Redaktion, 05 Juli, 2024 / 9:30 AM
Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, hat die umstrittene Figur im Linzer Dom, welche die Muttergottes beim Gebären zeigt, als „Werbung für feministische Ideologie unter Verletzung des natürlichen Schamgefühls“ verurteilt.
Ein Unbekannter hatte die Figur wenige Tage, nachdem sie ausgestellt worden war, geköpft. Die Statue trägt den Titel „crowning“, was als eine Anspielung auf die Krönung der Muttergottes verstanden werden kann. Andererseits bezeichnet der Begriff jenen Moment bei der Geburt, bei der erstmals das Köpfchen des Kindes auf dem Weg aus dem Mutterleib in die Welt gesehen werden kann.
Die Figur im Linzer Dom zeigte explizit genau dieses Geschehen – die Muttergottes mit gespreizten Beinen, dazwischen die Oberseite des Köpfchens des Jesuskindes. Aus Gründen der Diskretion wurde in der Berichterstattung, sowohl im Fernsehen als auch in anderen Medien, generell der Blick zwischen die Beine ausgespart, der sich den Gläubigen im Linzer Dom jedoch bot.
Gegenüber kath.net erklärte das Bistum Linz unterdessen: „Die Skulptur bleibt bis zum geplanten Ende der Ausstellungsdauer (16. Juli 2024) im Kunstraum des Mariendoms, kann aber nicht besichtigt werden. Die Türen sind geschlossen, das Licht ist abgedreht.“
Kardinal Müller betonte, ebenfalls gegenüber kath.net: „Eine Kritik an der Umkehrung christlicher Kunst als Mittel der Frömmigkeit zu einer Werbung für feministische Ideologie unter Verletzung des natürlichen Schamgefühl kann nicht pseudoaufgeklärt mit dem Vorwurf der Prüderie oder pseudotheologisch als Ausfluss einer ultrakonservativen Gesinnung gekontert werden.“
„Wenn eine bildliche Darstellung der Geburt Jesu bei den Gläubigen Ärgernis erregt und eine Spaltung der Kirche (in selbsternannte Progressive und in die anderen, von diesen als Konservative Beschimpfte) hervorruft, ist das Ziel der christlichen und besonders sakralen Kunst verfehlt, ‚die in den menschlichen Werken die unendliche Schönheit Gottes ausdrücken soll‘“, erläuterte der Kardinal.
„Eine bildliche Darstellung des Offenbarungsgeheimnisses der wahren Geburt Gottes als Mensch muss zum Ziel haben, dass die Betrachter bestärkt werden im Glauben an die Menschwerdung Gottes und dass sie sich auf Christus konzentrieren und ihn als Gott und Heiland anbeten“, forderte er.
Esther Strauß, die für die Anfertigung der Figur verantwortlich war, positionierte sich nach dem Angriff auf die Statue mit den Worten: „Die meisten Marienbildnisse wurden von Männern angefertigt und haben dementsprechend oft patriarchalen Interessen gedient. Die Theologin Martina Resch hat es gut auf den Punkt gebracht: In ‚crowning‘ bekommt Maria ihren Körper zurück. Wer auch immer den Kopf der Skulptur entfernt hat, ist sehr brutal vorgegangen. Diese Gewalt ist für mich ein Ausdruck davon, dass es immer noch Menschen gibt, die das Recht von Frauen an ihrem eigenen Körper in Frage stellen. Dem müssen wir ganz entschieden entgegentreten.“
Im Jahr 2021 nahm Strauß an einer Veranstaltung mit dem Titel „Hexengespräche“ teil. In der Beschreibung hieß es damals: „Esther Strauß ist mit drei ihrer Arbeiten in der Ausstellung HEXEN vertreten. Den Performance-Fotografien und Skulpturen ist gemeinsam, dass sie die ausgetretenen Pfade der im sogenannten Westen praktizierten Erinnerungs-, Trauer- und Gedenkrituale verlassen. Stattdessen werden riskante Verbindungen mit den Toten hergestellt. Diese heiklen Beziehungen, die sie aufbauen, denken den Kreis der Ahn_innen und Familie weit über den westlichen Alltagsverstand hinaus und münden in eine Gemeinschaft mit einer größeren Vision von Solidarität.“
Auf ihrer Internetseite bezeichnet sich Strauß als „Performance- und Sprachkünstlerin“. Dort ist außerdem zu lesen: „2016 habe ich das Grab meines Großvaters mit den Händen ausgehoben und eine Nacht lang in seiner Erde geschlafen.“
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