17. September 2022
Über die „Emanzipation der Frau“ wird in der Erklärung der Glaubenskongregation „Über den Schwangerschaftsabbruch“ wertschätzend gesprochen. Die Befreiung von „aller ungerechten Diskriminierung“ sei geboten. Zugleich stellt Kardinal Seper, der damalige Glaubenspräfekt, fest: „Man kann aber die Natur nicht ändern, noch kann man die Frau, nicht weniger als den Mann, dem entziehen, was die Natur von ihr fordert.“
Abgelehnt wird die im Zuge der 1968er-Bewegung geforderte Freizügigkeit, „die sexuelle Lust bis zur Sättigung zu suchen, ohne irgendeinem Gesetze Rechnung zu tragen noch der wesentlichen Ausrichtung des sexuellen Lebens auf seine Fruchtbarkeit“. Diese Auffassung habe „nichts Christliches“ und sei „sogar des Menschen unwürdig“: „Auf jeden Fall begründet sie keinerlei Recht, über das Leben eines anderen, wäre es auch ein Embryo, zu verfügen, und dieses unter dem Vorwand, daß es lästig ist, zu beseitigen.“
Das „Argument des Pluralismus“ sei abzulehnen, wenngleich in der Öffentlichkeit mehrheitlich für eine „Liberalisierung“ des Verbotes des Schwangerschaftsabbruches geworben werde: „Wenn einerseits viele Bürger, insbesondere die Gläubigen der katholischen Kirche, den Schwangerschaftsabbruch verurteilen, halten ihn viele andere hingegen für erlaubt, zumindest unter dem Vorwand des geringeren Übels. Warum also von ihnen verlangen, einer Meinung zu folgen, die nicht die ihrige ist, vor allem in einem Land, in dem diese in der Mehrzahl sind?“
Die Glaubenskongregation stellt fest: „Es ist richtig, daß das Gesetz nicht zwischen Meinungen zu entscheiden hat oder eher die eine als die andere aufzwingen darf. Das Leben des Kindes aber hat den Vorrang vor jeglicher Meinung; man kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen, um es dem Kind zu nehmen.“ Es sei die Pflicht des Staates, das Recht auf Leben zu schützen, und kein Gesetz dürfe gegen das Naturgesetz stehen, das „vom Schöpfer als eine Norm dem Menschen eingegeben wurde“, das „die Vernunft entziffert und genau zu bestimmen sucht“, um dessen „bessere Erkenntnis man sich stets bemühen muß“ und dem zu widersprechen „stets böse ist“: „Das menschliche Gesetz kann auf eine Bestrafung verzichten, es kann aber nicht als unschuldig erklären, was dem Naturgesetz widerstreitet, denn dieser Gegensatz genügt, um zu bewirken, daß ein Gesetz kein Gesetz mehr ist.“
Ein Christ könne sich „niemals nach einem Gesetz richten, das in sich selbst unmoralisch ist; und gerade das ist bei dem der Fall, das im Prinzip die Erlaubtheit des Schwangerschaftsabbruches zugesteht“: „Er kann sich weder an der Propagandakampagne zugunsten eines solchen Gesetzes beteiligen, noch diesem seine Stimme geben. Erst recht kann er nicht bei dessen Anwendung mitwirken. Es ist zum Beispiel nicht gestattet, daß Ärzte oder Krankenschwestern verpflichtet werden, bei einem Schwangerschaftsabbruch unmittelbar mitzuhelfen, und daß sie zwischen dem christlichen Gesetz und ihrer beruflichen Situation wählen müssen.“
Kardinal Seper und die Glaubenskongregation, mit ausdrücklicher Billigung von Paul VI., werben dafür, dass Familien und alleinstehende Mütter unterstützt werden: „Es ist eine positive Politik zu betreiben, damit es zum Schwangerschaftsabbruch immer eine konkret mögliche und ehrenhafte Alternative gibt.“
Der Katholik müsse dem kirchlich gebildeten Gewissen folgen, „im Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes“. Mitnichten sei dies „ein leichter Weg“: „Es kann Opfer und Lasten auferlegen, deren Gewicht man nicht verkennen kann. Mitunter ist sogar Heroismus gefordert, um seinen Forderungen treu zu bleiben. Auch müssen wir gleichzeitig betonen, daß der Weg der wahren Entfaltung der menschlichen Person über diese beständige Treue zum Gewissen führt, das im Recht und in der Wahrheit verbleibt.“
Für alle Katholiken gilt zu allen Zeiten: „Man kann niemals den Schwangerschaftsabbruch gutheißen.“ Auftrag und Aufgabe der Kirche werden klar benannt: „Die Kirche hat die grundlegende Sorge, das Leben zu beschützen und zu fördern.“ Wer ist mit „die Kirche“ eigentlich gemeint? So können wir uns fragen. Die heilige Mutter Teresa würde darauf antworten: „Sie und ich!“ Auch wer heute, am 17. September 2022, persönlich nicht beim „Marsch für das Leben“ in Berlin mit dabei sein kann, ist dazu eingeladen, sich in Gedanken und im Gebet mit einzugliedern und im Alltag für den unbedingten Schutz des menschlichen Lebens im Sinne des Evangeliums und der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte einzustehen.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gastautoren wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.
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— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) August 25, 2022