17. Dezember 2023
Das einzige, was helfen würde, damit die traditionelle lateinische Liturgie bestehen kann, seien mutige Priester: „Was wir vor allem brauchen, ist ein Priester, noch ein Priester, und noch ein Priester, viele Priester, immer mehr Priester, die sich unter allen Umständen weigern, die lateinische Messe, das Rituale, das Brevier und so weiter aufzugeben – auch unter Drohungen, Verweisen oder Strafen.“ Solche Priester seien Helden, „welche die Laien brauchen und die unser Herr verdient und belohnt“, schreibt der Theologe Peter Kwasniewski in seinem Buch mit dem provokanten Titel „Der alte und künftige Römische Ritus“.
Der Autor bezeichnet die Bemühungen von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007, den Novus Ordo und die traditionelle lateinische Messe sich gegenseitig befruchten zu lassen, indem er sie „zwei Formen“ des Römischen Ritus nannte, als aufrichtig. Doch spätestens seit Papst Franziskus sei daraus ein wirkungsloses Mittel zur Quadratur des Kreises gemacht worden.
In seinem Vorwort nennt Kwasniewski das entscheidende Kriterium, wie in diesen Zeiten die überlieferte Messe gerettet werden, überleben und existieren kann. Denn entgegen der Meinung so Vieler, mit Eingaben, Bittschreiben und Petitionen Erfolg haben zu können, damit ein Priester in einer Kirche auch nur eine einzige traditionelle Lateinischen Messe zelebrieren dürfe, meint der Autor: „Vergessen Sie Petitionen.“
Priester müssten verstehen, dass man es mit einer Krisenzeit zu tun habe. Man müsse jetzt das tun, was man tun könne – und alles Übrige Gott überlassen. Priester müssen „den Reichtum der göttlichen Vorsehung von den Laien her erfahren“, „die ihnen zu Hilfe eilen, so dass die Glieder, indem sie natürliche und übernatürliche Güter geben und empfangen, sich gegenseitig unterstützen“. Es geht um die „Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe nach 70 Jahren aus dem Exil“.
Kwasniewski ist mit seinen Fragen und Antworten nicht zimperlich: „Wird es chaotisch und hässlich werden? Ganz sicher wird es das. Aber es ist eine große Ehre, das, was wahr, richtig und heilig ist, gegen seine perversen, kleinkarierten Verfolger zu verteidigen.“ Nur das ermögliche die Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe, genauso wie die Tradition in den 70er Jahren gerettet wurde.
Martin Mosebach, der das Vorwort zum Buch beigesteuert hat, betont ausdrücklich, dass „die liturgische Katastrophe“ „nicht einfach nur das Werk anmaßender Prälaten“ war, die „am Schreibtisch einen protestantisierenden Gottesdienst zusammengeschrieben“ hätten. Vielmehr sei der Liturgiereform unter Papst Paul VI. „ein in vielen Jahrzehnten gewachsenes Unverständnis der Liturgie vorausgegangen“, und er meint damit, dass dies auch „bei frommen Priestern“ so gewesen sei.
Kwasniewski belegt – und damit gesellt er sich zu den zahlreichen Verteidigern der alten liturgischen Riten –, dass es sich bei den vielfachen und gravierenden Eingriffe in die Liturgie, die seit über 70 Jahren vorgenommen wurden, offensichtlich nicht um sorgfältige, umsichtige Anpassungen oder ein legitimes Wachstum fördernde Verbesserungen handelte, sondern um einen Prozess der radikalen Neufassung der liturgischen Bücher samt Theologie-Verständnis. Die heute sichtbaren theologischen Konsequenzen für den Ausdruck des Glaubens sind erschütternd.
Dieses Buch sollte dazu anregen, noch einmal über die Liturgie nachzudenken, über ihre Bedeutung, ihren Sinn. Kwasniewski wirft wichtige Fragen auf – auch jene, ob Papst Franziskus der Hüter und Meister der Liturgie und der heiligen Tradition ist. In dem Buch geht es nicht darum, zu zeigen, wie schlecht der Novus Ordo sei; vielmehr präsentiert das Werk ein starkes, überzeugendes Argument für die traditionelle lateinische Messe.
Ohne zu verleugnen, was die Anhänger der lateinischen Messe Papst Benedikt zu verdanken haben, hält der Autor fest: „Historisch und theologisch gesehen ist das, was Benedikt XVI. die ‚Ordentliche Form der Messe‘ nannte, das Indult, die Ausnahme, der es erlaubt wurde, das Gebiet zu besetzen, das rechtmäßig einem anderen gehört; während das, was er als ‚Außerordentliche Form‘ bezeichnete, in Wirklichkeit der ungebrochene Brauch ist, der nie aufgehoben wurde und nie aufgehoben werden konnte.“
Man könne demnach den Novus Ordo immer und immer wieder den römischen Ritus nennen, dies sogar per erlassener Gesetzgebung behaupten, aber die wesentlichen Bedingungen eines liturgischen Ritus beugen sich nicht den Launen des Rechtspositivismus. Man könne den Novus Ordo als römischen Ritus bezeichnen, aber Erklärungen dafür seien inhaltslos.
Peter Kwasniewskis Buch „Der alte und künftige Römische Ritus“ deckt viele Bereiche zum liturgischen Verständnis ab. Insbesondere die Frage: „Was macht den historischen Römischen Ritus aus?“ Weitere Fragen, die behandelt werden: Was ist ein Ritus? Wie entstehen Rituale? Was haben alle Riten gemeinsam? Was unterscheidet einen Ritus von einem anderen? Was sind die charakteristischen Merkmale des Römischen Ritus? Warum bewahrt der Novus Ordo den historischen Römischen Ritus nicht?
Damit füllt das Buch Lücken, die weithin im traditionell-katholischen Denken bestehen. Obwohl viele „erkennen“ oder „fühlen“, dass die traditionelle lateinische Messe dem Novus Ordo überlegen ist, bleiben sie einfach stumm, ohne Wissen und ohne vernünftige Argumente.
Kwasniewski entlarvt die eigenen Anhänger, die Traditionalisten, die bisher immer der Überlegung nachgingen, ob der Novus Ordo gültig sei, ob er möglicherweise schädlich für die Kirche sei, etc. Der Kern der Sache bestehe darin, was das richtige Verständnis der Natur des historischen Römischen Ritus sei.
Gegen Ende des Buches schreibt Kwasniewski: „Ich habe die Meinung gehört, und ich bin geneigt, ihr zuzustimmen, dass es einer besonderen Gnade der Vorsehung zu verdanken ist, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die nachkonziliaren Liturgiereformer in ihrem überzogenen Stolz die alte liturgische Tradition einfach weglegten, wie in ein Grab oder eine Tiefkühltruhe, oder sie wie einen unliebsamen Heiligen in eine entfernte Provinz verbannten, und dann mit leeren Notizblöcken praktisch von vorne anfingen. Hätten sie weiter mit endlosen Updates und Überarbeitungen an den tridentinischen liturgischen Riten herumgebastelt, dann hätten wir heute einen chaotischen Mischling aus Alt und Neu – etwas, das weitaus inkohärenter und schizophrener wäre als die in sich recht stimmige Bauhaus-Ästhetik der paulinischen liturgischen Bücher, die wir heute haben. Die Reformer wählten einen gewagteren Weg, einen Weg, der für einen gläubigen Katholiken unvorstellbar wäre, und steuerten damit auf ein komplettes Scheitern zu; gleichzeitig blieb die traditionelle Liturgie mehr oder weniger intakt und konnte neu entdeckt werden. ‚O glückliche Schuld, durch die uns eine so herrliche Liturgie aufbewahrt blieb!‘“
Schlussendlich drückt der Autor seine Hoffnung aus, künftig beobachten zu können, „wie die Liturgiereform entweder in sich selbst implodiert oder langsam von einer immer stärker werdenden, an der Tradition orientierten Bewegung überholt wird. Wir genießen den hart erkämpften Vorteil, zu wissen, was man seinem kostbaren Erbe niemals antun darf, begleitet von einer unerschütterlichen Entschlossenheit, dieses Erbe zum Heil der Seelen immer wieder neu zu entdecken und zu fördern.“
Nach dem ebenfalls im St. Stephani Verlag erschienen Buch „Wahrer Gehorsam in der Kirche. Ein Leitfaden in schwerer Zeit“ ist „Der alte und künftige Römische Ritus“ bereits das zweite Buch von Kwasniewski, das dort in deutscher Sprache verlegt wurde.
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Peter Kwasniewski: Der alte und künftige Römische Ritus. Die Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe nach 70 Jahren aus dem Exil; St. Stephani Verlag 2023; 396 Seiten; 29,99 Euro; ISBN 978-3981932676
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