4. Mai 2024
In dieser Reihe über die US-amerikanischen Trappistenklöster, deren Geschichte noch so jung ist, muss von einer zweiten Klosterschließung berichtet werden. Das Dreifaltigkeitskloster der Trappisten in Huntsville (Utah) war die erste Trappistenabtei in den USA, die geschlossen wurde. Dieses Kloster wurde 1947 als Tochterhaus der Abtei Unserer Lieben Frau von Gethsemani (Kentucky) gegründet und am 27. August 2017 nach der letzten Heiligen Messe aufgehoben. Die letzten noch lebenden Mönche kamen in andere Häuser des Ordens. Ein ähnliches Schicksal steht nun den Trappisten der Sankt-Benedikts-Abtei in Colorado bevor.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in den USA eine stark wachsende Zahl von Berufungen. Auch die junge Sankt-Josephs-Abtei in Spencer (Massachussetts) wuchs und bald war kein Platz mehr für Neuankömmlinge. Es begann die Suche nach einem geeigneten Ort für den Aufbau eines neuen Klosters im Westen der USA. Benötigt wurde ein großes Stück Land, auf dem einige Gebäude standen, sowie ein paar hundert Stück Vieh, um so weit wie möglich eigenständig leben zu können.
Im März 1954 und im Oktober 1955 schickte Abt Edmund Futterer einige seiner Mönche in die Gegend von Snowmass nach Colorado. Als sie fündig wurden, kaufte die Mutterabtei St. Joseph im Februar 1956 eine Ranch mit 343 Rindern und dem dazugehörigen Stück Land von rund 1500 Hektar.
Das auf einer Hochebene von 2500 Metern am Fuße des Mount Sopris (3952 Meter) gelegene Klosterareal ist Teil der nordwestlichen Elk-Mountains in den Rocky Mountains. Heute zählen Snowmass und das nahegelegene Aspen zu den bekanntesten Wintersportorten im US-Bundesstaat Colorado.
Die neuen Besitzer der Ranch mussten zuerst einmal bei den Vorbesitzern in die Lehre gehen. So notwendig dies war, so waren sie doch zuerst ihrer eigentlichen Berufung als Trappistenmönche verpflichtet. Sie hatten einen strengen Alltag zu bewältigen, der sie siebenmal am Tag und einmal in der Nacht zum Chorgebet zusammenrief. Heute kann man sich kaum noch vorstellen, mit welchem Aufwand und unter welchen Entbehrungen das Leben der Trappisten vor gerade einmal siebzig Jahren zu bewerkstelligen war. Das ganze Alltagsleben wurde zudem in strengem Stillschweigen durchgeführt, bei dem sich die Mönche gewöhnlich lediglich in ihrer ordenseigenen Zeichensprache verständigten. Doch trotz aller Härten kamen junge Männer hierher, um Trappisten zu werden. Schnell stieg ihre Zahl auf 24. Ihr Schlafsaal war das Obergeschoss der Scheune, unter ihnen befand sich die Kapelle.
In den folgenden zwei Jahren wurde ein Kloster gebaut, das im November 1958 dem Mönchsvater des Westens, dem heiligen Benedikt, geweiht wurde. Von nun an gab es geeignete reguläre Räume: Kirche, Skriptorium, Refektorium und Dormitorium. 1969 wurde das Kloster zur Abtei erhoben.
Die Rinderhaltung war für die Mönche aufwändig und reichte zum Lebensunterhalt nicht aus. Um das Einkommen der Klostergemeinschaft zu verbessern, wurde zusätzlich ein Süßwarengeschäft betrieben, das jedoch nicht den erhofften Erfolg brachte. Mitte der 1960er Jahre verkauften die Mönche das Vieh und errichteten zwei Ställe für 10.000 Legehennen. Für die kommenden 18 Jahre war die Hühnerfarm die wichtigste Erwerbsquelle für die Trappisten von Snowmass.
Die zweite Hälfte der 1960er und die 1970er Jahre war allgemein für die Orden und Klöster eine herausfordernde und schwierige Zeit. Eine um sich greifende große Verunsicherung war überall festzustellen, die die bisherige Begeisterung für das mönchische Leben ablöste. In der Folge war eine starke Abwanderung von Ordensmitgliedern zu verzeichnen.
Dieser Verlust der Identität kann auch mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in Verbindung gebracht werden. Die Konzilsväter berieten über die Orden und die ordensähnlichen Kongregationen. Papst Paul VI. präsentierte am 28. Oktober 1965 das Abschlussdokument, mit dem eine „zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens“ angemahnt wurde. Das Dekret Perfectae caritatis forderte eine „Rückkehr zu den Quellen“ und die „Anpassung an die verändernden Bedingungen der modernen Zeit“.
Aus heutiger Sicher muss man die Frage stellen, ob diese Ziele erreicht wurden – und sogar, ob die Forderungen überhaupt gerechtfertigt waren.
Jedenfalls wurde ein Schwerpunkt des monastischen, klösterlichen Lebens fortan nicht nur vernachlässigt, sondern verdrängt, nämlich die Askese zugunsten einer neu zu definierenden „kontemplativeren“ Lebensweise.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Auswirkungen der Liturgiereform. In einem Orden wie dem der Trappisten, bei dem Mönche und Nonnen bis zu acht Stunden am Tag mit liturgischem Gebet und Gesang in der Kirche beschäftigt waren, musste die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium einen starken Eindruck hinterlassen. Mit ihr wurde am 4. Dezember 1963 von Papst Paul VI. eine Liturgiereform in Gang gesetzt, die am Ende nicht nur das Leben der Pfarreien, sondern auch das Leben der Klöster verändern sollte. Im Trappistenorden gab es in vielen Klöstern reformfreudige Mönche, die selbst eigene Ideen hatten und sehr empfänglich waren für eine zu erneuernde Liturgie. Sehr schnell begannen in diesem Orden liturgische Experimente.
Der „Orden der Zisterzienser von der strengeren Observanz“, wie der Orden der Trappisten offiziell bezeichnet wird, war lange von einer großen Uniformität geprägt. Gegen Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden die Ordensgebräuche quasi aufgegeben. Jede einzelne Gemeinschaft im Orden, ob Mönche oder Nonnen, bestimmte nun selbst über ihren Alltag, ihre Disziplin und weitgehend über die Liturgie.
Das Generalkapitel kam 1969 mit der „Erklärung über das Zisterzienserleben“ und dem „Statut für Einheit und Pluralismus“ den bereits begonnenen Umwälzungen in den meisten Klöstern entgegen, indem es zwar noch einmal ein Bekenntnis zur Ordenstradition ablegte, aber gleichzeitig die Tore weit öffnete für Experimente jeglicher Art. An neuen Konstitutionen und Statuten wurde jahrzehntelang gearbeitet. Sie wurden erst im Jahr 1990 vom Heiligen Stuhl approbiert.
Die Krise des Ordens und seine Neuausrichtung dauerten 25 bis 30 Jahre. Viele Klöster, insbesondere aber viele Mönche und Nonnen, blieben auf der Strecke. Innerhalb der ersten zehn Jahren seit dem Konzil sank die Anzahl der Mönche um fast ein Viertel: von 4400 auf 3400. Die einen gingen, weil ihnen der Fortschritt nicht schnell und radikal genug war, andere, weil sie jenes Mönchsleben verloren hatten, das sie einst suchten und wofür sie ins Kloster gegangen waren.
Im Jahre 1978 gab es in Snowmass so nur noch sieben Mönche. Die Mönche entschieden sich Mitte der 1980er Jahre dazu, „ökumenische Dialoge im Kloster“ zu veranstalten. Zu den sogenannten Snowmass-Konferenzen kamen Vertreter der wichtigsten religiösen Traditionen weltweit, die sich hier austauschten. Die Snowmass-Mönche erkannten darin eine große Chance und errichteten ein „Exerzitienzentrum“ und Einsiedeleien. Internationale Gäste sollten hier in Einsamkeit und Stille das kontemplative Gebet kennenlernen. Das letzte große Projekt wurde der „Snowmass Bookstore“, ein inzwischen geschlossener Buchladen für spirituelle Bücher vieler Traditionen und Glaubensrichtungen.
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Im Jahr 2000 bauten die Trappisten von Snowmass einen neuen Krankenflügel für die alten und gebrechlichen Mönche, die hier versorgt werden sollten. Beim 60-jährigen Jubiläum im Jahr 2016 wurde von den Mönchen noch einmal die Zisterziensertradition beschworen, die man hier in zeitgemäßer Weise verkörpern wollte, indem man „spirituelle Traditionen mit den Zeichen der Zeit in Einklang“ zu bringen dachte.
Heute steht die trappistische Niederlassung von Snowmass mit seinem 1500 Hektar großen Anwesen für 150 Millionen Dollar zum Verkauf.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.