Eine der größten Frauen in der Geschichte der katholischen Kirche war Caterína Benincasa da Siena, die vor 625 Jahren, am 25. März 1347 geboren wurde. Sie starb 33 Jahre später in Rom am 29. April 1380. Die heilige Caterina – im deutschen Sprachraum auch oft Katharina geschrieben – wird als italienische Mystikerin, Heilige und Kirchenlehrerin verehrt.

Die hl. Caterina kennt nur ein einziges Buch, das ihr Antwort gibt auf alle Fragen: den gekreuzigten Christus. Das Kreuz ist für Caterina ein Lehrstuhl, von dem herab Christus seine Wahrheit verkündet.

Die Grundeinsicht aller ihrer Betrachtungen war die Erkenntnis: Der Mensch ist aus sich selbst nichts. Sein Dasein hat er allein von Gott. Von ihm bekommt er alles, was er braucht. Nur wenn der Mensch sich mit seinem Schöpfer vereinigt, erhält er Anteil an den göttlichen Eigenschaften: nämlich Liebe, Wahrheit und Weisheit. Nur wenn der Mensch Gott liebt, wird er auch fähig, den Nächsten zu lieben und wird er so zum Segen für die Mitmenschen. Liebe zum eigenen Ich, zu etwas, das in Wirklichkeit nicht ist, führt zum Abgrund des Nichts und schließlich in die äußerste Gottferne. (Werner Schmid)

Für Caterina von Siena zählte nur der „gekreuzigte Christus“. Auch dann, wenn es darum ging, die Berufung anderer zu fördern. Dem späteren Kartäusermönch Stefano Maconi, der sich als junger Mann in ihrer Obhut bekehrt hatte, schrieb sie zahlreiche Briefe. Dabei schrieb sie an einen „Berufenen“, an jemand, von dem sie wusste, dass es nur noch auf eines ankommt: weiter zu gehen auf dem eingeschlagenen Weg. Sie spricht wie die große Liebende, wissend um das Geschenk der Hingabe, das der Nacht des Weges folgen wird: das Verkosten, die Vereinigung mit Gott.

Im Namen Jesu Christi des Gekreuzigten und der süßen Maria.

Teuerster Sohn in Christus, dem liebsten Jesus!

Ich, Caterina, Dienerin und Magd der Diener Jesu Christi, schreibe Dir in seinem kostbaren Blut, mit dem Wunsche, Dich stark und standhaft zu sehen im Kampf, auf dass Du die Krone der Herrlichkeit erlangest. Und Du weißt wohl, dass nur dem Beharrlichen die Krone und die Frucht seiner Mühen zukommt.

Aber Du wirst mir sagen: Wie kann ich zu solcher Festigkeit gelangen, auf welche Weise, da ich so schwach und hinfällig bin, dass mich der kleinste Anstoß zu Boden wirft?

Ich antworte Dir und gestehe Dir zu, dass Du schwach und gebrechlich bist im Bereiche des Sinnenlebens, aber in Bezug auf Vernunft und Geisteskraft trifft dies nicht zu; denn im Blute Christi sind wir gestärkt: die Schwäche besteht nur in der Sinnlichkeit.

Wir können also erkennen, auf welche Weise sich diese Kraft erwerben lässt, da die Schwäche nur in unserem sinnlichen Teil besteht. Ich meine, dass wir auf folgende Weise die glorreiche Tugend der Stärke und der Standhaftigkeit erlangen können:

Da unsere Vernunft im Blute Christi gestärkt ist, müssen wir uns in diesen köstlichen und wunderbaren Schatz versenken, ihn mit dem Auge des Geistes und dem Lichte des allerheiligsten Glaubens im Gefäß unserer Seele betrachten, unser Sein als von Gott herstammend erkennen, und ebenso die Wiedergeburt, die Gott uns aus Gnade zuteilwerden ließ, im Blute seines eingeborenen Sohnes, in dem die Schwäche von uns genommen wurde.

O geliebtester Sohn, sieh hin und freue Dich, dass Du zur Schale gemacht wurdest, das Blut des gekreuzigten Christus zu fassen, wenn Du es nur mit Liebeshingabe verkosten willst.

O erbarmungsvolles Blut, durch dich träufelte die mitleidvolle Barmherzigkeit! Du bist jenes glorreiche Blut, in dem der unwissende Mensch die Wahrheit des ewigen Vaters sehen und erkennen kann; jene Wahrheit und unaussprechliche Liebe, durch die wir nach Gottes Bild und Gleichnis erschaffen wurden. Dies war seine Wahrheit: dass wir teilhaben und uns erfreuen sollten an diesem seinem höchsten Gut, das er selbst in sich genießt. Im Blute hast du uns diese Wahrheit kundgetan, und zu keinem anderen Zwecke erschufst du den Menschen!

O Blut, du verscheuchtest die Finsternis und gabst dem Menschen das Licht, dass er die Wahrheit erkenne und den heiligen Willen des ewigen Vaters. Du hast die Seele mit Gnade genährt, aus der sie das Leben bezog und dem ewigen Tode entging. Du hast die Seele mit der Speise der Ehre Gottes und dem Heile der Seelen fett gemacht; du sättigst sie mit Schmach, die sie erwünschte, um sie aus Liebe zum gekreuzigten Christus zu ertragen. Du entbrennst und verzehrst die Seele im Feuer der göttlichen Liebe, damit sich auflöse, was sich in der Seele außerhalb des Willens Gottes findet; doch schädigst du sie nicht damit sie nicht durch die Schuld der Todsünde verdorre.

O süßes Blut, du entblößest sie der sinnenhaften Eigenliebe, einer Liebe, welche die Seele schwächt, die sich mit ihr bekleidet. Und du hast sie mit dem Feuer der göttlichen Liebe bekleidet, denn dich, Blut, kann niemand kosten, ohne dass du ihn mit Feuer umhüllst – versprühtest du dich doch selbst im Liebesfeuer -, dich um die Seele legend. Liebe aber ist nicht ohne Kraft, noch Kraft ohne Ausdauer; deshalb kräftigst und stärkst du sie durch jede Trübsal.

Du siehst nun, teuerster Sohn, dass dies die Weise ist, zu vollkommener Standhaftigkeit zu gelangen: dass Du dich dem Feuer der göttlichen Liebe vereinst, welches Du im Blute finden wirst, und dass Du im Blute jeden Eigenwillen ertränkest und ertötest. Dann wirst Du mit der größten Standhaftigkeit umhüllt sein, wirst stark und ausdauernd, wirst die Schwäche der eigenen Sinnlichkeit ertöten; und in der Bitternis kostest Du die Süße und im Krieg den Frieden.

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Ermanne Dich, mein Sohn!

Lass nicht nach in der von Gott auferlegten Zucht, bis Deine Stunde gekommen ist. Bedenke, dass das ständige Aufreißen des Fundaments die Mühe nur verlängert: ist das Fundament einmal gelegt, lässt sich das Gebäude leicht aufrichten. Du machst jetzt Deinen Anfang; ist er dann vollendet, wirst Du alles andere leicht verrichten. Ich will nicht, dass es Dir hart erscheine, löst sich doch die Härte im Andenken an das Blut auf.

Trage, ertrage, sei ein Ertragender!

So viel aber sage ich Dir; handle hierin, wie Dir der heilige Geist zu tun eingibt. Aber kaum halte ich mich zurück, jenes Wort zu sagen, das Christus sprach. Ich hoffe, Ort und Zeit dazu lasse sich finden.

Und Du mühe Dich ab,

das Schifflein Deiner Seele auszurüsten und das Gefäß Deines Herzens mit dem Blute aufzufüllen.

Mehr sage ich nicht.

Verbleibe in Gottes heiliger und süßer Liebe.

Liebster Jesus, Jesus die Liebe.

(aus: Caterina von Siena, Gotteserfahrung und Weg in die Welt, Freiburg 1980)

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