19. Februar 2023
Lieber Schwester und Brüder,
heute ist Faschingssonntag – oder wie man im Norden sagt: Karnevalssonntag. An vielen Orten gibt es Karnevalsfeiern. Im Fernsehen kann man Faschingssitzungen sehen. Überall wird geschunkelt und gelacht. Viele sind bunt verkleidet. Lachsalven schallen durch die Säle.
Ich erlaube mit die Frage: Kann und darf man angesichts der Erdbebenopfer und angesichts des Ukrainekrieges Fasching oder Karneval feiern? Wie kann man das verantworten? Wie kann man das vor Gott verantworten? Darf ein Christ, der versucht, Jesus Christus ernst zu nehmen, dabei mitmachen? Es kommt dazu, dass gerade in katholischen Gegenden die Hochburgen des Karnevals sind. Ich erinnere an Köln, Mainz, Düsseldorf, Aachen, aber auch katholische Gegenden im Schwäbischen und Badischen. Die Evangelischen sind keine solchen Faschingsfans.
Aber über diese Faschingsfrage hinaus, können wir anlässlich des Elends unserer Tage an diesem Faschingssonntag fragen: Wie kann und darf der Christ angesichts des Hungers und Elends in der Welt schallend lachen, sich auf die Schenkel schlagen, schunkeln und über Witze lachen? Wie passt es zusammen, für das Reich Gottes zu kämpfen und zu leiden und nächtelang zu feiern? Es ist eine grundlegende Frage des Christen.
Ich wage mal die Antwort: Gerade weil wir an einen gütigen Gott und Vater glauben, können und dürfen wir trotz des unendlichen Leides auch feiern. Gerade weil wir auf den Mann am Kreuz schauen, dürfen wir auch lachen, singen, schunkeln und fröhlich sein.
Oder anders formuliert: Wenn wir nicht an den Vater und den gekreuzigten Herrn glauben könnten, müssten wir es uns verbieten, angesichts des Elends in der Welt einmal gut zu essen und zu trinken, zu feiern und zu tanzen. Gerade der Glaube an die Liebe Gottes macht es uns möglich, trotz des Elends in der Welt, Fasching oder Karneval zu feiern. Ich möchte versuchen, das zu erklären.
Unser Leben ist ein Drama. Es ist kein Spaziergang. Einerseits sagt Jesus den Seinen, sie würden verfolgt werden, andererseits fordert er sie auf, getrost und voller Hoffnung zu sein. Seid getrost, Eure Namen sind aufgezeichnet im Himmel. Wenn wir an Gott glauben und sicher sind, dass nichts auf der Erde geschieht ohne die Zulassung des Vaters, können wir vertrauen, dass er die Fäden in der Hand hält. Es bleibt die Frage, warum er Erdbeben und Krieg zulässt. Wir müssen leben mit den Fragen: Ist er nicht allmächtig, oder ist hat er die Erde vergessen? Es hilft uns nur der Blick auf das Kreuz. Es zeigt uns: Gott hat Menschenschicksal angenommen. Gott liegt auch unter den Trümmern der Erdbebengebiete. Schlimm ist es nur, wenn wir uns für die Menschen unter oder auf den Trümmern nicht interessieren und nicht das beitragen, was wir könnten, um ihr Leid zu verringern. Schlimm ist das Vergessen der Leidenden oder die Gleichgültigkeit ihnen gegenüber. Aber wir können und dürfen das Lachen auch nicht vergessen. Lachen ist ein Zeichen des Vertrauens auf Gott. Lachen und gute Scherze sind ein Zeichen unseres Glaubens an die Hand des Vaters, die über allem menschlichen Schicksal ausgestreckt ist. Lachen ist ein Zeichen des Vertrauens. Gott hat uns nicht vergessen, auch wenn wir das manchmal meinen. Lachen ist Ausdruck des Glaubens trotz allen Elends. Wer nicht an Gott glaubt, kann nur weinen und findet kein Ende des Weinens. Der Glaubende hofft auf das Ende des Weinens. Amen.
Pater Eberhard von Gemmingen SJ war von 1982 bis 2009 Redaktionsleiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.
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