigte sich der Papst überzeugt. „Hier leben verschiedene Konfessionen ohne Gegnerschaft zusammen und arbeiten respektvoll zusammen, in einem konstruktiven Geist.“

Stadt der Heiligen

Unter der Überschrift „Stadt der Heiligen“ verwies Franziskus auf den heiligen Stephan, den ersten König von Ungarn, der gesagt habe: „Ich empfehle dir, nicht nur zu deiner Familie und Verwandtschaft oder zu den Mächtigen und Reichen oder zu deinem Nächsten und den Einwohnern deines Landes freundlich zu sein, sondern auch zu den Fremden.“

„Die christlichen Werte können nicht durch Starrheit und Verschlossenheit bezeugt werden, denn die Wahrheit Christi bringt Sanftmut und Freundlichkeit mit sich, im Geist der Seligpreisungen“, mahnte der Papst. „Darin zeigt sich nicht nur der Reichtum einer gefestigten Identität, sondern die Notwendigkeit der Offenheit anderen gegenüber, wie die Verfassung anerkennt.“

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Die Perspektive der ungarischen Verfassung sei „wahrhaft dem Evangelium gemäß und wirkt einer gewissen Tendenz, sich auf sich selbst zurückzuziehen, entgegen, die manchmal mit den eigenen Traditionen und sogar mit dem Glauben begründet wird“.

Es sei nicht möglich, im Blick auf Budapest als Stadt der Heiligen „alle großen Bekenner des Glaubens im Heiligen Pannonien zu erwähnen“, räumte der Papst abschließend ein. Er wolle aber dennoch „zumindest den heiligen Ladislaus und die heilige Margareta erwähnen und auf einige großartige Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts hinweisen, wie Kardinal József Mindszenty, die seligen Märtyrerbischöfe Vilmos Apor und Zoltán Meszlényi, den seligen László Batthyány-Strattmann. Sie sind, zusammen mit so vielen rechtschaffenen Menschen verschiedener Glaubensrichtungen, Väter und Mütter eurer Heimat. Ihnen möchte ich die Zukunft dieses Landes anvertrauen, das mir sehr am Herzen liegt.“

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