29. März 2018
Die meisten Menschen Mitteleuropas werden wohl schon einmal ein Bild vom Isenheimer Altar gesehen haben, oder wenigstens ein Foto, das einen Ausschnitt aus dem wohl bekanntesten Gemälde des Künstlers Matthias Grünewald zeigt.
Das Altarbild wurde geschaffen für den Hauptaltar der Kirche des Antoniterklosters in Isenheim. Hunderttausende Menschen kommen aus der ganzen Welt in das längst zu einem Museum gewordenen ehemalige Kloster in die kleine Elsässische Gemeinde unweit von Colmar. Sie kommen um einen Altar zu bewundern, der geschaffen wurde zur größeren Ehre Gottes, auf dem tagtäglich das Opfer Christi dargebracht werden sollte. Heute beeindruckt der Altar die Menschen alleine wegen seiner künstlerischen Größe und Kraft.
Der Isenheimer-Altar mit vier drehbaren Altar-Flügeln wurde in den Jahren 1512 bis 1516 geschaffen. Seine Altarbilder sind das wichtigste und bekannteste Werk des Malers Mathis Gothart Nithart, der als Matthias Grünewald in die Geschichte eingegangen ist. Dabei ist das bestimmende und gleichzeitig zentrale Bild die Darstellung der Kreuzigung Jesu-Christi. Sie erscheint dem Betrachter sehr eindringlich und ist sicher eine brutale und Schauer einflößende Darstellung der Kreuzigung.
Da hängt der von Wunden und Widerhaken übersäte, ausgemergelte, geschundene, gekrümmte Jesus in pechschwarzer Nacht, die Hände mehr spastisch als flehend gegen den Himmel gereckt. Ein dunkler, schwarzer Hintergrund hält die Finsternis des biblischen Augenblicks fest. In grellen Tönen flammen nur wenige überschlanke Personen unsymmetrisch auf. Nur der Gekreuzigte Christus scheint vor einem bräunlichen fast grünlichen Schimmern auf, was den Eindruck des Düsteren und Unheimlichen noch verstärkt. Man sieht die Verrenkung der Füße, das Dornengekrönte Haupt, dazwischen den geschundenen Leib Jesu. Alles wirkt echt, geradezu lebendig, als sei man mitten im Geschehen auf der Schädelstätte angekommen.
Unter Angst und Schweiß hat Matthias Grünewald die Kreuzigung gemalt, ebenso schaute sie die heilige Birgitta von Schweden in ihren Visionen (4. Buch, Kap. 70). In der Zusammenschau von Text und Bild mögen sich die Frommen ergreifen lassen.
"Man drückte die Dornenkrone fest auf sein Haupt, so dass sie bis mitten über die Stirn ging, viele Blutströme flossen von den Dornenstichen nieder auf sein Angesicht und füllten die Haare, die Augen und den Bart, so dass man fast nichts anderes sah, als Blut in seinem Antlitz, und er konnte mich, die neben dem Kreuz stand, auch nicht sehen, wenn er nicht das Blut dadurch entfernte, dass er die Augenlider zusammendrückte."
"Das Kreuz und sein Querbalken waren aufgerichtet, so dass der Schnittpunkt des Kreuzes unter seinen Achseln war. […] Auf Befehl legte er sich mit dem Rücken auf das Kreuz, und darum gebeten, streckte er erst die rechte Hand aus und danach die andere, die nicht bis zum anderen Ende des Querbalkens reichte, sondern grausam ausgedehnt werden musste. Und die Füße wurden ebenso bis zu den Bohrlöchern ausgespannt, übereinandergelegt und da, wo die Knochen am härtesten waren, mit zwei Nägeln am Stamm des Kreuzes befestigt, wie man es auch mit den Händen gemacht hatte."
"Er hob das Haupt, wandte die weinenden Augen zum Himmel und rief: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ […] Nun kam die Leichenblässe in die Glieder, die man am Blut erkennen konnte; die Wangen sanken ein bis zu den Zähnen, die Rippen wurden beinah bloß, und man konnte sie zählen, die Brust sank zum Rücken hin ein, nachdem alle Flüssigkeit ausgeflossen war, die Nase wurde dünner und das Herz brach, wobei sein ganzer Körper bebte und sein Kinn auf die Brust fiel."
"Der Mund öffnete sich bei ihm, als er starb, so dass man die Zunge, die Zähne und das Blut darin sehen konnte. Die Augen waren halb offen und nach unten gerichtet, und der tote Körper hing schlaff und lose da. Die Knie bogen sich nach einer Richtung, und die Füße bogen sich über den Nägeln wie Türhaken in eine andere Richtung."
"Eine kurze Zeit später öffnete man seine Seite, und als die Lanze herausgezogen wurde, zeigte sich an der Spitze dunkles Blut, so dass man daran erkennen konnte, dass das Herz durchstochen war."
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