Regensburg, 24 Juli, 2023 / 3:30 PM
Der Regensburger Generalvikar Roland Batz hat angesichts der zahlreichen Kirchenaustritte betont, die Kirche selbst „verschwindet nicht“, sondern ändere ihr „soziales Gesicht“.
„Diese Entwicklung geht einher mit einem veränderten Lebensgefühl und einer veränderten Lebenseinstellung der Menschen; denken wir doch nur an die unbegrenzte Mobilität und die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten“, so Batz in einem vom Bistum Regensburg veröffentlichten Interview. „Zudem möchten Menschen ihr Leben selbst bestimmen, sie sind entscheidend geprägt von naturwissenschaftlichem Denken und erleben eine Welt, in der es schwer ist, Gott zu entdecken. Viele gehorchen heute einer Zweck-Mittel-Rationalität. Das alles macht es – neben einzelnen Skandalen – nicht leichter, Menschen in der Kirche zu halten.“
Vor diesem Hintergrund gelte es aber, „offensiv den Sinn und die Wahrheit der christlichen Botschaft“ den Menschen vorzuleben.
Die Kirche sei „dazu da, den Menschen die Botschaft Christi zu verkünden, damit meine ich konkret, die Rede Jesu über Gerechtigkeit, Solidarität, Frieden und Versöhnungsbereitschaft in die Gesellschaft hinein zu übersetzen und zu vermitteln. Oder anders gesagt: Die Kirche muss den Himmel offenhalten und die Menschen zum aufrechten Gang ermutigen.“
Dafür brauche es „das persönliche Zeugnis“ sowie „konkrete Hilfe und Zuwendung“ und „das Sammeln der Menschen zur Feier“.
„Wir leben in einer hoch entwickelten, industriell orientierten Gesellschaft – da ist das Lebensziel von Vielen mehr auf Konsum, auf Materielles ausgerichtet“, sagte Batz. „Die Ethik ist meist der Technik nachgeordnet. Aber die Vernunft darf nicht hinter dem analytischen Verstand und die Liebe darf nicht hinter Zweckmäßigkeit und Technologie zurückbleiben.“
Der Dienst der Kirche stehe „im Horizont einer Vitalogie, in der die Balance zwischen Ökologie und Ökonomie, zwischen Freiheit und biblischer Botschaft gefunden werden muss“, sagte der Generalvikar. „In diesem Kontext sehe ich auch die Evangelisierung verortet, also im Horizont von individueller seelsorglich-sakramentaler Begleitung, im helfenden Dienst und in Bildungsangeboten.“
In dem Interview äußerte sich Batz auch zum Thema Lebensschutz: „Sofern der assistierte Suizid zum gesellschaftlich akzeptierten Vorgang wird, verändern sich die Haltung zum Leben und das Vertrauen zur ärztlichen Begleitung. Wie will man dem Arzt, der das Töten in sein Handwerk aufnimmt, mit Vertrauen begegnen? Und wie will man die heute zwar noch hoch beschworenen Grenzen der Selbsttötung angesichts eines ‚Rechtes auf selbstbestimmtes Sterben‘ aufrechterhalten, wenn der Druck auf Alte und Kranke zunimmt, weil sie eine Last seien?“
Angesichts der wichtigen gesellschaftlichen Themen der heutigen Zeit „müssen wir uns doch ehrlich hinterfragen, ob wir uns in den vergangenen Jahren zu sehr von Säkularisierungs- und Funktionalisierungsschüben haben beeinflussen lassen, so dass die eingeschlagene Strategie nicht zielführend ist“, so Batz. „Zudem scheint mir manche moralische Entrüstung nicht nur von Frustration bestimmt, sondern auch von versteckten Interessen geleitet zu sein. Entscheidend ist und bleibt, überzeugt und überzeugend die christlichen Werte wie die Bejahung des Lebens, Wahrheitsanspruch, Bekehrungswille und Versöhnungsbereitschaft der Gesellschaft als Angebot zu unterbreiten.“
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