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Dogmatiker Tück sieht „Paradigmenwechsel“ in der Kirche beim Thema Literatur

Jan-Heiner Tück

Dem Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück zufolge ist „in funktionalistischen Welten“ wie der heutigen die Beschäftigung mit Literatur „keineswegs selbstverständlich“. Im Interview mit dem Kölner Domradio sprach Tück am Donnerstag über die Aufforderung von Papst Franziskus zum Kurswechsel in Priesterseminaren beim Thema Literatur.

Papst Franziskus hatte im Juli einen Brief veröffentlicht, der einen „radikalen Kurswechsel hinsichtlich der großen Aufmerksamkeit“ forderte, die der Literatur in der Ausbildung von Priesteramtskandidaten gewidmet werden sollte.

„Wir leben in funktionalistischen Welten, die auf Effizienz getrimmt sind. Die Beschäftigung mit Literatur ist da keineswegs selbstverständlich. Und hier diese Effizienzimperative zu unterbrechen, indem man Zonen schafft, in denen die zweckfreie Bildung und Weiterbildung mit Dichtung vorkommen kann, scheint mir wichtig zu sein“, erklärte Tück.

Hier sehe er auch eine „Nähe zur Theologie“, die „alle funktionalistischen Imperative überragt und den Menschen jenseits von Effizienzimperativen in seiner Größe, aber auch in seinem Elend in den Blick zu nehmen hat – im Lichte des Evangeliums“.

Laut Tück habe der Papst 1964/65 in der Jesuitenschule in Santa Fe in den USA die „normativen Vorgaben des Lehrplans“ nicht mehr ausgeführt und es den Schülern überlassen, „ihre Literatur selbst auszuwählen“.

„Das scheint mir auch das Besondere des Briefes zu sein, dass er von jedem normativen Literaturbegriff Abstand nimmt und sagt: Leute, lest! Lesen weitet den Blick auf die Welt und fördert die Empathie mit anderen“, so der Dogmatikprofessor.

Tück sprach von einem „Paradigmenwechsel“ hinsichtlich der Literatur: Früher habe der Vatikan eine Liste an verbotenen Büchern – den Index – herausgegeben, heute gebe es „keine dogmatische Bevormundung oder moralische Domestizierung von Literatur“ mehr.

In seinem Brief schrieb Papst Franziskus, dass den Priester und den Dichter eine unauflösliche sakramentale Verbindung zwischen göttlichem und menschlichem Wort vereine.

„Hier bezieht sich Franziskus auf Karl Rahner, der die anthropologische Wende in der Theologie eingeleitet hat und der einen Text über Dichter und Priester geschrieben hat, wo er schreibt: Der Dichter artikuliere den Gottesdurst des Menschen. Er artikuliere die Sehnsucht nach einem ‚mehr‘ und biete damit eine Praeparatio Evangelica, also eine Vorbereitung für das, was der Priester als Gotteswort verkündet“, erklärte Tück.

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