Washington, D.C., 07 März, 2016 / 3:39 PM
Folter sei ein akzeptabler Teil des Kampfes gegen den Terror: Das behaupten manche Politiker in den USA und anderen Ländern. Doch Ethik- und Verhörexperten widersprechen. Ihnen zufolge ist die Praxis sowohl unmoralisch als auch ineffektiv.
"Folter ist ein immanentes Übel. Eine Tat also, die ein Übel ist, unabhängig von den Umständen und Folgen", sagte Professor Joseph Capizzi, außerordentlicher Professor für Moraltheologie an der Catholic University of America.
"Oft beginnen diese Argumente mit der Annahme, dass wir die Folter brauchen, um an Informationen heranzukommen. Die meisten Mitarbeiter von Geheimdiensten erzählen uns, dies sei falsch", sagte er gegenüber CNA.
Aber nicht wegen ihrer Wirklosigkeit lehnt die Kirche die Folter ab: Die Folter sollte aus dem einfachen Grund, dass sie falsch ist, abgelehnt werden, so der Katholik und Experte.
"Egal, welche Umstände zur Folter führten oder welche Folgen sie nach sich zieht, Taten wie die Folter können niemals rechtfertigt werden, können niemals gut sein."
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der völlig ungehemmten Nutzung von Folter, Ermordung und Versklavung durch Islamisten ist die auch im Westen wieder aktuell geworden; nicht nur im Präsidentschaftswahlkampf in den USA, wo sie derzeit sichtbar Thema ist.
Schon während der Debatten der Republikaner am 6. Februar wurde der Kandidat Ted Cruz, Senator aus Texas, gebeten, seine früheren Aussagen über das Waterboarding zu verteidigen. Er antwortete, er glaube nicht, dass auf das Waterboarding die Definition von Folter zutreffe. Es handle sich vielmehr um eine Form von "erweitertem Verhör", weil dabei kein Mensch seine Organe oder sein Leben verliere - so Cruz.
Tatsächlich ist die Praxis eine jahrhundertealte Foltermethode: Beim Waterboarding werden Menschen festgeschnallt und mit der Einführung von Wasser auf ein Tuch über den Atemwegen (oder in Mund und Nase) so gequält, dass der Körper mit Erstickungs-Panik reagiert.
Donald Trump, ebenfalls Spitzenkandidat der Republikaner, hatte sich schon in der Vergangenheit für den Einsatz von Folter stark gemacht. Den Zuschauern einer TV-Debatte sagte Trump, er unterstütze den Einsatz des Waterboarding "und mehr." Am Tag nach der Debatte sagte er in einer Erklärung gegenüber dem US-amerikanischen Nachrichtensender CNN, dass "Folter wirkt."
Widerspruch von "Human Rights First"
Als Reaktion auf die Erklärungen gab Human Rights First, eine unabhängige internationale Menschenrechtsorganisation, am 17. Februar einen Brief heraus, der von früheren Vernehmern geschrieben worden war, die bei verschiedenen US-Behörden einschließlich den Streitkräften, der CIA, dem FBI und anderen Behörden gearbeitet hatten.
Sie begründeten ihre Ablehnung der Folter und anderer erweiterter Verhörmethoden mit praktischen Gründen: Die Praktiken liefern weniger glaubwürdige Informationen als andere Verhörmethoden, und ihre Anwendung durch die USA könne als Werkzeug zur Personalbeschaffung für extremistische Organisationen dienen.
Die früheren Vernehmer drängten die Präsidentschaftskandidaten zur Aufrechterhaltung bestehender Gesetze, welche die Folter verbieten, sollten sie gewählt werden.
Capizzi erklärte außerdem die religiösen und ethischen Gründe für die Ablehnung von Folter.
Folterverbot der katholischen Kirche seit Mittelalter
Während einige katholische Führer und Theologen durchaus meinten, das Foltern sei unter manchen Umständen zulässig, betonte der Professor, es habe "ein altbewährtes Folterverbot" seitens der Kirche seit dem Mittelalter gegeben.
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Diese Lehre wurde über Jahrhunderte hinweg erweitert und gestärkt, so der Experte. Die Kirche lehre, dass ein Verbot der Folter eine Frage der christlichen Menschenwürde sei, unterstrich er.
"Jeder Mensch wurde nach Gottes Vorstellung und Ebenbild geschaffen", betonte Capizzi, und diese Lehre sei mehr als schlichtweg ein "süßes" Gefühl – sie sei äußerst mächtig, wenn sie ernst genommen werde.
"Wenn wir sagen, Menschen trügen zurzeit die Vorstellung und das Ebenbild Gottes in sich, bedeutet dies, dass wir ihnen auf eine Art und Weise antworten, die der Vorstellung und dem Ebenbild Gottes entspricht", sagte er. Die Folter dagegen "erfordert eine direkte Verletzung der Würde des Menschen."
Menschen sind kein Mittel zum Zweck
Die Kirche lehrt, dass zur Wahrung der Würde der Mitmenschen, sogar von Häftlingen oder Gefangenen, man diese nicht wie Instrumente oder Werkzeuge für seine eigenen Ziele behandeln darf.
"Wir können Menschen niemals als Mittel für unsere eigenen Zwecke behandeln", betonte Capizzi. "Folter bedeutet immer die Instrumentalisierung eines Menschen."
Raha Wala, Anwältin für Verteidigung und Geheimdienste bei Human Rights First, sagte, er sei nicht überrascht, dass viele Amerikaner den Gebrauch von Folter befürworten, nachdem, wie sie in den Medien dargestellt wird.
Jedoch, sagte er CNA, "ist es notwendig, auf Experten zu hören und nicht auf Scheinexperten."
"Die Experten in dieser Frage sagen deutlich, dass Folter ineffizient ist: es gibt besser Methoden, um Informationen zu sammeln."
Im Brief an Human Rights First erklärten die früheren Vernehmer – einige von ihnen verhörten wichtige Terrorverdächtige für US-amerikanische Geheimdienste – das Ziel einer Vernehmung sei der Aufbau einer "Beziehung" zu einem Häftling und ihn oder sie als Menschen zu verstehen. Diese Annäherung ermutigt zu einer bereitwilligen Zusammenarbeit. Sie kann das leben eines Häftlings aufdecken, die "die unheimlich nützlich sein kann, um Terrororganisationen zu verstehen und Terroranschläge aufzudecken und schließlich zu durchkreuzen."
Im Gegensatz dazu, sagten sie, könne die Folter weniger genaue und weniger glaubwürdige Informationen beisteuern. So schade sie in Wirklichkeit der Informationsgewinnung und der langfristigen Arbeit gegen den Terrorismus und anderer Bedrohungen des Landes.
"Wenn Sie mit Fachleuten sprechen, werden sie sagen dass Folter – das Verursachen von Schmerz und Leid an einem Individuum – in Wirklichkeit ihr Erinnerungsvermögen beeinträchtigt. Ihre Fähigkeit, Informationen abzurufen und sie dem Vernehmer genau mitzuteilen, und führt oft dazu, dass sie falsche Informationen liefern, wenn sie glauben, der Vernehmer wolle genau das hören", führte Wala aus.
Der Gebrauch von Folter durch US-amerikanische Streitkräfte könne auch ein Rekrutierungswerkzeug sein, das extremistische Organisationen in ihrer Propaganda benutzen, fuhren die früheren Vernehmer fort.
"Es ist eine bittere Wahrheit, aber wir stellen fest, dass ein großer Teil der Kämpfer, die sich den USA im Irak entgegenstellten, dies ausdrücklich als Folge der Anwendung des "erweiterten Verhörs" durch die USA taten, was die gesamte Welt ganz einfach als Folter einstuft", so der Brief der Vernehmer.
Wala sagte, er habe ähnliche Ausführungen von früheren Extremisten gehört. Er betonte, der selbst-ernannte Islamische Staat "kleidet Berichten zufolge Gefangene in orange Overalls und foltert sie durch Waterboarding als Teil der Propagandabemühungen."
Wichtigkeit der Würde im Kampf gegen Terror
"Ich denke, es ist für die Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus wirklich wichtig, dass sich ihr Handeln klar und deutlich von dem der Terrorgruppen, die wir letztlich vernichten wollen, unterscheidet", kommentierte er.
Unter der jetzigen Gesetzeslage stünden die USA bereits Richtlinien zur Verfügung, genau das zu tun, sagte Wala.
"Es ist seit Jahrzehnten klar, dass Folter weltweit verboten ist", sagte er. Er verwies auf internationale Regeln gegen die Folter in der Genfer Konvention, die Universelle Erklärung der Menschenrechte und die Erklärung der Vereinten Nationen gegen Folter. Es existieren auch Bundesgesetze, die die Folter durch die US-amerikanischen Streitkräfte verbieten und die mit Unterstützung beider Parteien in den USA verabschiedet worden waren.
"Sogar der US-Kongress kam nach den Missbrauchsfällen von Abu Ghraib zusammen und erließ Gesetze, die grausame unmenschliche und erniedrigende Verhörmethoden verbieten", fügte Wala hinzu. Ein Gesetz aus dem Jahr 2015 beschränkte die Verhörmethoden auf Techniken, die im Army Field Manual, einem Handbuch der US-Armee, aufgelistet sind - "welches das Waterboarding und andere Formen des Missbrauchs ausdrücklich verbietet."
Keine Frage der Parteipolitik
Für Wala ist eien solche Frage nicht parteipolitisch zu beantworten: "Jeder Politiker oder Kandidat, der eine Rückkehr zu diesen Taktiken vorschlägt, verstößt im Grunde gegen nationales und internationales Recht."
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