München, 30 November, 2023 / 10:00 AM
In der Mustersiedlung „Ciudad Chávez“ bei La Guaira nahe der venezolanischen Hauptstadt Caracas ist am vergangenen Samstag eine neue Kirche geweiht worden. Das Gotteshaus ist das erste in einem der 35 staatlichen Wohnungsbauprojekte, die in den vergangenen Jahren von der sozialistischen Regierung Venezuelas errichtet wurden. Die neue Kirche ist dem heiligen Märtyrerbischof Oscar Romero geweiht. In der Kirche wird zudem an den als „Arzt der Armen“ verehrten Seligen José Gregorio Hernández erinnert.
Die Siedlung, in der sich die neue Kirche befindet, ist nach Hugo Chávez benannt, der von 1999 bis zu seinem Tod 2013 Präsident Venezuelas war. In seinem Todesjahr wurde die Mustersiedlung in La Guaira eröffnet; sie bietet Wohnraum für mehr als 20 000 Menschen.
„Christus sollte in dieser Siedlung nicht präsent sein“
Eine Kirche war von ihren Erbauern ursprünglich nicht eingeplant, erzählt der Bischof Raúl Biord Castillo aus La Guaira dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN): „Christus sollte in dieser Siedlung nicht präsent sein. Doch die Religion kann nicht aus dem Leben der Menschen verbannt werden.“ Die Gläubigen hätten sich von Anfang an unter freiem Himmel zum Gottesdienst versammelt, Geld für einen Kirchenbau gesammelt und Organisationen wie „Kirche in Not“ um Unterstützung gebeten.
Beobachter sehen darin Parallelen zur Geschichte der berühmten Kirche im polnischen Nowa Huta bei Krakau, in der die Bewohner in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen den erbitterten Widerstand der damaligen kommunistischen Regierung für eine Kirche kämpften. Der damalige Erzbischof von Krakau Karol Wojtyła, der spätere Papst Johannes Paul II., hatte sich an die Spitze dieser Bewegung gestellt; „Kirche in Not“ unterstützte den Kirchenbau in Nowa Huta maßgeblich.
Ideologische Gräben überwunden
Im Falle der neuen Kirche in La Guiara fiel der Widerstand deutlich geringer aus als beim polnischen Pendant. Die staatlichen Behörden erteilten die Baugenehmigung vergleichsweise schnell, trotz Materialknappheit und wirtschaftlicher Krise konnte das Gotteshaus in nur 15 Monaten Bauzeit fertiggestellt werden, berichtet Bischof Biord Castillo: „Es war ein Wunder, dass wir viele Menschen mit unterschiedlichen Ansichten einbeziehen konnten.“
Politik und Behörden hätten der Gemeinde wenig Hindernisse in den Weg gelegt, trotz mancher ideologischen Vorbehalte: „Unter den Regierungsvertretern gibt es mehr oder weniger militante Atheisten, aber es sind nicht alle so. Ich habe auch Christen getroffen, die ihren Glauben mit Überzeugung leben und die uns unterstützt haben.“
„Die Menschen hungern nach Gott“
Einwänden, ob ein solches Kirchenbauprojekt angesichts der vielfältigen Krisen in Venezuela mit enormer Inflation und Armut zu rechtfertigen sei, begegnet der Bischof mit Verweis auf die steigenden Zahlen der Gläubigen: „Für säkularisierte Gesellschaften wie in Europa mag das schwer zu verstehen sein, aber hier brauchen die Menschen diesen Ort des Gebetes, der Begegnung und des Zusammenhalts. Die Menschen hungern nach Gott.“
Auf Initiative der lokalen Gemeinden wurden darum in der Diözese La Guiara in den vergangenen Jahren neun Gotteshäuser neu gebaut, weitere sind geplant. In der neuen Kirche in der „Ciudad Chávez“ sind allein für kommendes Jahr über 100 Kinder zur Erstkommunion und Firmung angemeldet, es werden auch Gruppen von außerhalb kommen, da die Kirche als Wallfahrzentrum zum seligen José Gregorio Hernández dienen soll, der in Venezuela sehr verehrt wird. Bischof Biord Castillo freut sich: „Der Glaube hat hier eine Heimat, er überwindet politische Gräben und vereint die Menschen.“
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