11. Januar 2024
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden Zweiten Sonntag im Jahreskreis.
An diesem zweiten Sonntag im Jahreskreis geht es um das Thema der Berufung. Berufung bedeutet „Ruf Gottes“. Wenn wir existieren, dann deshalb, weil Gott uns zum Leben gerufen hat. Wenn wir an Christus glauben, dann deshalb, weil Gott uns zum Heil berufen hat. Wir sind gerufen, Christus nachzufolgen. Wir alle.
Wir hören heute zwei Geschichten: die des jungen Samuel und die der ersten Jünger Jesu.
In Berufungsgeschichten kann man sich mit der Person identifizieren, die berufen wird, oder mit der Person, deren Aufgabe es ist, mitzuhelfen, die Berufung zu verstehen.
In diesem Moment ist meine Aufgabe als Priester die zweite: Ich sollte die Rolle von Eli oder Johannes dem Täufer spielen. Aber das ist nicht nur die Aufgabe des Priesters. Auch Eltern, Katechisten, Erzieher und Freunde üben diese Rolle auf unterschiedliche Weise aus.
Eli ist derjenige, der sagt: Nicht ich rufe dich, nicht mir musst du antworten, sondern dem Herr.
Johannes sagt: Ich bin nicht der Messias. Er sagt es zu den Jüngern – und es ist hart! Denk mal darüber nach: Du hast Jünger, die an dich glauben. Zu ihnen musst du sagen: Ihr glaubt an mich, meine Lieben. Aber nicht ich bin es, an den ihr glauben müsst! Johannes will nicht für sich selbst Aufmerksamkeit, sondern für Christus.
Und sehen wir, wie die Jünger Johannes des Täufers reagieren. Es ist keine ausdrückliche Aufforderung, die sie dazu bringt, sich zu bewegen. Von Seiten ihres Meisters gibt es keine Insistenz, keine Aufdringlichkeit, keinen Druck, keinen übertriebenen Eifer. Das Zeugnis des Täufers bewegt sie in Freiheit und durch das Bedürfnis des Herzens.
Johannes ist ein freier Mann, der seine Jünger die Freiheit lehrt. Deshalb kommen sie in direkten Kontakt mit der Freiheit Christi. Von Seiten Jesu – der sieht, dass ihm die zwei jungen Männer folgen – gibt es keinen Proselytismus. Er stellt sie vor sich hin und fragt: „Was sucht ihr?“ Und wir, was suchen wir? „Rabbi, wo wohnst du?“ Wir suchen keine Dinge: wir suchen dich, deine Freundschaft, dein Wort, dein Haus …
Und wieder befinden wir uns vor der Freiheit Christi: keine Reklame, keine unnützen Informationen, keine Beeinflussung. „Kommt und seht.“ Die Wahrheit behauptet sich von alleine, wenn sie kohärent bezeugt wird. Überzogener Eifer und Aufdringlichkeit können ein Zeichen von mangelndem Vertrauen in den Herrn sein.
„Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben.“ In ihrer Freiheit angesprochen, dazu erzogen, zuerst zu erkennen und dann besonnen zu wählen, machen die Jünger eine Erfahrung und beschließen dann, sie fortzuführen. Gegen die Oberflächlichkeit, die Episodenhaftigkeit, die Eile … „Es bekehrt sich nicht wirklich, wer nicht bleibt.“ Sogar die Stunde des Beginns des neuen Lebens ist im Gedächtnis des Jüngers unauslöschlich: „Es war um die zehnte Stunde.“
So wird die aus dem Zeugnis geborene Erfahrung zu einem Zeugnis, das andere Erfahrungen hervorbringt: Andreas hat den Messias gefunden und führt seinen Bruder Simon zum Schatz, den er entdeckt hat. Auch hier ohne Geschwätz und ohne Druck. Wenn jeder von uns auf diese Weise einen anderen zu Christus bringen würde, wäre in kurzer Zeit die ganze Stadt christlich!
Jesus richtet seinen Blick auf Simon und ändert seinen Namen, das heißt seine innerste Identität: Er wird seinen Namen von Christus bekommen, der der Fels ist. Ja, denn die volle Freiheit, zu der der Herr uns auffordert und in die er uns versetzt, erfordert die freie Hingabe unseres gesamten Lebens an den Meister. Du kannst das ablehnen, wenn Du nicht überzeugt bist. Du kannst gehen, wie und wann Du willst. Aber Du kannst nicht halb im Dienst stehen, denn niemand kann zwei Herren dienen. Wenn du dich entscheidest, bei Christus zu bleiben, dann musst Du ganz bleiben, radikal bleiben.
Diese enge Beziehung der Jünger mit dem Meister bringt der heilige Paulus mit äußerster Wirksamkeit zum Ausdruck: Von Christus zu einem teuren Preis erkauft, sind wir zu seinen Gliedern geworden. In Christus zu sein, betrifft den ganzen Menschen, nicht nur die Seele: „Der Leib ist … für den Herrn und der Herr für den Leib.“
Die Keuschheit, das Meiden der Unzucht und der Unreinheit sind das erste Zeichen dieser Zugehörigkeit: Unser Leib ist Leib Christi, er ist Tempel des Heiligen Geistes. Wir können ihn nicht durch unreines Verhalten entweihen.
Sicherlich ist dies eine Botschaft gegen den Strom, sie steht im Widerspruch zur Mentalität der Welt. Aber es ist die Wahrheit Christi, die die Regel unseres Verhaltens begründet. Und das genügt uns.
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Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.