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Kölner Sozialethiker Nass würdigt Exhortation Dilexi te, nennt Kritikpunkte

Elmar Nass

Der Priester und Sozialethiker Elmar Nass, der an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) lehrt, hat die Apostolische Exhortation Dilexi te von Papst Leo XIV. ausführlich gewürdigt, aber auch einige Kritikpunkte genannt.

In dem ersten großen Lehrschreiben von Papst Leo, das am Donnerstag veröffentlicht wurde, geht es um die „Liebe zu den Armen“. Der Text war von Papst Franziskus begonnen und Leo XIV. vollendet worden.

Nass schrieb in einem Beitrag für das Kölner Domradio, die Exhortation setze „ein Herzensthema von Papst Franziskus konsequent fort. Papst Leo macht hierzu die monastischen Traditionen stark, verbindet tugend- und institutionenethische Perspektive und ist gegenüber dem Markt weiter kritisch, aber milder als sein Vorgänger. Damit zeigt er sich gegenüber einer humanistisch gerahmten Marktwirtschaft anschlussfähig.“

„Die Tugendperspektive ist weniger schwärmerisch als bei Franziskus entfaltet und wird so der Wirklichkeit mehr gerecht“, konstatierte Nass. „Bemerkenswert ist die Priorität der Gottesliebe, aus der die Nächstenliebe abgeleitet wird.“

„Dieses klare Bekenntnis ist wegweisend auch für die Praxis von Diakonie, Seelsorge und Theologie, wollen sie nicht zum unglaubwürdigen Nominalismus verkommen“, fügte er hinzu. „Kirche, christliche Sozialethik und soziale Praxis müssen wieder stärker im Blick auf den Herrn und das Evangelium gründen.“

Es sei erfrischend, „dass der moralische Anspruch der Exhortation stets die Kirche und deren Institutionen, Strukturen und Verhaltensweisen mitdenkt. Zweifellos gibt es hier eine Menge zu tun, damit in der Stimme der Kirche nicht eine abgehobene privilegierte Avantgarde spricht, die unmoralisch agierend Moral einfordert.“

„Erfreulich ist, dass Armut nicht nur materiell, sondern auch moralisch und geistlich verstanden wird, wobei die geistliche Seite besonders herausgehoben wird“, so Nass. „Die seelische Armut sollte noch ergänzt werden. Leider findet diese wichtige Ausdifferenzierung im weiteren Verlauf der Exhortation zu wenig Beachtung, wird doch meist die materielle Ungleichheit betont, vor allem in der institutionenethischen Analyse.“

Weitere Kritik formulierte Nass wie folgt: „Wie in vielen kirchlichen und politischen Dokumenten findet sich auch in dieser Exhortation eine mangelnde begriffliche Unterscheidung von Barmherzigkeit (als freiwilliger Nächstenliebe) und Solidarität (als soziales Rechtsprinzip auf Hilfe), wie sie Oswald von Nell-Breuning klar herausgearbeitet hatte. Das führt leider zu einigen irreführenden Zuordnungen ebenso wie die Unklarheit über den Inhalt von (sozialer) Gerechtigkeit, die sozialethisch sauber als das der Menschenwürde entsprechende Recht verstanden werden muss.“

Leo sei zwar „weniger scharf“ in seiner Sicht auf den Markt, Nass merkte aber an, er hätte sich „statt der pauschalen Markt-Schelte eine differenziertere Wahrnehmung der positiven Gerechtigkeitseffekte eines ethisch gerahmten Marktes sowie der Symbiosen aus Markt und Humanität etwa in Ordnungen wie der Sozialen Marktwirtschaft oder einer Marktidee der Befähigungsfreiheit (Amartya Sen) gewünscht. Der Markt steht nämlich nicht – wie suggeriert – grundsätzlich im Gegensatz zur Wahrung der Menschenwürde und Menschenrechte. Das hatte schon Johannes Paul II in seiner Enzyklika ‚Centesimus Annus‘ systematisch herausgearbeitet, dessen Erbe in der Exhortation aus meiner Sicht mehr Würdigung verdient hätte.“

Nass räumte ein, dass seine Kritik „die Exhortation an einer Sozialenzyklika“ messe „und mit dieser hohen Messlatte sicher einer relativierten Einordnung“ bedürfe.

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