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Liebe Schwestern und Brüder,

wir feiern heute die Auferstehung Jesu Christi vom Tod. Aber stellen wir uns ruhig die Frage: Was meinen wir eigentlich mit dem Wort Auferstehung? Und was hat die Auferstehung Christi für eine Bedeutung einerseits für die Welt und andererseits für uns selbst?

Was meinen wir mit Auferstehung?

Wir meinen nicht: Jesus ist in unsere normale Welt zurückgekehrt. Er hat keinen normalen menschlichen Leib angenommen. Wenn er das getan hätte, hätte er wieder sterben müssen. Er hat sich den Seinen mit einem geheimnisvollen Leib gezeigt. Es ist schon seltsam, was da die Evangelisten schreiben: Man konnte mit ihm sprechen, ihn anfassen, mit ihm essen. Die Jünger taten sich schwer, es anzunehmen, dass er es wirklich selbst ist. Eine der eindrucksvollsten Erscheinungen war die Jesu gegenüber Maria Magdalena. Sie hält einen Mann am Grab Jesu für den Gärtner und fragt ihn, wo er den Leib Jesu hingelegt habe. Der Gärtner spricht sie an mit ihrem Namen: Maria. Und da erkennt sie plötzlich: Es ist der Herr, es ist Jesus. Also: Der Auferstandene ist da, wirklich da, lebendig. Aber er entzieht sich auch gleich wieder. Man kann ihn nicht festhalten. Halte mich nicht fest, sagt Jesus zu den Seinen. Auferstehung heißt also nicht Rückkehr, sondern geheimnisvolle Gegenwart. Der Herr ist da. Aber er ist nur für die Menschen da, er zeigt sich nur den Menschen, die nach ihm fragen, nach ihm suchen. Er zeigt sich nicht der breiten Öffentlichkeit. Es gilt also wohl auch heute: Nur wer auch heute nach ihm fragt, dem kann er sich zeigen. Wem er gleichgültig ist, dem kann er sich nicht zeigen.

Aber was bedeutet das für die Welt? Hat die Auferstehung Jesu Christi für die Weltgeschichte eine Bedeutung und warum? Die Kirche, die Gemeinschaft der Glaubenden ist davon überzeugt. Ja – die Auferstehung Christi hat Bedeutung, weil sie zeigt: Man wollte den Menschen verschwinden lassen, der die Welt in eine neue Ordnung bringen wollte. Man wollte den Menschen verschwinden lassen, der die geltenden Regeln des Zusammenlebens umkehrte. Man wollte den verschwinden lassen, der von sich sagte: „Wer mich sieht, sieht den Vater“. Und er hatte gesagt: „Ich und der Vater sind eins“. Man wollte die Welt nach den eigenen Regeln weiterregieren. Die Mächtigen wollten Jesus und seinen Anspruch ausradieren. Jesus hatte gestört, war aus dem üblichen religiösen Leben herausgetreten, hatte Normen vertreten, die unangenehm waren: Große seien klein. Kleine seien groß. Ohnmächtige seien mächtig, Mächtige seien nichts. Man wollte den Störenden beseitigen. Die Mächtigen wollten den Umstürzler eliminieren. Doch der Umstürzler ließ sich nicht eliminieren. Der Umstürzler lebt. Er sagt den Seinen: Ich bin noch und weiterhin da, bin bei Euch. Ich bin bei Euch bis ans Ende der Welt. Und er ist bei uns allem Schein zum Trotz. Er ist mitten in der Weltgeschichte da allem Schein zum Trotz. Seht – ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt. Und ich bin bei Euch nicht nur solange die Weltgeschichte weitergeht. Ich bin immer in alle Ewigkeit.

Und was bedeutet also Auferstehung für uns selbst? Für jeden einzelnen persönlich? So lange es uns gut geht, solange wir gesund sind und genug zu essen und zu trinken haben, solange wir versorgt sind, mögen wir Jesus Christus vergessen. Aber wir als Menschen leben ja nicht nur von Arbeit, Essen, Trinken, Freizeit, Gesundheit. Auch unsere Seele braucht Nahrung. Und Jesus sagt uns durch seine Auferstehung: Glaube mir: Ich lebe und bin bei Dir. Ich bin bei Euch in eurer schwierigen Welt-Situation. Denn ihr merkt ja selbst: Die Welt ist nicht im Lot. Leid gibt es vielleicht mehr in der Welt als Freude. Daher bin ich an Deiner Seite. Ich bin nicht nur an Deiner Seite. Ich lebe verborgen in Deinem Herzen. Aber Du musst in die Tiefe Deines Herzens hinuntersteigen, dort findest Du mich. Ich scheine nur tot. Man hat mich aufgehängt am Kreuz. Aber ich lebe. Ich lebe nicht nur im Gang der Weltgeschichte, auch wenn sie düster ist. Ich lebe auch in der Tiefe jedes Menschenherzens. Aber wenn ihr immer nur an der Oberfläche lebt, vergesst ihr mich. Wenn ihr nicht zu mir in die Tiefe eures Herzens hinuntersteigt, mich nicht sucht, dann ist die Welt nur Elend.

Ein Letztes ist vielleicht noch zu bedenken: Jesus zeigt sich den Seinen als Auferstandener am See Genezareth. Johannes erkennt ihn als erster und sagt: Es ist der Herr. Petrus springt ins Wasser, schwimmt auf Jesus zu. Und dann nimmt ihn Jesus ins Verhör. Dreimal fragt er ihn: Petrus, liebst du mich. Dreimal hatte Petrus ihn verraten. Dreimal fragt ihn Jesus nach seiner Liebe. Jesus geht nicht ins Gericht mit dem Sünder. Er fragt nach der Liebe, er sehnt sich wohl nach der Liebe. Beim dritten mal sagt Petrus: Herr du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich liebe. Jesus spricht nicht von der Sünde Petri, er spricht auch nicht von unserer Sünde. Er hat nur Sehnsucht nach der Liebe Petri und nach unserer Liebe. Amen.

Pater Eberhard von Gemmingen SJ war von 1982 bis 2009 Redaktionsleiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

 

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