18. Februar 2024
Im Evangelium haben wir gehört, dass Jesus vom Satan in Versuchung geführt. Wenn wir das Wort Versuchung ernst nehmen, stellt sich sofort die Frage: Konnte Jesus eigentlich sündigen? Wenn wir das Wort Versuchung ernst nehmen, muss er doch die Möglichkeit gehabt haben, sich auf die Vorschläge des Teufels einzulassen und sich damit von Willen des Vaters abzuwenden. Etwas brutal ausgedrückt: Konnte Jesus eigentlich sündigen? Der Glaube sagt uns doch, dass er der Sohn Gottes ist. Kann er da überhaupt sündigen, also etwas tun, was dem Willen des Vaters widerspricht? Hätte Jesus morden, stehlen, lügen können? Der Gedanke stößt uns ab. Ich will mich auch nicht auf ihn einlassen. Aber sichtlich hat er mit Gedanken gerungen, wie er das Reich Gottes verkündigen sollte. Und sichtlich kamen ihm teuflische Ideen, mit welchen Tricks er sein Volk gewinnen könnte.
Ich glaube ja – er hätte auf Wege kommen können, die nicht die Wege des Vaters im Himmel waren. Wenn wir das nicht annehmen, dann hat das Wort Versuchung keinen Sinn. Er musste also darum ringen, den Willen Gottes, des Vaters zu erfüllen.
Das entspricht auch der Aussage des Paulus, dass Jesus uns in allem gleich geworden ist außer der Sünde. Paulus sagt: Jesus hat nicht gesündigt. Aber wenn das nicht freiwillig geschieht, also aus freiem Entschluss, dann ist es kein menschlicher Akt. Dazu kommt, dass er am Ölberg mit dem Willen des Vaters gerungen hat. Schließlich ringt er sich durch zu den Worten: Nicht mein Wille geschehe, sondern der deine. Auch seine Göttlichkeit schloss nicht aus, dass er sich mit dem Willen des Vaters schwertat. Er hätte auch abweichen können vom Willen des Vaters.
In dem heutigen Evangelium nach Markus haben wir nur mit dem kurzen Satz von den Versuchungen gehört. Bei Matthäus und Lukas wird ausführlich berichtet, dass Jesus vom Satan versucht wurde, aus Steinen Brot zu machen, um so sein Volk zu überzeugen, dass er der Messias sei. Und Jesus verweigert. Er wird versucht, von der Zinne des Tempels zu springen, um vor den Menschen eine Show abzuziehen und sie so zum Glauben an ihn zu bringen. Schließlich wird er versucht, den Teufel anzubeten, um so die Macht über die ganze Welt zu gewinnen. Es mögen Gedanken Jesu gewesen sein, die ihn in der Wüste umtrieben, als er sich bewusst geworden war, dass er jetzt das Reich Gottes verkünden sollte.
Die Versuchungen waren Tricks des Teufels, die Menschen zu überzeugen: Erstens durch Massenspeisung ohne zu arbeiten, zweitens durch die Show, drittens durch Macht. Jesus erkannte die teuflische Bosheit und wies die Gedanken zurück. Er entschied sich für den mühsamen Weg, die Menschen durch Worte und Taten zu gewinnen. Reich Gottes wächst nicht durch Reklame, durch Zirkusschau, durch Machtgebaren.
Leider hat die Kirche auch immer wieder den Fehler begangen, rein menschliche Methoden anzuwenden, um das Reich Gottes zu verbreiten. Aber das Reich Gottes ist dort gewachsen, wo Menschen ihr ganzes Leben eingesetzt haben. Und das geschah meist ganz im Stillen, oft durch Frauen, durch Mütter, durch Krankenschwestern, durch Sozialarbeiterinnen. Amtsträger sind eigentlich nur Administratoren. Sie sind beauftragt, dass das Zusammenleben stimmt, dass die Zuständigkeiten stimmen. Gewachsen ist das Reich Gottes auch durch Menschen, die sich in die Wüste zurückzogen, um nur Gott zu suchen. Sie folgen Jesus in die Wüste. Und ich habe das erstaunliche Phänomen entdeckt, dass Christen, die die Einsamkeit suchten und mit Gott allein sein wollten, Anziehungskraft hatten, andere anzogen. Es kamen andere zu ihnen.
Musterbeispiel ist der heilige Benedikt. Er wollte in der Einsamkeit von Subiaco allein sein, aber andere baten darum, mit ihm auch in der Einsamkeit zu sein. Es entstanden Klöster. Klöster und Ordensleute schufen aus dem Gebet heraus Kultur. Aber in der Einsamkeit kann auch die Versuchung groß werden. Auch Einsamkeit in der Wüste ist keine Wellnessveranstaltung. Dort ist auch der Ort des Teufels.
Also: Jesus konnte sündigen. Er hat aber der Sünde widerstanden. Er ist am Ölberg nicht davongelaufen. Für andere hatte er göttliche Kraft sie zu heilen. Für sich selbst musste er ringen und kämpfen. Er musste selbst denken und sich fragen, was der Wille Gottes ist. Er musste die Tricks des Satans erkennen und durfte ihm nicht auf den Leim gehen.
Und weil Jesus selbst die Erfahrung der Versuchung gemacht hat, versteht er auch uns, die unter Versuchungen leiden. Ja, Jesus liebt besonders die Menschen, die mit Versuchungen kämpfen müssen und kämpfen. Er möchte gerade sie in seine Arme schließen.
Bitten wir Gott darum, dass die Kirche auch heute ihn in der Wüste sucht und dabei nicht auf die Tricks des Satans hereinfällt. Diese Tricks stehen manchmal auch in schlauen Büchern, in hochkarätigen Zeitschriften und kommen durch die Smartphones. Gottes Stimme hört man am besten dort, wo es still ist, und im Schweigen.
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