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Wie ist es, an der großen Fußwallfahrt von Paris nach Chartres teilzunehmen?

Der Startpunkt der Wallfahrt.
Auch die jüngsten Pilger nehmen tapfer den beschwerlichen Weg auf sich.
Während der Wallfahrt wurden auch viele Beichten von Priestern gehört.
Sonnenaufgang am zweiten Tag.
Kardinal Ludwig Müller zelebriert die Abschlussmesse.

Den ganzen Tag zu Fuß unterwegs, mit schweren Beinen und unzähligen Blasen an den Füßen, aber glücklich und mit einem Lächeln im Gesicht. So sieht ein ganz normaler Tag bei einer der bekanntesten katholischen Wallfahrten aus, die von Paris nach Chartres führt.

Seit 1983 wandern jedes Jahr tausende traditionsbewusste Pilger in drei Tagen 100 Kilometer von Paris nach Chartres. In diesem Jahr erwarten die Organisatoren rund 18.000 Pilger – vor allem Jugendliche aus Frankreich und aller Welt. Ziel ist die beeindruckende gotische Kathedrale von Chartres, in der unter anderem der Schleier der Jungfrau Maria aufbewahrt wird.

Noch früher als im vergangenen Jahr mussten die Organisatoren die Anmeldung vorzeitig schließen, weil die Kapazitäten überschritten waren – und das, obwohl diese Kapazitäten im Vergleich zum Vorjahr noch einmal deutlich erhöht worden waren. Trotz der langen Fußmärsche ist die Wallfahrt ein Magnet für junge Katholiken.

„Die jungen Menschen suchen authentische Angebote und brauchen in einer immer stärker werdenden säkularen Welt Gleichgesinnte“, kommentierte Matthias Becker, ein Mitorganisator des Kölner Chapitres dieses Phänomen in einem Interview mit der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ vor dem Start der Wallfahrt.

Chapitres, das sind die einzelnen Gruppen des riesigen, kilometerlangen Pilgerzuges. In diesem Jahr waren es mehrere hundert. Die meisten Chapitres tragen französische Fahnen und rekrutieren sich vor allem aus den Reihen katholischer Pfadfindergruppen. Insgesamt ergibt sich aber ein buntes Fahnenmeer aus deutschen, amerikanischen, österreichischen, nigerianischen und anderen Flaggen.

Zu den beeindruckendsten Chapitres gehören die französischen Pfadfinder. Alle tragen die typische „Kluft“ – ihre Uniform – und den typischen Pfadfinderhut. Während die meisten Pilger am zweiten Morgen von großen Lautsprechern und einer nicht ganz so sanften französischen Stimme aus dem Schlaf gerissen werden, sind die Franzosen schon seit über einer Stunde wach und machen ihren täglichen gemeinsamen Frühsport. In Formation marschieren die gut organisierten Chapitres los und geben den Pilgern ein sehr schnelles Tempo vor.

Unter den amerikanischen Chapitres war in diesem Jahr auch die bekannte Medienpersönlichkeit Candace Owens, die vor kurzem zum katholischen Glauben übertrat. Sie bestritt den dreitägigen Marsch gemeinsam mit ihrem Mann.

Nicht nur französische Pfadfinder und Amerikaner sind vor Ort, auch die Katholische Pfadfinderschaft Europas (kurz: KPE) zeigt sich in den deutschen Chapitres. Mit Bus und wenig Schlaf sind die deutschen Pilger über Nacht zum Startpunkt in Paris bei der Kirche Saint-Sulpice gereist, die von außen mit ihren großen Säulen an einen antiken Tempel aus dem alten Rom erinnert.

Dort angekommen, wird gleich die erste Messe zur geistlichen Stärkung gefeiert. Wegen der großen Teilnehmerzahl mussten die Pilger diesmal sogar auf zwei Messen aufgeteilt werden. Zelebriert wird in der überlieferten Form des römischen Ritus und über große Bildschirme nach außen übertragen. Die absolute Stille von Tausenden von Menschen während der heiligen Wandlung gibt den Pilgern einen ehrfürchtigen Moment der Anbetung der Eucharistie.

Nicht nur geistig, sondern auch leiblich werden die Pilger durch die französischen Bäckereien rund um den Startpunkt gestärkt.

Geschützt wird die Veranstaltung von Polizei und Militär, die wegen der ständigen islamistischen Terrorgefahr in Frankreich mit gezückten Sturmgewehren bereitstehen. Trotz dieses Anblicks lassen sich die Pilger nicht einschüchtern und ziehen fröhlich und mit einem Lächeln auf den Lippen durch Paris. Am Rande stehen einige Passanten, die sich über das Geschehen wundern und neugierig den großen Tross beobachten.

Die erste Etappe der Chartres-Wallfahrt wird von strahlendem Sonnenschein begleitet, der so manchem Pilger den Schweiß auf die Stirn treibt. Am Stadtrand von Paris angekommen, gibt es nach rund zehn Kilometern die erste Pause. Für ausreichend Wasser sorgen zahlreiche Helfer, die große 1,5-Liter-Flaschen an die durstigen Pilger verteilen.

Um einen reibungslosen Ablauf der Wallfahrt zu gewährleisten, ist ein hoher logistischer Aufwand erforderlich. Mehr als 500 ehrenamtliche Helfer unterstützen jedes Jahr die Durchführung der Wallfahrt, zum Teil mit ihren privaten Autos, Motorrädern oder Kleintransportern. Sie bewachen einzelne Streckenabschnitte, an denen Straßen überquert werden, und regeln den Verkehr des Pilgerzuges, um „Staus“ wie auf der Autobahn zu vermeiden. Außerdem helfen sie täglich beim Auf- und Abbau der Nachtlager der Pilger.

In diesem Jahr gibt es ein spezielles Camp für ausländische Pilger, zusammen mit den Familien-Chapitres. Die Familien-Chapitres sind speziell für kleinere Kinder gedacht, die mit ihren Eltern eine kürzere Strecke der Wallfahrt mitgehen.

Am Ende des ersten Tages kommt das ersehnte Nachtlager in Sicht. Die ersten Blasen an den Füßen machen sich bemerkbar und die Kräfte schwinden. Doch nach der ersten Portion Dosenravioli verfliegt das Gefühl der Kraftlosigkeit schnell. Für die Nacht stehen entweder Gruppenzelte zur Verfügung oder die Pilger bringen ihre privaten Zelte mit.

Der zweite Tag zieht sich in die Länge und die ersten Pilger bekommen Kreislaufprobleme. Einige müssen den Weg vorzeitig abbrechen, werden aber von den Sanitätern gut versorgt. Nach sechsstündigem Fußmarsch erreichen die Pilger schließlich das Freigelände, wo gemeinsam die Pfingstmesse und damit die Geburtsstunde der Kirche vor rund 2000 Jahren gefeiert wird.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Danach geht es gestärkt und ausgeruht auf einem weiteren mehrstündigen Fußmarsch zum zweiten Nachtlager. Insgesamt legen die Pilger an diesen beiden Tagen mehr als 80 km zu Fuß zurück. Unterwegs wird gebetet, gesungen und eine Katechese durch Priester gehalten.

Nicht nur das geistliche, sondern auch das gemeinschaftliche Erlebnis wird von den Pilgern genutzt, um sich ein wenig von den Strapazen abzulenken. Jedes Mal, wenn das Chapitre nachzulassen scheint, peitscht der Leiter die Gruppe mit Megafonansagen wieder nach vorne und hält sie zusammen.

Am dritten Tag steigt die Vorfreude auf das Ziel, die Kathedrale von Chartres. Nach der ersten Rast taucht sie mit ihren zwei großen Türmen am Horizont auf. Viele neue Pilger denken, dass der Weg nun zu Ende ist, aber es sind noch einige Kilometer.

In Chartres selbst, auf dem letzten Abschnitt der Kathedrale in der Stadt, sammeln sich die Kölner Chapitres noch einmal, um gemeinsam die letzten Meter zu beschreiten und den Einzug feierlich mit dem Lied „Großer Gott wir loben dich“ einzuziehen.

Kardinal Gerhard Müller zelebriert die feierliche Abschlussmesse in der gotischen Kathedrale. Gemeinsam mit über hundert katholischen Priestern und einem Meer von Fahnen zieht er in das riesige Bauwerk ein. Auch ein kurzer, heftiger Regenschauer kann die Menschen nicht von der Messe abhalten.

Am Ende sind alle Pilger froh, das Ziel erreicht zu haben, trotz aller Strapazen, Schmerzen und Blasen an den Füßen.

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